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Rechtsstreit mit Volkswagen
Erste Diesel-Klage vor dem BGH?

Das erste Verfahren gegen VW wegen des Dieselskandals ist auf dem Weg zum Bundesgerichtshof. Zwar wurde die Klage eines Diesel-Fahrers auf Rückerstattung des Kaufpreises vor dem Oberlandesgericht Braunschweig abgewiesen. Jetzt ist jedoch die Revision vor dem BGH möglich.

Von Alexander Budde |
    Das VW-Hochhaus in Wolfsburg
    Volkswagen muss sich auf eine Klagewelle einstellen (imago stock&people / Michael Gottschalke)
    Weil die Abgaswerte seines 2010 gekauften VW Eos mit Dieselmotor manipuliert sind, fordert der Kläger die Rückzahlung des vollen Kaufpreises plus Zinsen. Vertreten wird er - wie rund 40.000 andere VW-Kunden auch - durch den Rechtsdienstleister MyRight. Die Verbraucherplattform sieht einen juristischen Hebel gegen Volkswagen in den europäischen Vorschriften zur Fahrzeugzulassung und zum Umweltschutz.
    Doch dieser Argumentation folgt das Oberlandesgericht Braunschweig nicht - wie schon die Vorinstanz weist die Richterin die Klage ab. Denn die Typgenehmigung sei ungeachtet der illegalen Abschalteinrichtung unverändert wirksam, betont die Richterin.
    Das Fahrzeug durfte weiter bewegt werden, ergo sei dem Kläger auch kein Schaden entstanden. Und selbst wenn der VW-Konzern dazu verurteilt worden wäre, den Kaufpreis zurückzahlen, wäre ein pauschaler Betrag für die Nutzungszeit abgezogen worden.
    Volkswagen: 50.000 Verfahren anhängig
    Patrick Schroeder, leitender Anwalt des VW-Konzerns im Verfahren, begrüßt das erste oberinstanzliche Urteil in einem Diesel-Verfahren, bei dem Volkswagen die Beklagte war: "Das Oberlandesgericht hat heute die Rechtsauffassung der Volkswagen AG bestätigt, wonach dem Kunden keine Schadensersatzansprüche zustehen."
    Nach VW-Angaben sind aktuell rund 50.000 Verfahren in Deutschland im Zusammenhang mit dem Abgas-Skandal anhängig. 14.000 Urteile oder Beschlüsse seien inzwischen ergangen - und überwiegend wurde zugunsten von Volkswagen oder der Händler entscheiden.
    In zahlreichen weiteren Fällen hat der Konzern bislang obergerichtliche - und höchstrichterliche Entscheidungen durch außergerichtliche Vergleiche verhindert.
    Im aktuellen Fall lässt die Richterin die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) ausdrücklich zu – weshalb MyRight-Gründer Jan-Eike Andresen nach der Verkündung auch nicht von einer Niederlage sprechen will, sondern in die Offensive geht.
    Weitere Massenklagen möglich
    Jan-Eike Andresen: "Beim Bundesgerichtshof, das ist wie das Finale einer Fußballweltmeisterschaft: Da werden auch nicht die Punkte aus der Vorrunde mitgenommen, sondern jetzt gibt es ein allerletztes Spiel - und MyRight steht im Finale gegen Volkswagen. Und das ist immer da, wo wir hinwollten, das haben wir jetzt erreicht."
    Tatsächlich dürften sich die obersten Richter in Karlsruhe nun erstmals im Abgas-Skandal mit einer Schadensersatzklage befassen, die direkt gegen den Hersteller VW gerichtet ist. Möglich auch, dass der Europäische Gerichtshof mitentscheidet. Denn der BGH könnte den Richtern in Luxemburg den Fall zur Vorab-Prüfung grundlegender Rechtsfragen vorlegen.
    MyRight überzieht den Autobauer VW mit einer Serie von Massenklagen - zunächst kostenlos aber im Erfolgsfall gegen eine satte Provision.
    Unterdessen haben sich bereits weit über 200.000 Verbraucher der sogenannten Musterfeststellungsklage gegen Volkswagen angeschlossen. Betroffene Diesel-Besitzer können sich kostenfrei, per Online-Formular in das Klageregister des Bundesamts für Justiz eingetragen. Laut Gesetz geht das bis zum Vorabend der ersten mündlichen Verhandlung – voraussichtlich im Frühjahr 2019.