Das internationale Neonazi-Netzwerk "Blood and Honour" wurde 1987 von Ian Stuart Donaldson in Großbritannien gegründet, dem damaligen Sänger der Skinhead-Band "Skrewdriver". Das Netzwerk verbreitet seither seine nationalsozialistische Ideologie mithilfe von Musik. Seit 2000 ist die Gruppe in Deutschland verboten. Die deutsche Übersetzung des Namens lautet "Blut und Ehre" und ist die ehemalige Losung der Hitlerjugend (die Jugendorganisaton der Nationalsozialisten). In Deutschland zählt diese Losung zu den verfassungsfeindlichen Symbolen.
Wer steckt hinter "Blood and Honour"?
Das ultra-rassistische Neonazi-Netzwerk hat Gruppierungen in ganz Europa, den USA, Südafrika und Australien und soll weltweit über 10.000 Mitglieder haben. Die "Divisionen" sind untereinander eng verbunden. Die deutsche gehörte mit 200 Mitgliedern (nach Angaben des Bundesinnenministeriums) - bis zu ihrem Verbot im Jahr 2000 zu den größten Europas. Sie galt damals als eine der bedeutendsten rechten Terrorzellen in Deutschland, die die Szene lange geprägt hat.
Die deutsche Organisation wurde 1994 gegründet und von Stephan Lange angeführt. In der rechten Szene war er als "Pinocchio" bekannt. Er zeichnete mutmaßlich für die wichtigsten "Blood & Honour"-Fanzines verantwortlich, in denen der "führerlose Widerstand" als terroristisches Prinzip beworben – und später auch vom "NSU" praktiziert wurde, so die Erkenntnis der Linksfraktion aus dem Untersuchungsausschuss zur "NSU"-Aufklärung Brandenburg: So sollen hochrangige Mitglieder von "B&H" die späteren "NSU"-Terroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe mit Waffen, Wohnungen und Geld unterstützt haben.
Wie später bekannt wurde, wurde Lange jahrelang vom Bundesamt für Verfassungsschutz als V-Mann unter dem Decknamen "Nias" geführt.
Ideologie
"B&H"-Anhänger glauben an eine militante rassistische Ideologie und einen "Rassenkrieg". Das Netzwerk verbreitete auch in Deutschland Schriften, die zu einem "führerlosen Widerstand" aufrufen und in denen unter anderem ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS gedacht wird. Mit hartem Rechtsrock sollen gewaltbereite Jugendliche für das Netzwerk rekrutiert werden.
Anlässlich des Verbots der Gruppierung in Deutschland im Jahr 2000, sagte der damalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), das Ziel der Vereinigung sei die Verbreitung der NS-Ideologie. Damit verstoße "Blood and Honour" gegen die verfassungsrechtliche Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung.
Aktionen und Finanzierung
Das deutsche Netzwerk veranstaltete illegale Konzerte mit neonazistischen Bands und verbreitete Skinhead-Musik mit rechtsextremistischen Inhalten unter anderem durch einen eigenen Versandhandel. In militante Schriften und Fanzines wurde zu Anschlägen aufgerufen.
Durch das florierende Musikgeschäft erwirtschaftete "B&H" enorme Gewinne. Die Nachfrage nach rechtsextremer Musik war groß und "B&H" hatte quasi ein Monopol darauf. Die Gruppe baute daraufhin ein internationales Versorgungsnetz aus: Die illegalen CDs wurden in einem Land aufgenommen, in einem anderen gemixt, wieder woanders gepresst und dann verteilt. Diese aufgebaute Vertriebsstruktur ermöglichte es auch, andere Güter zu transferieren, etwa Waffen und Drogen.
Straftaten und Maßnahmen
Im Jahr 2000 wurde die Organisation "Blood & Honour – Division Deutschland" vom Bundesinnenminster Schily verboten. Bei Razzien bei mutmaßlichen "B&H"-Mitgliedern wurden unter anderem Kriegswaffen beschlagnahmt. Trotzdem wurden danach laut einem Bericht des Verfassungsschutzes immer wieder Bezüge von deutschen Rechtsextremisten zu "B&H" bekannt: "Deutsche Rechtsextremisten zeigten auch nach dem Verbot weiterhin offenkundige Sympathien für "B&H" und pflegen gute Kontakte zu B&H-Aktivisten im Ausland, insbesondere nach Großbritannien." Seit dem Verbot hat es mehr als als 20 Ermittlungsverfahren wegen der Fortführung der Organisation gegeben. Außerdem wurde 2003 eine Blood&Honour-CD mit dem Titel "Trotz Verbot nicht tot" veröffentlicht.
"B&H" ist eng vernetzt mit der rechtsextremen Gruppierung "Combat 18", die seit 2020 ebenfalls in Deutschland verboten ist. "Combat 18" bezeichnet sich selbst als "bewaffneter Arm" von "Blood an Honour" und ist international für Bombenanschläge und Morde verantwortlich.
"B&H" ist eng vernetzt mit der rechtsextremen Gruppierung "Combat 18", die seit 2020 ebenfalls in Deutschland verboten ist. "Combat 18" bezeichnet sich selbst als "bewaffneter Arm" von "Blood an Honour" und ist international für Bombenanschläge und Morde verantwortlich.
Im Zusammenhang mit dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke aus vermutlich rechtsextremen Motiven rückte "Combat 18" ins Visier der Ermittler. Der mutmaßliche Mörder soll Kontakte zu "Combat 18" gehabt haben.
Im Jahr 2019 wurde ein mutmaßliches "B&H"-Konzert in Ellwangen verboten, das für den 12. Oktober anberaumt gewesen war. Dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) lagen Hinweise vor, wonach das Konzert als ein "ISD-Memorial" konzipiert war, also als Gedenkkonzert für den im September 1993 verstorbenen "Blood and Honour"-Gründer Ian Stuart Donaldson.
Kurz zuvor war die Polizei gegen mutmaßliche Verfasser von 23 Droh-Schreiben vorgegangen, die im Sommer 2019 bundesweit an Moscheen, Parteizentralen oder Medienagenturen verschickt wurden. Darin wurde mit Sprengstoffanschlägen gedroht, unterschrieben waren die E-Mails unter anderem mit "Blood and Honour" und "Combat 18".
(Quellen: BMI, Bundeszentrale für politische Bildung, Bundesamt für Verfassungsschutz, Abschlussbericht NSU-Ausschuss Brandenburg, Linksfraktion Brandenburg, Politische Bildung Brandenburg, Belltower News (Amadeu Antonio Stiftung), Exif Recherche & Analyse)