In den sozialen Netzwerken gebe es einen "Diskurs der Verunsicherheitlichung", sagte Ursula Birsl von der Universität Marburg im Deutschlandfunk. Die Politikwissenschaftlerin forscht zu Gewalt und Gewaltrhetorik gegen Migranten im Internet.
Bei Netz-Debatten über die Themen Flucht und Asyl steht laut Birsl die Frage im Vordergrund, inwieweit der Staat noch in der Lage sei, die hier lebenden Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Diese Diskussion sei wiederum von der Politik angestoßen worden. Immer wieder werde in den sozialen Netzwerken etwa auf die Äußerung von CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer Bezug genommen, in Deutschland gebe es eine Herrschaft des Unrechts.
Im Februar 2016 hatte Seehofer Angela Merkels Flüchtlingspolitik und die Öffnung der deutschen Grenzen für Flüchtlinge mit diesen Worten kritisiert. Politikwissenschaftlerin Birsl zufolge leiten bestimmte Gruppierungen in den sozialen Netzwerken unter anderem daraus die Überzeugung ab, nun müssten die Bürgerinnen und Bürger selbst für ihre Sicherheit sorgen. Die Internet-Plattformen funktionierten dabei als "Echoraum", in dem die eigene Meinung permanent bestätigt und verstärkt werde.
Verbale Eskalation im "Echoraum"
Die Sprache in den Netzwerken, so Birsl, werde zunehmend brutal und enthemmt. So gebe es äußerst gewalthaltige Aufforderungen wie etwa "nun müsse man zur Kalaschnikow greifen". Diese Enthemmung bekämen auch Politiker und Medien zu spüren, wenn sie hasserfüllte Post erhielten.
Die Politik wiederum reagiere falsch, wenn sie sich von enthemmter Rhetorik und einem rechtspopulistischen Diskurs nicht deutlich abgrenze. Es sei wichtig, der Themensetzung der AfD nicht einfach zu folgen, so die Politikwissenschaftlerin.