Die Zahl von 67 gesuchten Personen mit einem Bezug zum rechten Spektrum teilte das bayerische Innenministerium auf eine Anfrage der Grünen-Landtagsabgeordneten Katharina Schulze mit. Die Zahlen stammen von September 2015. Im Jahr zuvor waren demnach 53 Rechtsextreme gesucht worden.
Erinnerungen an den NSU
Bei einigen der Gesuchten sei zwar der Aufenthalt bekannt. Jedoch sei der Vollzug des Haftbefehls nicht möglich, etwa weil sie sich im Ausland befänden, teilte das Ministerium mit. Andere sind untergetaucht. Die Grünen-Abgeordnete Katharina Schulze sprach von einer "sicherheitspolitischen Bankrotterklärung" und einer "ernstzunehmenden Gefahr für Bayern". Einer der offenen Haftbefehle sei sogar wegen Mordes ausgestellt. Weitere Haftbefehle betrafen Körperverletzung und diverse Waffendelikte.
Schulze warnte, untergetauchte Neonazis führten ein Halbweltdasein. Eine ähnliche Konstellation habe letztlich zur Gründung des terroristischen "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) geführt, dem eine Mordserie mit zehn getöteten Menschen sowie mehrere Sprengstoffanschläge zugeschrieben werden. "Der Ermittlungs- und Fahndungsdruck auf die rechte Szene muss endlich massiv erhöht werden. Rechtsterroristische Netzwerke oder einen Neonazi-Untergrund darf es in Bayern nicht geben", sagte Schulze.
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte im BR, dass er das Thema sehr ernst nehme. Er habe die Polizei bereits vor zwei Jahren beauftragt, konsequent vorzugehen. Norbert Reisinger, bayerischer Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, sagte ebenfalls im BR, dass die Behörden mehr Personal bräuchten, um den Fahndungsdruck zu erhöhen. Neonazis verfügen über gut organisierte Netzwerke, um Untergetauchte in der Illegalität zu unterstützen, so Reisinger. Der NSU sei ein Beispiel dafür.
Bundesweit werden 372 Neonazis gesucht
Aus dem gesamten Bundesgebiet wurden laut einer Antwort der Bundesregierung auf Anfrage der Linken im Januar 372 Neonazis gesucht. "Über ein Drittel der mit Haftbefehl gesuchten Neonazis entzieht sich schon länger als ein Jahr der Festnahme", erklärte die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke damals. "126 von 372 gesuchten Neonazis werden schon seit dem Jahr 2014 oder länger gesucht. Das bedeutet, dass es 34 Prozent der Rechtsextremisten dauerhaft gelingt, sich der Festnahme zu entziehen."
Nach 70 Neonazis werde bereits seit über zwei Jahren erfolglos gefahndet. Die Zahlen lassen nach Ansicht Jelpkes "nicht erkennen, dass die Sicherheitsbehörden das Problem mit der notwendigen Entschlossenheit angehen".
(nch/fwa)