Auf dem Weg von Erbil nach Kirkuk. Die Luft riecht plötzlich nach Erdöl, rechts und links der Straße Raffinerien und Betriebe der Petrochemie. Wer Kirkuk in der Hand hat, kontrolliert einige der wichtigsten Ölfelder des Irak. Als der IS vor drei Jahren Mossul überrannte, reagierten die Kurden sofort: Blitzschnell übernahmen ihre Peshmerga Kirkuk. Die irakische Zentralregierung hat dort seitdem nichts mehr zu sagen. Dieser Mann in der Stadt, ein Turkmene, findet das gut:
"Die Kurden kennen den Wert des menschlichen Lebens und respektieren auch die Minderheiten, mit denen sie zusammenleben. Die andere Seite hingegen hat davon noch nie was gehört."
Kirkuk ist seit jeher nicht nur die Heimat von Kurden, sondern auch von Arabern und Turkmenen. Während der vergangenen Jahre sind zehntausende Kurden nach Kirkuk zurückgekehrt - der Versuch, historisches Unrecht gutzumachen: ihre Vertreibung durch den damaligen Präsidenten Saddam Hussein im Zuge einer gezielten Arabisierung. Soll Kirkuk ein Teil von Zentralirak sein oder Teil der kurdischen Autonomieregion - darüber gibt es seit Jahren Streit, Kirkuk gilt als sogenanntes "umstrittenes Gebiet".
Volksabstimmung ist für Ende September angesetzt
Die Kurden wollen nun weitere Fakten schaffen. Die Volksabstimmung über eine Unabhängigkeit von Irakisch-Kurdistan, die der kurdische Präsident Masoud Barzani für Ende September angesetzt hat, soll auch in Kirkuk und in anderen "umstrittenen Gebieten" stattfinden, die die Kurden derzeit kontrollieren. Dieser Araber in Kirkuk hat damit keine Probleme - er lobt, wie die Kurden die Stadt verwalten:
"Hoffentlich wird die Zukunft noch besser. Wir möchten, dass das Referendum noch viel schneller durchgezogen wird. Für uns Araber wäre es sehr gut, wenn wir ein Teil von Kurdistan würden. Wir bekommen große Unterstützung von den Kurden. Und wir möchten lieber in einem Staat Kurdistan leben, als ein Teil Iraks zu sein."
Doch die offiziellen Vertreter von Arabern und Turkmenen in Kirkuk sehen das anders und fürchten um ihre Rechte als Minderheiten. Und auch die PUK, die kurdische Partei, die Kirkuk kontrolliert, sieht Barzanis Vorgehen skeptisch. Rawand Mullah Mahmoud von der PUK:
"Wir hätten alle Volksgruppen und Konfessionen an einen Tisch bringen sollen, um ihnen genau zu sagen, was wir vorhaben - und dass sie ein Teil des neuen Staats sein werden - und dass sie auch dann alle Rechte genießen werden."
Angst vor neuem Bürgerkrieg
Wesentlich schärfer - die Kritik, die der kurdische Abgeordnete Rabun Marouf von der Gorran-Bewegung am geplanten Referendum hat.
Der Abstimmung fehle eine Rechtsgrundlage, sagt Marouf. Präsident Barzani wolle damit seine eigene Macht festigen; dabei sei seine Amtszeit längst abgelaufen. Barzani handele immer autoritärer und undemokratischer, sagt der Abgeordnete - und ruft zu einem Boykott der Abstimmung auf:
"In diesem politischen Kontext bin ich persönlich gegen das Referendum, und ich tue alles, um es zu delegitimisieren - damit Barzani danach nicht behaupten kann, für sein Amt und seine Agenda wieder Legitimation erhalten zu haben."
Marouf fürchtet, dass das Referendum den Konflikt zwischen den Kurden im Irak und den schiitischen Arabern, die die Zentralregierung dominieren, verschärfen könnte - bis hin zu einem neuen Bürgerkrieg.