Es war der letzte Teil seiner Rede, der aber für die europäischen Nachbarn wohl die wichtigsten Botschaften enthielt. Am Ende des Abrüstungsvertrags INF trügen allein die Vereinigten Staaten die Schuld.
"Sie verstoßen selber gegen alles und rechtfertigen sich dann, zeigen mit dem Finger auf andere. Und sie mobilisieren ihre Satellitenstaaten, die dann den Amerikanern nach dem Mund reden."
Putin versicherte, Europa sei nicht bedroht. Solange die Gegenseite dort keine Mittel- und Kurzstreckenraketen aufstelle, werde auch Moskau dies nicht tun. Allerdings nahm er sich etliche Minuten, um über die schon im vergangenen Jahr angekündigten Aufrüstungsprojekte zu sprechen, darunter Überschallraketen, schwere Interkontinentalraketen, lasergesteuerte Waffen sowie Torpedos, ebenso neue Kriegsschiffe und U-Boote.
Reichweite von neuer Rakete reicht nicht bis in die USA
Zudem stellte er eine Neuentwicklung vor, auch sie eine Überschallrakete "mit einer Fluggeschwindigkeit von etwa neun Mach und einer Reichweite von mehr als 1.000 Kilometern. Sie kann sowohl See- als auch Landziele treffen. Sie kann von in Serie gefertigten Schiffen und U-Booten aus eingesetzt werden."
Putin hat die technischen Details dieser Waffe nicht weiter ausgeführt. Anders als im vergangenen Jahr gab es diesmal keine Videoanimationen. Allerdings lässt die genannte Reichweite aufhorchen: Im Radius dieser Rakete könnte Europa liegen, eher nicht die Vereinigten Staaten.
Für den Fall aber einer US-geführten Aufrüstung in Europa, sagte Putin, wolle er sich klar ausdrücken:
"Russland wird dann gezwungen sein, Waffen zu bauen und zu stationieren. Dabei geht es nicht nur um die Gebiete, von denen für uns eine direkte Bedrohung ausgeht. Sondern es geht auch um die Zentralen, in denen über die Anwendung der uns bedrohenden Raketen entschieden wird."
Familien sollen besser entlastet werden
Den zeitlich weitaus größten, ersten Teil seiner Rede widmete der Präsident innenpolitischen Projekten. Offenkundig wollte er Signale an eine Bevölkerung aussenden, die ihm laut Umfragen immer weniger vertraut. Besonders Familien sollten mehr staatliche Unterstützung erfahren. Er nannte Direktzahlungen, Steuererleichterungen sowie günstige Kredite zum Erwerb von Wohnraum.
"Die Einkommen russischer Familien müssen steigen. Vor allem muss die Steuerlast für Familien verringert werden. Es sollte ein einfaches Prinzip gelten: je mehr Kinder, desto weniger Steuern."
Außerdem versprach er den Ausbau von Betreuungsplätzen für Kleinkinder, was auch eine Reaktion auf die im vergangenen Herbst beschlossene Rentenreform ist. Sie erhöht das Renteneintrittsalter schrittweise und macht es der älteren Generation schwieriger, sich in ihrer Freizeit um die Enkel zu kümmern. Aber auch für Rentner hatte Putin eine gute Nachricht: Besonders niedrige Renten sollen steigen.
Geld für Projekte vorhanden
Er ging zudem auf die Müllentsorgung ein, ein Thema, das in Russland zurzeit vielen Menschen wichtig ist: Die Gebühren für Abfallentsorgung sind gestiegen, doch gibt es reihenweise Deponien, die schlecht gewartet werden.
"Aber wenn alles auf höhere Gebühren für die Müllabfuhr hinausläuft, ist das Missbrauch. Menschen sollten sehen, wofür sie nicht wenig Geld zahlen und was sich real verändert."
Das Geld für die genannten Projekte sei vorhanden, sagte Putin. Rechnen und umsetzen müssen nun Regierung, Parlament und Gouverneure. Viele Projekte, darunter auch der Bau von Eisenbahnlinien, neuen Flughäfen, Digitalisierung, eine bessere Gesundheitsversorgung und Bildung, Investitionen in Sibirien und dem Fernen Osten, gehören meist zum Repertoire der Reden Putins. Prestigeprojekte werden fertiggestellt. Vieles andere aber lässt auf sich warten.