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Rechtsextremismus
SPD: Stärker gegen gewaltbereite Rechte vorgehen

Die SPD fordert als Konsequenz aus dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke sowie den rassistisch und religiös motivierten Angriffen auf Menschen und Einrichtungen stärkere Maßnahmen gegen gewaltbereite Neonazis. Dazu soll ein Verbot einer bekannten Neonazi-Gruppe gehören.

Von Johannes Kuhn |
Ein Stand auf einer Demonstration gegen einen Neonazi-Aufmarsch
Ein Stand auf einer Demonstration gegen einen Neonazi-Aufmarsch (picture-alliance / dpa / Patrick Pleul)
"Wer sich mit der Demokratie anlegt, der muss viel konsequenter ihre Wehrhaftigkeit zu spüren bekommen." So heißt es in einem Papier zum Rechtsextremismus, das das SPD-Parteipräsidium an diesem Montag verabschiedet hat.
Die Sozialdemokraten fordern in dem Dokument stärkere Maßnahmen gegen gewaltbereite Neonazis. Die SPD verlangt zudem von den Sicherheitsbehörden, Rechtsextremisten und Reichsbürgern konsequenter den Waffenschein zu entziehen. In einem Frühwarnsystem sollen sich Bundesländer früher über Rechtsextreme austauschen, die Gewaltakte planen könnten.
Kritik übt die Partei daran, dass Haftbefehle gegen Rechtsextremisten nicht konsequent genug vollstreckt würden. Etwa 500 gesuchte Neonazis befänden sich demnach trotz der akuten Bedrohungslage auf freiem Fuß.
Partei erhöht Druck auf Seehofer
Konkret erhöht die SPD den Druck auf Innenminister Horst Seehofer, die gewaltbereite Neonazi-Gruppe "Combat 18" zügig zu verbieten. Die Gruppe gilt als bewaffneter Arm des rechtsextremistischen Netzwerks Blood & Honour, das in Deutschland bereits im Jahr 2000 verboten wurde.
Seehofer hatte eine Prüfung bereits nach dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke angekündigt. Derzeit untersuchen Ermittler, ob der Tatverdächtige Stephan E. zuletzt Kontakte zur Gruppe pflegte.
Während die SPD gegen Rechtsextremismus mobil macht, muss sie sich an anderer Stelle gegen Kritik wehren, zu träge zu sein: Das Bewerbungsverfahren um die Doppelspitze der Partei läuft bislang schleppend an, prominente SPD-Persönlichkeiten halten sich noch bedeckt oder haben bereits abgesagt. Die kommissarische Parteivorsitzende Manuela Schwesig verteidigte den Prozess am Sonntag im ZDF-Sommerinterview:
"Wir haben klar mit den Mitgliedern ein Verfahren verabredet und dieses Verfahren läuft. Es wird noch weitere gute Kandidaturen geben und da sollte man sich jetzt auch nicht wieder treiben lassen."
Schwesig hat genau wie ihre Ko-Vorsitzenden Malu Dreyer und Thorsten Schäfer-Gümbel bereits erklärt, nicht kandidieren zu wollen – ebenso wie Finanzminister Olaf Scholz, Arbeitsminister Hubertus Heil und Niedersachsens Ministerpräsident Stefan Weil. Dass die SPD angesichts sinkender Umfragewerte derzeit in keiner guten Verfassung ist, räumte auch Schwesig indirekt ein.
Partei selbst unter Druck bei Führungsfrage
"Die Lage der SPD ist schwierig, aber sie ist nicht hoffnungslos. Wir haben schwierige Zeiten hinter uns, weil wir in drei Jahren drei Mal jetzt Führungswechsel haben, das irritiert auch Wählerinnen und Wähler, das irritiert Bürgerinnen und Bürger. Und deshalb ist es wichtig, dass wir jetzt die Führungsfrage beantworten und dann wieder die Inhalte, für die wir stehen und für die wir arbeiten, in den Vordergrund rücken."!
Auch Generalsekretär Lars Klingbeil, der gemeinsam mit Familienministerin Franziska Giffey als mögliches Duo gehandelt wird, hat sich bislang noch nicht positioniert. In den ARD-Tagesthemen mahnte Klingbeil ebenfalls zu Geduld.
"Es gibt viele, die gerade noch nachdenken. Entscheidend ist, dass im September ein spannendes Rennen ist. Es geht um die Mitglieder der SPD. Die sollen entscheiden, die haben am Ende die Stimme. Spätestens zum 1. September haben sich dann alle entschieden."
An besagtem 1. September läuft die Bewerbungsfrist ab, danach können die Bewerberduos bis Mitte Oktober auf 23 Regionalkonferenzen um die Stimmen der Basis werben.