Als Red Bull 2005 verkündet, sich bei Austria Salzburg einzukaufen, sind viele Fans erleichtert. Austria, in den 90er-Jahren dreimal Meister, steht vor dem Abstieg und ist hoch verschuldet. Das Geld des Getränkeherstellers ist willkommen. Und dass Sponsoren Teil des Vereinsnamens sind, ist in Österreich schon lange üblich. Als Red Bull aber auch das Logo und die Vereinsfarben ändert, Stehplätze abschafft und sich das Recht sichert, alleine über die Vorstandsposten zu entscheiden, merken Fans wie Stefan Schubert: Das ist kein normales Sponsoring.
„Hier wurde ein Verein übernommen wie eine Firma, um mehr von einem Produkt zu verkaufen. Da geht es nicht darum, dass ich Kindern eine gute sportliche Ausbildung und auch was fürs Leben mitgebe, sondern Profit zu maximieren, Entertainment zu machen. Und aus meiner Sicht ist so etwas einfach abzulehnen“, unterstreicht Schubert.
Neugründung durch enttäuschte Fans
Deswegen entschließen sich einige Fans, den Verein als SV Austria Salzburg neu zu gründen. Schubert ist dort jetzt zuständig für das Fanwesen. Inzwischen spielt die neue Austria in der 3. Liga – und trifft jetzt im Pokal zum ersten Mal auf Red Bull Salzburg.
RB ist klarer Favorit, seit 2014 war kein anderer Verein in Österreich Meister. In den Jahren nach der Übernahme hatte der Verein zunächst auf ältere Spieler und bekannte Trainer gesetzt. International gab es allerdings immer wieder frühe Niederlagen. Doch der große Konzern im Hintergrund fing das finanzielle Minus regelmäßig auf. Das räumt auch der langjährige Journalist Peter Linden ein:
„Es gab anfangs sicher viele Fehler, das hätte wahrscheinlich kein anderer Klub ohne den Background von Red Bull überlebt. Aber andererseits gäbe es ohne Red Bull in Salzburg heute keinen Spitzenfußball mehr, da bin ich überzeugt.“
Red Bull beweist Durchhaltevermögen in Salzburg
Schon vor Red Bull hat es in Österreich ähnliche Projekte gegeben, die aber gescheitert sind. In Salzburg bleibt der Geldgeber lange genug dabei. Der dortige Geschäftsführer Stephan Reiter schreibt auf Anfrage, Red Bull habe die Fortführung des Klubs erst ermöglicht und dann die Klub-Philosophie entscheidend beeinflusst und verändert.
In der Tat setzt RB Salzburg mit der Zeit immer mehr darauf, eigene Talente selbst auszubilden. Viele heutige österreichische Nationalspieler haben ihre Karriere in Salzburg begonnen, zum Beispiel Konrad Leimer, Xaver Schlager oder Marcel Sabitzer. Reiter betont, dass das die Qualität der Liga gesteigert habe. Für Stefan Schubert von Austria Salzburg ist das aber kein Argument für den Verein:
„Natürlich: Eine Firma, die mit quasi unbegrenzten Finanzmitteln agieren kann, saugt auch sehr viele Talente der anderen Vereine auf. Und wenn ich den Vereinen die besten Spieler abwerbe in jungen Jahren und sie dann durch meine Akademie und die zweite Mannschaft presse, na, ja, natürlich kommt dann am Ende ab und an ein Talent raus. Das heißt aber nicht, dass das der einzige Weg für diese Spieler gewesen wäre.“
Salzburg gut für die Fünf-Jahres-Wertung
In der UEFA-Fünfjahreswertung, die über die Startplätze im Europapokal entscheidet, hat sich Österreich in den vergangenen Jahren bis in die Top-Ten vorgearbeitet. Die meisten Punkte dafür kommen von Red Bull Salzburg. Davon profitieren jetzt auch andere Vereine, erklärt Peter Linden:
„Ohne Red Bull hätte Österreich nicht die Chance auf fünf Teilnehmer in den drei europäischen Bewerben. Und Salzburg: Meistens überwintern sie in Europa und man schaut durch Salzburg mehr auf diese österreichische Liga. Es wiegt alles mehr, als wenn man sagen würde: Es ist zu wenig Spannung, weil Salzburg immer gewinnt. Bayern gewinnt auch immer.“
Sturm Graz hadert nicht mit Dominator Red Bull
Wenn es überhaupt einen Herausforderer für Red Bull Salzburg in Österreich gibt, dann ist es Sturm Graz. In der vergangenen Saison gewinnen die Grazer auch dank eines Sieges über Salzburg den Pokal. Und ohne Red Bull hätte Sturm Graz drei Meistertitel mehr. Für den sportlichen Geschäftsführer Andreas Schicker ist das aber kein Grund, mit der aktuellen Situation zu hadern:
„Letztes Jahr haben wir einen Punkteschnitt von klar über zwei gespielt und das hätte gereicht in den letzten 27 Jahren glaube ich 20 Mal für den Meistertitel. Da kann man immer Rechenbeispiele dann aufstellen und sagen: Okay, Wahnsinn Red Bull. Aber das bringt dann am Ende nichts, das blockiert eher nur. Sondern man muss froh sein, dass es Red Bull Salzburg gibt. Das hebt das Niveau in Österreich irrsinnig. Die haben eine klare Idee auch vor über zehn Jahren nach Österreich gebracht von Fußball, das ist sehr, sehr wichtig.“
Stadion nicht ausgelastet
Anders als zum Beispiel Bayern München können die Salzburger ihr Stadion aber selten voll auslasten. In der Liga sind in der letzten Saison im Schnitt nur gut 12.000 Fans gekommen. Das ist Platz drei im Liga-Vergleich. Stefan Schubert von Austria Salzburg wundert das nicht:
„Wenn ich dort hingehe, wie ich ins Kino gehe, dann habe ich nicht die Bindung, auch Partien gegen den Tabellenletzten mir unbedingt anschauen zu müssen. Das Problem, dass Vereine, die derart arbeiten, auch haben, ist, dass sie ständig um ihr Publikum kämpfen müssen. Die bauen keine treue Basis auf, die kommt, ganz egal, wie es sportlich läuft. Die müssen immer wieder neu begeistert werden.“