Frankreich
Rechtspopulisten gewinnen erste Runde der Parlamentswahl - Proteste in mehreren Städten

In Frankreich ist es nach dem starken Abschneiden des Rassemblement National (RN) bei der ersten Runde der Parlamentswahl zu Protesten gegen die extreme Rechte gekommen. Der Rechtspopulitische RN könnte laut den Prognosen stärkste Kraft werden. Die endgültige Entscheidung fällt in einer Stichwahl am kommenden Sonntag.

01.07.2024
    Eine Menschenmenge protestiert gegen die rechtsextreme Nationale Sammlungsbewegung. Das Rassemblement National könnte künftig stärkste Kraft in der französischen Nationalversammlung werden.
    Demonstration gegen den Ressemblement National auf dem Platz der Republik in Paris (dpa/AP/Louise Delmotte)
    In Paris und anderen Städten demonstrierten tausende Menschen gegen den RN und einen Rechtsruck in Frankreich. In der Hauptstadt versammelten die Demonstranten sich nach einem Aufruf des Linksbündnisses "Nouveau Front Populaire" auf dem Place de la République. Auch in Nantes, Dijon, Lille und Marseille fanden Kundgebungen und Protestmärsche statt.
    In Frankreichs drittgrößter Stadt Lyon kam es nach Medienberichten zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Barrikaden wurden errichtet und Beamte mit Flaschen und Feuerwerkskörpern beworfen. Auch einige Schaufenster gingen zu Bruch.

    RN und Verbündete laut offiziellem Ergebnis bei 33 Prozent - Macrons Partei bei 20 Prozent

    Nach dem offiziellen Ergebnis landet der Rassemblement National (RN), die Partei von Marine Le Pen, mit seinen Verbündeten bei 33 Prozent. Damit könnten die Rechtspopulisten im Unterhaus mit 230 bis 280 Sitzen stärkste Kraft werden. Die absolute Mehrheit liegt bei 289 Sitzen. Das Linksbündnis kommt den Angaben zufolge auf 28 Prozent, das Regierungsbündnis von Präsident Macron auf 20 Prozent. Die konservative Partei Les Républicains erzielt demnach rund 10 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag Schätzungen zufolge bei rund 65 Prozent - und damit fast 20 Prozentpunke höher als vor zwei Jahren.

    Kandidaten ziehen sich aus taktischen Gründen zurück

    Sowohl aus dem Linksbündnis als auch von Macrons Partei hieß es, man werde in den Wahlkreisen, in denen man auf dem dritten Platz gelandet sei, zugunsten der Kandidatinnen und Kandidaten zurücktreten, die in der Lage seien, das Rassemblement National zu schlagen.
    Le Pen rief dazu auf, ihrer Partei bei der kommenden Stichwahl zu einer absoluten Mehrheit zu verhelfen. Sie sagte: "Nichts ist gewonnen, die zweite Runde ist entscheidend." RN-Parteichef Bardella bekräftigte, mit einer absoluten Mehrheit im Parlament als Ministerpräsident die Regierung übernehmen zu wollen. Frankreichs Präsident Macron rief angesichts des Wahlerfolgs der Rechtspopulisten zu einem, wie er sagte, "breiten, demokratischen und republikanischen Bündnis" auf.
    Die Verteilung der 577 Sitze der Nationalversammlung wird sich erst nach der zweiten Wahlrunde am kommenden Sonntag klären. Sollte der RN eine absolute Mehrheit erhalten, dürfte Frankreich zum vierten Mal eine Kohabitation erleben, in der Präsident und Premierminister unterschiedlichen Lagern angehören.

    Brantner (Grüne): Frankreich könnte "schwieriger Partner" werden

    Die stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung, Branter, zeigte sich angesichts des großen Erfolgs des RN besorgt. Sollte es zu einer rechtsnationalen Regierung kommen, sei dies schlecht für Europa, sagte die Grünen-Politikerin im Deutschlandfunk. Frankreich würde dadurch zu einem "schwierigen" Partner für Deutschland werden.

    Weiterführende Informationen

    „Kohabitation“ mit Rassemblement National? Wie realistisch eine rechtspopulistische Regierung in Frankreich ist – und welche Alternativen es gibt
    „Macron hat sich verrechnet“: Reaktionen im In- und Ausland nach der ersten Runde der Parlamentswahl
    Neuwahlen in Frankreich - Macrons gewagte Wette
    Diese Nachricht wurde am 01.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.