Übernahme von Bora-hansgrohe
Was Red Bull bei der Tour und im Radsport vorhat

Red Bull ist nun Mehrheitseigner eines Radsportteams. Das Ziel des Konzerns ist der Sieg bei der Tour de France, aber auch eine Umgestaltung des Radsports. Gerade deswegen ist Red Bull bei der Konkurrenz aber willkommen.

Von Tom Mustroph | 06.07.2024
Fahrer des Teams Red Bull-Bora-hansgrohe am Start einer Etappe bei der Tour de France
Red Bull will mit Stars wie Primoz Roglic auch im Radsport an die Weltspitze (picture alliance/ dpa/ Belga / Jasper Jacobs)
Große Events laden zu großen Aktionen ein. Pünktlich zur Tour de France präsentiert sich der Rennstall Bora-hansgrohe im Bullen-Outfit. Er heißt jetzt Red Bull-Bora-hansgrohe. Der Brausehersteller ist inzwischen auch Mehrheitseigner.
Deswegen macht auch Oliver Mintzlaff seine Aufwartung. Er ist inzwischen einer der Geschäftsführer von Red Bull. Früher hat er die Fußball-Aktivitäten des Konzerns verantwortet - zeigt sich aber auch begeistert vom Radsport.

Lange TV-Übertragungen bei der Tour - ideal für Sponsoren wie Red Bull

"Es ist eines der größten Sportereignisse der Welt und ich habe die Tour de France auch in den letzten Jahren immer verfolgt. Also das ist jetzt für mich nicht überraschend, dass das so ein großes Fan- und Medienaufkommen hat. Ist ein tolles Sportereignis und wir sind natürlich sehr froh, dabei zu sein."
Mintzlaff war bereits im letzten Jahr bei der Tour de France. Die langen TV-Übertragungen sind eine ideale Plattform für Red Bull. Und die besondere Nähe, die hier die Fans zu den Athleten haben, mit Zugang zum Fahrerlager und fast Hautkontakt an der Strecke, ist ein entscheidender Faktor, um nicht nur einzelne Topfahrer wie Wout von Aert zu sponsern.

Red-Bull-Geschäftsführer Mintzlaff: "Passt toll zu unserer DNA"

"Der Radsport ist jetzt nicht fremd für uns, aber es war dann natürlich eine neue Entscheidung zu sagen, wir investieren halt auch in ein gesamtes Team. Und das haben wir uns reichlich überlegt. Das passte toll zu unserer Marke, zu unserer DNA."
Zusammen mit Teamchef Ralph Denk will Red Bull-Bora-hansgrohe den nächsten Schritt gehen, sagt Mintzlaff. Und das bedeutet: "Wir wollen gewinnen und auch Ralf Denk will gewinnen und das Team hat ja schon gewonnen. Es ist ja nicht so, dass das Team keine Erfolge hat mit Jai Hindley und dem Giro und Peter Sagan und Paris-Roubaix. Aber natürlich ist das Größte die Tour de France. Und unser mittelfristiges Ziel ist natürlich auch, dass wir hier gewinnen."

Red-Bull-Investment in Radsport nach dem Erfolgsmuster von Formel 1 und Fußball

Ein konkretes Jahr, bis wann der Tour-Sieg her soll, will Mintzlaff nicht nennen. Der Favorit in diesem Jahr, Tadaj Pogacar, hat beim Team UAE Emirates eine starke Gruppe von Helfern. Um diese Teamstärke zu erreichen, wird Red Bull viel Geld investieren müssen. Mintzlaff verwies aber auch auf die unter anderem aus Fußball und Formel 1 bekannte Strategie, den eigenen Nachwuchs an die Spitze zu bringen.
Außerdem will der Konzern Synergieeffekte mit diesen Sportarten nutzen: "Wir haben natürlich auch viel Expertise in unterschiedlichsten Sportarten. Und das Ziel ist es natürlich, dass wir das Know-how zusammenlegen, dass wir uns austauschen, dass wir voneinander lernen. Und das betrifft ja auch die anderen Sportarten, die natürlich auch vom Radsport sicherlich lernen können."
Mintzlaff verweist da vor allem auf das Athlete Performance Center mit seinen Trainings- und Reha-Möglichkeiten, der psychologischen Betreuung, den Ernährungsexperten. Der Planungshorizont für das Engagement im Radsport ist lang: "Wer uns und Red Bull kennt, weiß, dass wir natürlich einen langen Atem haben. Wir fangen ja nicht etwas an und hören dann morgen wieder auf, sondern wir sind immer extremst committed. das gehört natürlich auch dazu, dass du als Partner und so sehen wir uns und so sehen wir uns auch hier, dass wir hier gemeinsam einen langen Weg gehen."

Ziel von Red Bull: Erst an die Spitze, dann den Radsport umgestalten

Perspektivisch will Red Bull die ökonomische Basis des Radsports umgestalten. Die ist weiterhin fragil. Die Teams sind hauptsächlich von Sponsoren abhängig. Einnahmen aus den Rennen bleiben zum größten Teil bei den Veranstaltern. Viele Rennstallbesitzer haben dies in der Vergangenheit beklagt.
Mintzlaff hat das Thema auf der Agenda. "Ich glaube, dass das wie in jedem Sport auch dazugehört, dass man sich damit auseinandersetzt, dass man guckt, wie kann das Win-Win sein und wie kann das dann halt für alle Beteiligten auch in die nächste Entwicklungsstufe gehen. Diese Diskussion gibt es únd an der beteiligen wir uns auch. Aber unsere Energie stecken wir jetzt erst mal hier für uns rein, um mittel- und langfristig eines der besten Teams der Welt zu werden."

Red-Bull-Einstieg von anderen Teams begrüßt

Das klingt nach einer Herausforderung für die anderen Teams. Aber anders als im deutschen Fußball stößt Red Bull nicht auf Widerstand. Ganz im Gegenteil. Richard Plugge, Chef des Rennstalls Visma-Lease a Bike, der im letzten Jahr alle drei Grand Tours gewonnen hat, reagiert geradezu euphorisch auf den Einstieg:
"Wir sind natürlich sehr interessiert an ihrer Art und Weise zu denken. Sie sind ja auch in der Formel 1 und wissen genau, wie es dort funktioniert. Wir können eine Menge von ihnen lernen. Und wir können gemeinsam für eine bessere Zukunft des gesamten Radsports arbeiten. Ich bin sehr glücklich über den Einstieg von Red Bull."
Wohl selten wurde der neue Geldgeber eines Konkurrenten, der die eigene Vormachtstellung angreifen will, so sehr begrüßt wie aktuell Red Bull im Radsport. Es ist ein Hinweis auf den Grad der Verzweiflung bei denen, die den Radsport auf ökonomisch gesündere Füße stellen wollen. Red Bull soll aus dieser Perspektive heraus nicht nur einem Team, dem eigenen, Flügel verleihen, sondern gleich dem gesamten Radsport.