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Rechtsradikalismus
Neonazi-Konzert im Allgäu

Auf einem verlassenen Gehöft in der Nähe von Bad Wurzach im Allgäu hat am Samstagabend ein Neonazi-Konzert stattgefunden. Die Polizei spricht von etwa 250 Teilnehmern. Im Vorfeld sei ein Fotograf leicht verletzt worden. Bei der Veranstaltung selbst stellte die Polizei aber keine Straftaten fest.

Von Tobias Zihn und Matthias Wurms |
    Ein Screenshot des Blogs Allgäu ⇏ rechtsaußen (08.10.2017).
    Ein Screenshot des Blogs Allgäu ⇏ rechtsaußen. (Screenshot Deutschlandfunk)
    Der genaue Ort des Konzerts blieb zunächst geheim: Im Internet kursierte ein Flyer, der für den 7. Oktober ein Konzert mit als rechtsradikal bekannten Bands ("Faustrecht", "Kodex Frei", "Kommando Skin" und "Stonehammer") unter dem Motto "Angry, Live and Loud" ankündigte. Stattfinden sollte es irgendwo in Süddeutschland.
    Der Blog Allgäu ⇏ rechtsaussen, der sich nach eigenen Angaben der Dokumentation und Bekämpfung rechter Umtriebe verschrieben hat, berichtete dann am vergangenen Donnerstag auf seiner Internetseite und auf Facebook Details der geheimgehaltenen Veranstaltung: Demnach musste man sich per Mail für das Konzert anmelden. "Der genaue Ort des Konzerts bleibt aber noch immer geheim. Erst kurz vor dem Termin wird ein Schleusungspunkt via Telefonanruf bekannt gegeben", heißt es im Blog-Artikel.
    Treffpunkt: ein Autohof an der A96
    Als erster Schleusungspunkt wurde ein Autohof an der A96 südwestlich von Memmingen bei Aichstetten angegeben. Fans der braunen Musik sollten sich um 19 Uhr an der Abfahrt Nummer 10 einfinden, um weitere Details zum Veranstaltungsort zu erfahren, berichtete Allgäu ⇏ rechtsaussen.
    "Der entpuppte sich dann als ein verlassenes Gehöft zwischen den Ortschaften Seibranz und Treherz im Allgäu", sagte Thomas Pöppel, der für das regionale Nachrichtenportal new-facts.eu das Geschehen vor Ort beobachtete, dem Deutschlandfunk. "Die Veranstaltung war professionell aufgezogen: Es gab ausgewiesene Parkplätze, ein Bierzelt, Sicherheitskräfte, die den Einlass kontrollierten", berichtet Pöppel. Nach seinen Beobachtungen kamen um die 60 bis 70 Autos zum Konzert.
    In seinem eigenen Artikel berichtet Pöppel von rund zwölf Gegendemonstranten am Autohof, die eine Antifa-Flagge schwenkten. Zahlreiche Fotos dokumentieren den Polizeieinsatz. Ein anderer Beobachter sagte dem Deutschlandfunk, den Autokennzeichen nach seien die Besucher aus ganz Deutschland gekommen. Auch viele Wagen mit österreichischen Kennzeichen seien dort gewesen.
    Polizei mit hunderten Beamten im Einsatz
    Die Polizei Konstanz bestätigte die Angaben am Sonntagnachmittag. Sie sprach von 250 Konzertbesuchern. Kurzfristig wurde ein großes Polizeiaufgebot zusammengezogen, um bereits auf dem Anfahrtsweg die anreisenden Teilnehmer zu überprüfen. Drei Personen wurden angezeigt, weil sie unerlaubte Waffen wie Quarzhandschuhe oder ein Messer bei sich hatten. Genaue Angaben über die Zahl der eingesetzten Beamten machte die Polizei nicht. Nach Pöppels Beobachtungen waren an der Autobahnabfahrt, am Autohof sowie beim Gehöft "jeweils so zwischen 70 bis 100 Beamte im Einsatz. Also insgesamt bis zu 300 Polizisten".
    Der Betreiber des Blogs Allgäu ⇏ rechtsaussen, Sebastian Lipp, twitterte gestern Abend in einer Reihe von Tweets über den Hergang der Neonazi-Veranstaltung:
    Ein Fotograf leicht verletzt
    Lipp berichtet bei Twitter zudem von einem Pressevertreter, der von einem Neonazi angegriffen und verletzt worden sein soll. Auch diese Meldung wurde von der Polizei bestätigt. Demnach hatte der Journalist versucht, Fotos zu machen und war von einem Skinhead zu Boden geschlagen worden. "Durch ein sorfortiges Eingreifen von Polizisten konnte vermutlich Schlimmeres verhindert werden", so die Pressemitteilung. Der Fotograf selbst sagte dem Deutschlandfunk, er habe Schürfwunden und eine Prellung erlitten und seine Ausrüstung sei zerstört worden.
    Während der Veranstaltung beobachteten die Beamten nach eigenen Angaben keine Straftaten und stellten auch keine indizierten Liedtexte fest. Man habe nur noch die Abfahrt der Konzertbesucher überwacht. Gegen drei Uhr sei der Einsatz beendet gewesen. Der Vizepräsident der Polizei Konstanz, Stürmer, versicherte, die Polizei werde "auch künftig bei derartigen Veranstaltungen starke Präsenz zeigen, niederschwellig einschreiten und festgestellte Straftaten konsequent verfolgen."