Die Deutsche Bank muss sich wieder einmal mit mehreren neuen Vorwürfen auseinandersetzen. Und das, obwohl Vorstandschef John Cryan erst letzte Woche den Aktionären versichert hatte: "Bei aller Vorsicht sehe ich uns - was unsere Rechtsstreitigkeiten angeht - allmählich auf der Zielgeraden. Wir sind zuversichtlich, in diesem Jahr noch einige wichtige Verfahren abschließen zu können."
Dazu gehören Geldwäsche-Vorwürfe in Russland und umstrittene Hypothekengeschäfte in den USA. Doch nun droht von dort neuer Ärger: Der Libor-Skandal, der schon weitgehend beigelegt schien, könnte sich wieder zu einem größeren Problem auswachsen: in New York entschied ein Berufungsgericht, Kartellvorwürfen gegen die Deutsche Bank und andere Geldhäuser wegen Manipulationen des wichtigen Libor-Zinssatzes weiter nachzugehen. Dabei geht es um Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe.
Verluste enorm schwer zu kalkulieren
Ein großes Problem, meint Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim: "Das Problem ist, dass in den USA solche Sachen kaum kalkulierbar sind und dass das amerikanische Rechtssystem ziemlich unberechenbar ist. Und das merkt jetzt die Deutsche Bank. Es kommt natürlich auch hinzu: Man hat erhebliche Risiken aus der Vergangenheit. Die Last aus der Vergangenheit ist halt wirklich groß, und deswegen ist es enorm schwierig zu kalkulieren, was denn eigentlich an Verlusten noch auf die Deutsche Bank zukommt."
Das nächste Problem: Die Börsenaufsicht SEC prüft, ob die Bank im Jahr 2013 Abschreibungen auf Hypothekenpapiere zu spät vorgenommen hat - hier geht es um einen dreistelligen Millionen-Dollar-Betrag. Schließlich hat das Geldhaus im vergangenen Jahr wegen externer Betrugsfälle einen Verlust von etwa 450 Millionen Euro erlitten. Rückstellungen im Aktienhandel seien der Grund, heißt es im Geschäftsbericht. Die Belastungen summieren sich also wieder, Philipp Häßler, Analyst des Bankhauses equinet versucht eine Schätzung:
"Die Belastung sollte abnehmen, aber nichtsdestotrotz wird das weiter viel Geld kosten. Meine Schätzungen sind, dass da noch durchaus zwei Milliarden an zusätzlichen Belastungen auf eine Deutsche Bank zukommen kann."
Bonität wurde herabgestuft
Und schließlich senkte die Rating-Agentur Moody’s die Bonitätsnote der Deutschen Bank zum zweiten Mal in diesem Jahr. Der Grund: Moody’s bezweifelt, dass im aktuell schwierigen Marktumfeld das Institut den Umbau so schnell schaffen kann wie erhofft. Damit ist die Bank in bestimmten Bereichen nur noch zwei Stufen vom Ramschniveau entfernt, einem Niveau also, das eine Investition als zu riskant erscheinen ließe.
Analyst Häßler: "Da habe ich aktuell noch keine Sorge vor. Allerdings ist klar: die Frage ist halt jetzt, wie wird die Deutsche Bank mit der Umstrukturierung weitergehen? Wie wird sich das Marktumfeld entwickeln? Und davon wird halt abhängig sein, wie sich die Bonitätseinschätzungen der Rating-Agenturen auch entwickeln werden."
Alle relevanten Ratings blieben auf gutem Niveau, "Investment-Grade", wie das die Analysten nennen. Das zumindest versicherte Deutsche-Bank-Finanzvorstand Marcus Schenck der Nachrichtenagentur Reuters.