Archiv

Recycling von Spielzeug in Paris
"Neugespielt" statt ausgedient

Unterm Weihnachtsbaum wird auch in diesem Jahr wieder viel Spielzeug liegen. In Frankreich sammelt der gemeinnützige Verein "Rejoué" ("Neugespielt") alte Spielwaren, repariert sie mit sozial benachteiligten Mitarbeitern und verkauft sie für kleines Geld. Am Ende strahlen nicht nur Kinderaugen.

Von Suzanne Krause |
    Ein Metallbaukasten
    Noble Mission: Zweites Leben für Spielzeug (picture alliance / dpa-Zentralbild / Patrick Pleul)
    Im geräumigen Ladenlokal in dem kleinen Einkaufszentrum im Pariser Süden reihen sich in den Regalen, eng an eng, Kartons mit Gesellschaftsspielen, einige leicht angeschrammt. Hinten rechts hängen sorgfältig aufgebügelte Prinzessinnen-Kostüme, spottbillig. Daneben stehen Plastikkisten voller Lego-Bausteine, das Pfund für fünf Euro. Eben so günstig sind die teils antiquarisch wirkenden Barbiepuppen, die ein Mitarbeiter gerade auspackt. Eine Kundin schleppt zwei Einkaufskörbe voll mit Spielen zur Kasse.

    "Ich bin zufällig vorbeigekommen und das Spielzeug im Schaufenster hat mich angelockt. Ich habe vier Kinder und zwei sind noch klein. Und jetzt bin ich auf Entdeckungstour."
    Zweites Leben für Spielzeug
    Die Kassiererin schaltet sich ein: Sophie Dufour, ehrenamtlich für den Verein tätig, erklärt der neuen Kundin das Konzept von Rejoué:

    "Wir recyceln Spielzeug und geben ihm ein zweites Leben. Um Verschwendung zu vermeiden. Denn Spielzeug wird immer mehr zur Wegwerfware. Und zudem beschäftigen wir Arbeitslose, um sie wieder in die Berufswelt einzugliedern."
    In den vergangenen fünf Jahren hat der Verein ein großes Netzwerk aufgebaut: Unternehmen bieten ihren Angestellten Sammelstellen für Spielzeug, das diese entsorgen wollen. Kitas, Kindergärten, Schulen bringen ihr altes Spielzeug zu Rejoué und erneuern hier ihren Bestand zum Spottpreis. Holzspielzeug und Bücher sind der Renner. Wer im Laden einkaufen will, muss dem Verein beitreten, für zwei Euro Jahresbeitrag. An die 3000 Mitglieder zählt Rejoué schon.
    Auch die vierfache Mutter bittet um Aufnahme, nicht nur, weil sie für zehn Gesellschaftsspiele lediglich 32 Euro zahlt.
    "Mein Zwölfjähriger ist Autist. Hier habe ich nun meinen Weihnachtseinkauf für ihn gemacht: pädagogisch wertvolle Spiele, die ich sonst nirgendwo mehr finde."
    Erinnerungen an die Kindheit
    Da hat Sophie Dufour gleich eine Anekdote parat:
    "Vorhin war ein Herr da, der einen Playmobilbaukasten erstanden hat: ein Schloss, von dem er als kleiner Junge träumte. Das hat er nun für seinen Sohn mitgenommen."
    33 Tonnen Spielzeug hat der Verein im vergangenen Jahr eingesammelt. Aussortiert wird, was zu beschädigt ist oder nicht der europäischen Sicherheitsnorm entspricht. Immerhin die Hälfte der Waren kommt, sorgfältig gereinigt, in neuen Gebrauch. Der Rest wird von Wertstoffhändlern abgeholt.
    In der Werkstatt, einer ehemaligen Postsortierstelle im Pariser Vorort Vitry, packt Marc-Arthur Laplante einen Karton mit Babyspielzeug.
    "Der Job ist super – ich tauche wieder in meine Kindheit ein. Und meine Arbeit macht Sinn, das ist aktiver Umweltschutz."
    Spielzeugrecycling wird populärer
    Auch andere Initiativen in Frankreich setzen mittlerweile auf Spielzeugrecycling. Der Verein Rejoué gilt als Vorbild. Hochoffiziell anerkannt durch das französische Umweltministerium, das diese und andere Initiativen im Bereich Kreislaufwirtschaft bekannter machen möchte.
    Über die Müllvermeidung hinaus geht es Rejoué auch um 'solidarisches Spielzeug'. Manches Unternehmen, das für den Verein eine Sammelstelle für gebrauchtes Spielzeug betreibt, tritt zudem als Mäzen auf, sagt Werkstattleiterin Nathalie Ourry.
    "Bei unserer Weihnachtsaktion bezahlen unsere Partner-Unternehmen Spielzeug aus unserem Bestand, das wir dann karitativen Einrichtungen spenden. Ihre Solidarität geht noch weiter: sie bieten denen, die wir wieder ans Berufsleben heranführen, Praktika. Und teils sogar einen Job."