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Rechts außen

Neonazis als Spieler, Vereinsmitglieder oder Trainer: Rechtsradikale versuchen, in Sportvereinen Fuß zu fassen. Vereine, Politiker und Gemeinden schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu - und unternehmen nichts.

Von Christian Werner |
    Dennis L. dreht sich, schlägt einen Haken, sprintet blitzschnell Richtung Tor. Der Stürmer und Torschützenkönig der zweiten Mannschaft von ASG Vorwärts Dessau ist ein guter Fußballer. Seine Mannschaftskameraden achten ihn und feuern ihn an, wenn er die Verteidigung des Gegners wieder gehörig durcheinanderwirbelt. Aber Dennis ist nicht nur ein gefährlicher Stürmer. Er ist auch ein Neonazi, demonstriert mit den Freien Kräften Anhalt-Bitterfeld, skandiert rechtsextreme Losungen.

    Neonazis als Spieler, Vereinsmitglieder oder Trainer: ASG Vorwärts Dessau ist kein Einzelfall. Rechtsextremisten sind in einigen Klubs fest integriert - vor allem in den unteren Ligen, dort wo der DFB nicht so genau hinschaut. Die Neonazis wollen in die Mitte der Gesellschaft. Und in Fußballvereinen wie Frisch Auf Wurzen, BSC 99 Laucha oder ASG Vorwärts Dessau sind sie dort längst angekommen und etabliert und das obwohl sie Straftaten begehen.

    So wie Dennis L. Der marschiert nicht nur bei Neonazidemonstrationen mit, er schlägt auch zu. Dafür wird der 19-Jährige im November 2008 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Kein Einzelfall bei der ASG - der Armeesportgemeinschaft Vorwärts Dessau. Mit Dennis L. auf der Anklagebank sitzt damals sein Mitspieler und Vereinskamerad Robert Z. Der trainierte von 2007 bis 2008 die G-Jugend des Vereins - die Kleinsten der Kleinen. Für die Vereinsvorsitzende der ASG Vorwärts Dessau Bärbel Flug offenbar kein Problem.

    "Also im Nachhinein hat sich das schon rum gesprochen, weshalb die verurteilt worden sind und dann haben wir uns im Verein auch Gedanken gemacht. Aber ich bin der Meinung, selbst wenn wir Dennis L. oder Robert Z. mit ihrer politischen Gesinnung aus dem Verein entfernt hätten oder denen Fußballverbot erteilt hätten, dann hätten wir den an den Rand der Gesellschaft geschoben und sie hätten wahrscheinlich noch eine größere Plattform. Und ich erhoffe mir einfach, dass durch solche Vereinsarbeit, durch das Fußballspielen selbst, dass die eventuell mal nachdenken und vielleicht noch, ich sage mal, auf die richtige Spur gelenkt werden. Das ist eigentlich unser Anliegen bei solchen jungen Leuten."

    Das ist zumindest bei Robert Z. gründlich misslungen. Der schlägt erneut zu und muss in Haft. Nicht der einzige aus dem Verein, der aufgrund rechtsextrem motivierter Straftaten hinter Gittern sitzt. Ein anderes Vereinsmitglied überfällt gemeinsam mit ein paar Gesinnungsgenossen in Dessau einen jungen Mann. Direkt am Eingang eines großen Discounters. Dem Opfer fällt es heute noch schwer zu erzählen, was geschehen ist. Er zittert, bekommt Schweißausbrüche. Schließlich erklärt er sich bereit, noch einmal zum Schauplatz des Überfalls zurückzukehren.

    "Ich bin mit einem Kollegen von Aken nach Dessau gefahren. Da sind wir hier vorne vorbei gefahren und da stand vorne am Eingang eine Gruppe von sechs Leuten und es wurde direkt hinterher gepöbelt. Dann hatten wir unsere Fahrräder geparkt, sind hierein gegangen, haben unser Bier gekauft und tja da wollten wir wieder rausgehen und da standen sechs Leute einfach und auf jeden sind drei Leute losgegangen. Ich hab erst eine gekriegt, mein Kollege hat auch eine gekriegt, der lag in der anderen Ecke wie ich, über mir standen drei Leute, über ihm standen drei Leute. Und ich lag auf Boden. Von einem wurde mir der rechte Oberarm gezeigt und da war ein Hakenkreuz drauf und dazu hat er dann den Spruch gemacht, so hier dazu stehen wir: Sieg heil!"

    Die ASG Dessau zieht keine Konsequenzen. Als wäre nichts geschehen, gratuliert der Verein dem Täter auf der Homepage zum Geburtstag.

    Rechtsextremisten als Vereinsmitglieder bei der ASG Vorwärts Dessau. Keine Einzelfälle. Der Fußballklub ist eine Anlaufstelle für Neonazis aus der Region, so Hilmar Steffen vom Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt.
    "Wir können im Zusammenhang mit den Aktivitäten des Sportvereins in Dessau feststellen, dass Rechtsextremisten in diesem Sportverein tätig sind, im Fanbereich und auch als aktive Spieler. Es ist schon auffällig, dass sich Rechtsextremisten der Region Dessau, in diesem Verein zusammenfinden."

    Dort unternehme man nichts dagegen, so Steffen. Das beobachtet auch Mario Bialek vom Projekt Gegenpart in Dessau, dem mobilen Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt. Für ihn ist nicht erkennbar, dass sich ASG Vorwärts Dessau mit dem Thema auseinandersetzt.

    "Sondern eher ist es so zu erkennen gewesen, dass die maßgeblichen Verantwortlichen im Verein noch vor ihre Jungs stellen, wenn denn mal thematisiert wird, dass es hier um Rechtsextreme, teilweise um rechtsextreme Gewalttäter geht, die bei ihnen maßgebliche, wichtige Mitglieder sind."

    Das hat nach Aussage von Gegenpart auch Tradition in Dessau. Das mobile Beratungsteam dokumentiert seit Jahren rechtsextreme Übergriffe in Anhalt, informiert in einem Newsletter regelmäßig über rechte Aktivitäten. Für Mario Bialek steht die ASG Vorwärts Dessau damit in der Tradition des FC Anhalt Dessau, der 2004 in die Insolvenz ging.

    "2005 hat sich dann als Nachfolgeverein des FC Anhalt Dessau der ASG Vorwärts Dessau gegründet und hier kann man einfach auch beobachten, dass quasi dieselben Personenkreise diesen Verein aufgebaut haben, hier aktiv sind in dem Verein und maßgebliche jüngere Rechtsextremisten im Verein aktive Mitglieder sind, Spieler sind oder auch im Fanumfeld des Vereins aktiv sind, die wiederum auch auf vielen rechtsextremen Veranstaltungen, Demonstrationen, Konzerten und so weiter anzutreffen sind."

    Offenbar konnte sich im Umfeld von ASG Dessau und dem Vorgängerklub eine rechtsextreme Szene entwickeln, ohne dass jemand daran Anstoß nahm. Die Verantwortlichen in der Sportstadt Dessau sehen keinen Anlass, einzuschreiten oder wenigstens das Thema öffentlich zu debattieren. Konsequenzen sind nicht erkennbar. Der zuständige Beigeordnete Gerd Raschpichler schiebt die Verantwortung dem Verein zu.

    "Ja, das ist sehr schwierig, weil wir glauben, dass Vereine, die mit solchen Entwicklungen zu tun haben, auch selbst sich der Aufgabe stellen müssen. Wir können den Prozess begleiten. Da gibt es eine Vielzahl von Projekten, die wir jetzt auch ins Leben gerufen haben, also 'Sport ist bunt', eine ganz interessante Geschichte, die, ich sage mal, die Integrationsfähigkeit von Sportvereinen widerspiegeln soll. Und wir müssen natürlich auch prüfen, inwieweit wir als Pachtgeber für Sportstätten Vertragspartner haben, die sich auch vertragsgerecht verhalten."

    Die ASG Vorwärts Dessau ist ein mustergültiger Pächter. Der Verein lässt sich in diesem Zusammenhang nichts zuschulden kommen und bietet keinerlei Angriffsfläche. Grund genug für Dessaus Politiker, untätig zu bleiben und mit den Fingern auf den Verein und den Deutschen Fußballbund DFB zu zeigen.

    Doch der DFB-Landesverband Sachsen-Anhalt reagiert mit Achselzucken. Rechtsextreme und gewalttätige Fans bei Spielen vor allem der unteren Ligen sind ein vertrautes Phänomen. Hier wird mittlerweile auch härter durchgegriffen. Stadienverbote für Schläger und Neonazis werden verhängt, manche Vereine müssen auch Strafe zahlen. Aber Neonazis als Vereinsmitglieder, als Spieler, als Jugendtrainer - das ist auch für den DFB-Landesverband Sachsen-Anhalt Neuland. Präsident Werner Georg klammert sich an Vorschriften, als er auf ASG Vorwärts Dessau angesprochen wird.

    "Dann müssten wir aber die entsprechenden offiziellen Meldungen erhalten, damit wir dann auch reagieren können. Denn wir haben das, solche Sachen in den einzelnen Satzungen bei uns festgehalten und dann könnten wir reagieren. Es muss aber eine Meldung da sein."

    Eine Meldung. Die hat der DFB-Landesverband Sachsen-Anhalt nicht bekommen. Auch nicht aus Laucha im Burgenlandkreis. Hier an der Unstrut laufen ebenfalls Rechtsextreme auf dem Fußballplatz auf. Etwa Lutz Battke. Er ist Jugendtrainer beim BSC 99 Laucha und trainiert die Kleinsten der Kleinen. Gleichzeitig sitzt der Mann für die NPD im Stadtrat und im Kreistag. Die ist zwar nicht verboten - aber verfassungsfeindlich und rassistisch. In einem internen Schulungspapier für NPD-Kandidaten heißt es unter anderen:

    Die Mischlinge, die deutsch-nichteuropäischen Beziehungen entstammen, werden das sich renationalisierende Deutschland über kurz oder lang freiwillig verlassen, weil ihnen der nationale Klimawandel nicht paßt. Sie werden sich 'Heimatländer' suchen, in denen es keine einheitliche Volkssubstanz gibt, in denen die Durchrassung unumkehrbar ist und die damit verbundene ethno- kulturelle Entwurzelung und Bindungslosigkeit allgegenwärtig ist. Zielland solcher Mischlinge werden naheliegenderweise die USA sein, wo es nie eine Volksgemeinschaft und Kulturnation, sondern nur eine durchrasste Staats- und Einzelwillennation von haltlosen Sozialatomen gab.

    Der Fall Battke ist sogar dem Innenministerium in Magdeburg bekannt und einige überregionale Medien berichteten ausführlich über den NPD-Mann, der Kinder trainiert. Doch beim DFB-Landesverband in Magdeburg heißt es stoisch. Der Verein müsse eine Meldung machen, damit etwas unternommen werden kann.

    Der Verein wird sich nicht melden und um Hilfe bitten. In Laucha wird Lutz Battke nicht als Problem gesehen. Im Gegenteil. Von vielen Einwohnern wird er als engagierter Mitbewohner wahrgenommen, der nicht nur redet sondern sich auch kümmert.

    "Ja, der Herr Battke macht seine Arbeit. Der ist sehr engagiert. Er hat eine andere Einstellung, wahrscheinlich von der Erziehung her und ich kann darüber nichts sagen. Für mich ist er nicht negativ aufgetreten, ich habe eine gute Meinung von ihm. Aber sonst hat das doch mit den Kindern nichts zu tun. Kinder mit sieben, acht, neun Jahren oder wie alt sie sind, also viel beeinflussen wird das nicht."

    Am Fußballklub BSC 99 prallt jede Kritik ab. Die Verantwortlichen fühlen sich von den Medien zu unrecht verfolgt und in die rechte Ecke gestellt. Jede Interviewanfrage wird verweigert. Man wisse doch ohnehin, was da herauskomme, heißt es unisono. Erst als der Reporter unangemeldet beim Vizevorsitzenden des BSC 99 vor der Tür steht, ist Michael Bilstein bereit sich interviewen zu lassen. Er ist gleichzeitig stellvertretender Bürgermeister von Laucha. Auf die Frage, ob ein NPD-Mann als Jugendtrainer nicht ein Problem sei, behauptet er, der Fußballklub zeige doch Zivilcourage.

    "Parteien und Gesinnungen in jeglicher Art sind im täglichen Leben des BSC 99 außen vor. Das ist eine Forderung unseres Vorstandes gewesen, schon immer und daran hält sich jeder, der bei uns im Verein tätig ist und das trifft auch auf den Herrn Battke zu. Er trainiert ja bei uns die Kleinsten der Kleinen, das heißt: Vorschulkinder und die Kinder, die gerade in die Schule kommen und dort sind beim Trainings- und Spielbetrieb die Eltern der Kinder permanent mit dabei. Und aus dieser Richtung ist an uns in jeglicher Form was seine Gesinnung betrifft bisher keinerlei Beschwerden herangetragen worden, so dass wir diesbezüglich unseren Beitrag in den getroffenen Absprachen als erfüllt sehen."

    Die Politik bleibe außen vor und auf dem Rasen gehe es nur um Fußball. Petra Tzschoppe sieht das völlig anderes. Sie arbeitet als Sportsoziologin an der Universität Leipzig und ist Vizepräsidentin des Landessportbundes Sachsen, kurz LSB. Der Verband erstellte eine Handreichung zum Thema Rechtsextremisten im Sport. Der LSB Sachsen hat erkannt, dass Neonazis versuchen, in Sportvereinen Fuß zu fassen. Für Petra Tzschoppe ist es in keiner Weise akzeptabel, dass ein NPD-Mann Jugendtrainer in einem Verein ist, selbst wenn er auf dem Rasen keine Propaganda für die NPD betreibt.

    "Der Trainer der dort im Verein agiert, ist für die Kinder im Allgemeinen eine Vorbildperson, den man auch nicht nur wegen seiner sportfachlichen, sondern insgesamt wegen seiner persönlichen Qualitäten schätzt. Und selbst wenn jetzt nicht unmittelbar sichtbar wird in seinem Agieren im Verein, welche politische Position derjenige bezieht, also latent ist dieser Einfluss trotzdem vorhanden und ich denke diesem Problem müssen wir uns auch stellen, dürfen wir nicht ausweichen so nach dem Motto, was er hier macht ist das eine, was er dort macht ist das andere. Er ist ja im Allgemeinen keine gespaltene Persönlichkeit."

    Das Argument, alle Parteien und politischen Anschauungen würden beim Sport außen vor bleiben, lässt Petra Tzschoppe nicht gelten. Parteipolitisch betrachtet sei das zwar richtig, so Petra Tzschoppe.

    "Das heißt aber nicht, dass man unpolitisch ist. Wer im Sport, wer in Organisationen handelt, der ist auch immer politisch tätig und dazu gehört auch, Positionen zu beziehen gegen solche antidemokratischen, rechtsextremen Auffassungen. Also von daher ist es, denke ich, nicht so einfach zu sagen, was die Mitglieder unserer Vereine tun, ist uns völlig egal. Auch Vereine sind politische Akteure und können in dem Sinne auch eine klare Position formulieren, könne das auch in ihrer Satzung formulieren und haben damit auch eine Handhabe gegen solche Auffassungen, Verhaltensweisen von Mitgliedern vorzugehen."

    Wurzen eine halbe Autostunde östlich von Leipzig. Hier spielt der ATSV "Frisch Auf" Wurzen. Es ist ein Bezirksligaspiel. Nur wenige Zuschauer stehen auf der windschiefen Zuschauertribüne und verfolgen das holprige Gekicke auf dem ramponierten Rasen. Am Vereinshaus wird gegrillt, der Geruch von Bratwurst und Rostbrätl liegt in der Luft. Ein Spiel wie es jedes Wochenende wohl ungezählte Male in Deutschland über den Rasen geht. Doch im Tor des ATSV Wurzen steht Matthias Möbius. Der massige Torwart sitzt für die NPD im Stadtrat der Muldestadt.

    Die Verantwortlichen beim Fußballverein ATSV "Frisch Auf Wurzen" drängen nach der Kommunalwahl im Juni 2008 den Torwart, das Mandat für die NPD nicht anzunehmen. Vergebens. Dem Verein ist klar, dass das Ruf schädigend für den ATSV Wurzen ist. Wahrscheinlich aus diesem Grund erklärt sich erst nach langem Drängen ein Vorstandsmitglied zum Interview bereit. Bedingung: der Name darf nicht genannt werden. Wichtig ist dem Gesprächspartner, dass der Verein rechtlich keine Handhabe gegen den NPD-Mann besitzt.

    "Diese Möglichkeit aufgrund der Gesetzeslage den direkt auszuschließen aufgrund seiner politischen Gesinnung, den gibt es nicht, weil generell dürfen hier alle - egal Nationalität, Neigung politisch, sexuell sonst was, ist egal -, die dürfen hier alle mitmachen, die dürfen auch nicht vorgelassen werden."

    Für Ingo Stange ist das eine vorgeschobene Ausrede, um eine harte vereinsinterne Debatte zu vermeiden. Für den jungen Mann vom Netzwerk für Demokratische Kultur in Wurzen, das sich dem Kampf gegen Rechtsextremismus schon seit Jahren widmet, steht fest: Der Fußballverein muss sich von seinem Torwart trennen, egal wie.

    "Also ich glaube, wenn etwas vereinsschädigend ist, dann ist es doch die Mitgliedschaft einer rechten Partei beziehungsweise einen Neonazi im Tor zu haben, und dass das die Welt dann auch weiß. Und ich glaube, da hat man schon zumindest ein gewisses Mittel, ihn da aus dem Verein wie auch immer zu entfernen. Also ich glaube, die haben da noch eine Aufgabe vor sich."

    Rechtlich ist das Ganze sehr heikel. Die NPD ist keine verbotene Partei. Aufgrund einer Parteimitgliedschaft oder weil ein Vereinsmitglied ein Mandat für die Rechtsextremen wahrnimmt, kann er noch nicht aus dem Verein ausgeschlossen werden. Dass die Vereinssatzung im Nachhinein nicht einfach so geändert werden kann, darauf verweist Professor Tim Drygala von der Juristischen Fakultät der Universität Leipzig.

    "Wenn jemand schon Mitglied ist, dann hat da eine rechtlich gesicherte Position erlangt, die kann man ihm nicht ohne weiteres entziehen. Insbesondere ist es zwar möglich die Satzung nachträglich zu ändern. Aber sie brauchen, wenn sie die Mitgliedschaft in der Satzung an bestimmte Voraussetzungen knüpfen wollen, hier also Nichtmitglied in einer extremistischen Partei zu sein, brauchen sie die Zustimmung derjenigen, die die Mitgliedschaft verlieren würden, wenn sie eine solche Satzungsänderung beschließen."

    Im Vereinshaus in Wurzen sind die Verantwortlichen wütend und ratlos zugleich. Auf der einen Seite ist der NPD-Mann nun einmal der beste Torwart im Verein und niemand will ihn auf der Bank lassen. Bei den Vereinsmitgliedern würde es wohl mehrheitlich auf Unverständnis stoßen, wenn der NPD-Mann nicht im Tor stünde und der ATSV deshalb Spiele verlieren würde. Auf der anderen Seite schädigt eine andauernde Berichterstattung über den Neonazi im Tor dem Verein erheblich. Ein Sponsor habe sich schon zurückgezogen. Der Verantwortliche vom Verein, der namentlich nicht genannt werden möchte, nimmt die Politik in die Pflicht. Die bekomme es schließlich nicht hin, die NPD zu verbieten.

    "Weil sich Politiker, egal ob das hier Kommunalpolitiker oder höher angesiedelte Politiker sind, weil die sich ja nur hinstellen und sagen: Ja, die müssen weg, die müssen weg. Die haben die Voraussetzungen versaut, muss man ganz klar sagen, weil sie mit den Organen, die sie zur Verfügung hatten, haben sie es nicht geschafft, die zu verbieten oder denen jede Plattform zu nehmen."

    Die Verantwortlichen spielen sich gegenseitig die Bälle zu. Politiker appellieren an die Zivilcourage der Vereine, die wiederum fühlen sich von Politik und Verbänden im Stich gelassen. Die Worte des DFB-Präsidenten Theo Zwanziger wirken in der Fußballprovinz wie von einem anderen Stern.

    "Ich werde mich nicht damit abfinden, wenn auf Fußballplätzen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus um sich greift und ich werde mich nicht damit abfinden wenn Menschen gedemütigt wegen ihrer Hautfarbe, wegen eines anderen Glaubens."

    Von Dessau, Laucha oder Wurzen aus betrachtet, ist der DFB sehr weit weg.