CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte in der Rheinischen Post, dass sie sich Buh-Rufe gegen Merkel nicht vorstellen könne. "Auch wenn die Stimmung aufgrund des großen Flüchtlingszustroms aufgewühlt ist, wird die CSU die Bundeskanzlerin anständig und respektvoll empfangen", sagte Hasselfeldt. Seehofer hat die Devise ausgegeben, Merkel freundlich zu empfangen: "Wir sind anständige Gastgeber." Dass das im Vorfeld betont werden muss, zeigt das Ausmaß der Differenzen zwischen Merkel und der CSU auf.
Merkel verweigert der CSU die Obergrenze
Die Bayern tragen die Hauptlast bei der Erstaufnahme der Flüchtlinge. Eine Obergrenze, ein national festgelegtes Kontingent für die Zahl der Bürgerkriegsflüchtlinge, ist die zentrale Forderung der CSU. Der Parteivorstand hatte dies in einem Leitantrag beschlossen. Merkels Rede steht nach der Verabschiedung des Leitantrags (pdf) ab 17 Uhr auf der Tagesordnung. Merkel verweigert diese Obergrenze bislang, Deutschland könne nicht einseitig Limits definieren, erklärte sie. Die Kanzlerin betont zudem stets, es gehe ums Steuern und Ordnen, bleibt aber bei ihrem Bild eines "freundlichen Gesichts von Deutschland". Die CSU besteht zudem darauf, die deutsche Grenze wirksam zu kontrollieren und Flüchtlinge dort notfalls auch zurückzuweisen. Merkel will das Augenmerk vor allem auf die EU-Außengrenzen lenken, eine deutsche Grenzschließung hält sie für unrealistisch.
In der CSU wird ein Einlenken Merkels erhofft, dementsprechend werden die Delegierten die Antwort der Kanzlerin gespannt erwarten. "Ich hoffe auf ein Signal, dass wir eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen brauchen", sagte Hasselfeldt. Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner sagte im Handelsblatt, dass Merkel "zu erkennen geben muss, dass sich in der Flüchtlingspolitik schon noch das eine oder andere ändern wird."
CSU bemüht sich auch um inhaltliche Grenzziehungen
Mittlerweile bemüht sich die CSU, eine klare Grenze zwischen den Themen Flucht und Terrorbekämpfung zu ziehen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sagte im Deutschlandfunk mit Blick auf eine mögliche Vermischung des Terrors des sogenannten "Islamischen Staates" und den Fluchtrouten in Europa: "Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun." Zuvor hatte Bayerns Finanzminister Markus Söder mit einem Tweet für viel Unmut gesorgt. Darin setzte er am Tag nach den Terroranschlägen mit 129 Toten in Paris diese in einen Zusammenhang mit Flüchtlingen. Seehofer nannte das im Ingolstädter "Donaukurier" eine "Grenzüberschreitung" und persönlich motiviert. "Nach solchen Anschlägen wie in Paris verbietet es sich, persönliche und parteipolitische Motive in den Vordergrund zu stellen."
Söder bekam im Streit mit Seehofer prompt Unterstützung, beispielsweise von Hofer Landtagsabgeordneten Alexander König: "Markus Söder spricht aus, was die ganz überwiegende Mehrheit der Bevölkerung und der CSU-Abgeordneten denkt." Ob der Rückhalt für Söder wirklich so groß ist, wird sich am Samstag bei der Wahl des Parteivorsitzenden und des Parteivorstands zeigen. Diese dürfte in diesem Zusammenhang nämlich besonders interessant werden. Seehofers Wiederwahl als Vorsitzender gilt als sicher, doch der 66-Jährige wird wohl letztmals kandidieren. Bei der Wahl zum Parteivorstand könnten sich mögliche Nachfolger in Stellung bringen, so auch Söder.
(nch/stfr)