Nebel hängt zwischen den Hügeln, der Tau glitzert im Licht der Morgensonne auf den Palmblättern. So früh wirkt die Gegend hoch oben in den Bergen von Masisi im Ostkongo, fast friedlich. Wären da nicht Abertausende Flüchtlingszelte, auf dem Rücken der Hügel. Sie zeugen davon, dass hier der Schrecken regiert.
Nur wenige Kilometer weiter nördlich beginnt das Territorium der ruandischen Hutu-Rebellen FDLR und sie sind zum Gespräch bereit: "Ihr könnt jetzt kommen, unsere Soldaten wissen Bescheid", schreibt ihr "Informationsminister" Laforge Fils Bazeye in einer Textnachricht - Eine Einladung zum Interview.
Langsam holpert der Geländewagen die Straße entlang ins Rebellengebiet. Am Rande der Dschungelpiste tauchen FDLR-Kämpfer auf. Die ruandische Hutu-Miliz formierte sich in Flüchtlingslagern im Osten des Kongo. Nach dem Völkermord 1994 in Ruanda waren die Täter dorthin geflohen. Auch in der FDLR-Führungsriege tummeln sich zahlreiche Männer, die für den Genozid verantwortlich waren. 16 Jahre lang kontrollierte die FDLR im Kongo ein Gebiet, das größer war als ihr Heimatland Ruanda.
Kalembe – ein Dorf mitten im FDLR-Territorium. Hunderte Lehmhütten stehen an einem Hang, durch das Tal rauscht ein Fluss. Entlang des Ufers Flüchtlingszelte, doch fast alle Bewohner sind geflohen, Patronenhülsen liegen im Sand. FDLR-Informationsminister Bazeye sitzt mit drei Kommandeuren im Gemeindehaus von Kalembe. Rund um das Holzgebäude stehen Kämpfer mit Kalaschnikow-Maschinenpistolen.
Drei Tage Fußmarsch hat Bazeye hinter sich, denn die FDLR-Führung befinde sich derzeit tief im Dschungel. Dorthin, so sagt er, haben die Kommandeure ihre Frauen und Kinder in Sicherheit gebracht, insgesamt mehrere tausend ruandische Hutu-Flüchtlinge:
"Nachdem die ruandische Armee festgestellt hatte, dass sie weder die FDLR bezwingen, noch die Flüchtlinge auslöschen kann, hat sie ihre Strategie geändert. Jetzt sponsorn sie kongolesische Milizen, die von der Regierung des Kongos bewaffnet werden. Sie haben Geld an diese Milizen gegeben, damit sie uns und alle ruandischen Hutu-Flüchtlinge im Ostkongo angreifen – seien es Kinder, Frauen oder Alte."
Es scheint so als werde die FDLR jetzt selbst zum Opfer. Opfer von Milizen, die gezielt die Frauen und Kinder der Kämpfer angreifen und töten. Mittlerweile ist die Kampfkraft der FDLR so sehr geschwächt, dass sie selbst ihre eigenen Familien nicht mehr beschützen können. In ihren stärksten Zeiten hatten sie über 10.000 Mann unter Waffen. Geschätzt sind es jetzt nur noch 2000.
Vor dreieinhalb Jahren begannen Kongo und Ruanda gemeinsam militärisch gegen die Rebellen vorzugehen. Viele Kämpfer gaben daraufhin ihre Waffen ab. 2009 wurde FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka und sein Stellvertreter Straton Musoni verhaftet. Beide leben in Deutschland, ihre Asylanträge sind bewilligt worden. Per Telefon und E-Mail sollen sie den Rebelleneinheiten trotzdem weiterhin Befehle erteilt haben. Im vergangenen Jahr begann deshalb der Prozess gegen die FDLR-Führung in Stuttgart. Vielen Kämpfern hatte diese Nachricht ihre Moral geraubt. Tausende sind seitdem desertiert. Auch wenn FDLR-Sprecher Bazeye das bestreitet:
"Er wurde aus politischen Gründen verhaftet, deswegen hat man ihn auch nicht direkt verurteilt. Man glaubt, wenn man den Präsidenten und dessen Vize verhaftet, könne man die FDLR enthaupten, dann würden alle anderen den Mut verlieren und sich ergeben. Aber das war nicht der Fall. Wir folgen ja nicht einer Person, sondern einem Ideal. Man kann Ignace Murwanashyaka und seinen Stellvertreter ruhig verhaften – unser Kampf wird weitergehen."
Allerdings hat sich die Lage im Ostkongo in den letzten Monaten gravierend verändert. Im April desertierten zahlreiche Offiziere mit ihren Truppen aus den Reihen der kongolesischen Armee. Die meisten von ihnen sind Tutsi. Seitdem befindet sich Kongos Armee im Kampf gegen diese neue Rebellenorganisation. Sie nennt sich M23. Um in keinen Zwei-Frontenkrieg zu geraten, musste die kongolesische Armee die Militäroperationen gegen die FDLR einzustellen.
UN-Ermittler haben herausgefunden, dass die M23 von Ruanda unterstützt wird. Dies hat viele europäische Partnerländer und die USA bewogen, Hilfsgelder einzufrieren oder zu kürzen – dieser politische Druck gegen den Erzfeind Ruanda, sagt Bazaye, werde auch von der FDLR begrüßt. Jahre nach dem Völkermord in Ruanda geht die Auseinandersetzung im Dschungel des Ostkongo weiter.
Nur wenige Kilometer weiter nördlich beginnt das Territorium der ruandischen Hutu-Rebellen FDLR und sie sind zum Gespräch bereit: "Ihr könnt jetzt kommen, unsere Soldaten wissen Bescheid", schreibt ihr "Informationsminister" Laforge Fils Bazeye in einer Textnachricht - Eine Einladung zum Interview.
Langsam holpert der Geländewagen die Straße entlang ins Rebellengebiet. Am Rande der Dschungelpiste tauchen FDLR-Kämpfer auf. Die ruandische Hutu-Miliz formierte sich in Flüchtlingslagern im Osten des Kongo. Nach dem Völkermord 1994 in Ruanda waren die Täter dorthin geflohen. Auch in der FDLR-Führungsriege tummeln sich zahlreiche Männer, die für den Genozid verantwortlich waren. 16 Jahre lang kontrollierte die FDLR im Kongo ein Gebiet, das größer war als ihr Heimatland Ruanda.
Kalembe – ein Dorf mitten im FDLR-Territorium. Hunderte Lehmhütten stehen an einem Hang, durch das Tal rauscht ein Fluss. Entlang des Ufers Flüchtlingszelte, doch fast alle Bewohner sind geflohen, Patronenhülsen liegen im Sand. FDLR-Informationsminister Bazeye sitzt mit drei Kommandeuren im Gemeindehaus von Kalembe. Rund um das Holzgebäude stehen Kämpfer mit Kalaschnikow-Maschinenpistolen.
Drei Tage Fußmarsch hat Bazeye hinter sich, denn die FDLR-Führung befinde sich derzeit tief im Dschungel. Dorthin, so sagt er, haben die Kommandeure ihre Frauen und Kinder in Sicherheit gebracht, insgesamt mehrere tausend ruandische Hutu-Flüchtlinge:
"Nachdem die ruandische Armee festgestellt hatte, dass sie weder die FDLR bezwingen, noch die Flüchtlinge auslöschen kann, hat sie ihre Strategie geändert. Jetzt sponsorn sie kongolesische Milizen, die von der Regierung des Kongos bewaffnet werden. Sie haben Geld an diese Milizen gegeben, damit sie uns und alle ruandischen Hutu-Flüchtlinge im Ostkongo angreifen – seien es Kinder, Frauen oder Alte."
Es scheint so als werde die FDLR jetzt selbst zum Opfer. Opfer von Milizen, die gezielt die Frauen und Kinder der Kämpfer angreifen und töten. Mittlerweile ist die Kampfkraft der FDLR so sehr geschwächt, dass sie selbst ihre eigenen Familien nicht mehr beschützen können. In ihren stärksten Zeiten hatten sie über 10.000 Mann unter Waffen. Geschätzt sind es jetzt nur noch 2000.
Vor dreieinhalb Jahren begannen Kongo und Ruanda gemeinsam militärisch gegen die Rebellen vorzugehen. Viele Kämpfer gaben daraufhin ihre Waffen ab. 2009 wurde FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka und sein Stellvertreter Straton Musoni verhaftet. Beide leben in Deutschland, ihre Asylanträge sind bewilligt worden. Per Telefon und E-Mail sollen sie den Rebelleneinheiten trotzdem weiterhin Befehle erteilt haben. Im vergangenen Jahr begann deshalb der Prozess gegen die FDLR-Führung in Stuttgart. Vielen Kämpfern hatte diese Nachricht ihre Moral geraubt. Tausende sind seitdem desertiert. Auch wenn FDLR-Sprecher Bazeye das bestreitet:
"Er wurde aus politischen Gründen verhaftet, deswegen hat man ihn auch nicht direkt verurteilt. Man glaubt, wenn man den Präsidenten und dessen Vize verhaftet, könne man die FDLR enthaupten, dann würden alle anderen den Mut verlieren und sich ergeben. Aber das war nicht der Fall. Wir folgen ja nicht einer Person, sondern einem Ideal. Man kann Ignace Murwanashyaka und seinen Stellvertreter ruhig verhaften – unser Kampf wird weitergehen."
Allerdings hat sich die Lage im Ostkongo in den letzten Monaten gravierend verändert. Im April desertierten zahlreiche Offiziere mit ihren Truppen aus den Reihen der kongolesischen Armee. Die meisten von ihnen sind Tutsi. Seitdem befindet sich Kongos Armee im Kampf gegen diese neue Rebellenorganisation. Sie nennt sich M23. Um in keinen Zwei-Frontenkrieg zu geraten, musste die kongolesische Armee die Militäroperationen gegen die FDLR einzustellen.
UN-Ermittler haben herausgefunden, dass die M23 von Ruanda unterstützt wird. Dies hat viele europäische Partnerländer und die USA bewogen, Hilfsgelder einzufrieren oder zu kürzen – dieser politische Druck gegen den Erzfeind Ruanda, sagt Bazaye, werde auch von der FDLR begrüßt. Jahre nach dem Völkermord in Ruanda geht die Auseinandersetzung im Dschungel des Ostkongo weiter.