Die Spaltung der türkischen Gesellschaft, die sich seit der Präsidentschaft von Recep Tayyip Erdogan vollziehe, werde sich auch nach dem Verfassungsreferendum fortsetzen. Die Sehnsucht nach einem türkischen Führer scheine bei zahlreichen Befürworten sehr groß zu sein, ergänzte Gieler. Interessant dabei sei, dass das Militär nach der neuen Verfassung kaum Mitsprache mehr habe.
Die 18 Änderungen in der bisherigen Verfassung seien in der Breite der Bevölkerung gar nicht diskutiert worden.
Es gehe im Kern innenpolitisch vor allem um die Zielsetzung, dass der Staatsgründer Kemal Atatürk aus den Geschichtsbüchern als Vater der Türken verschwinde. Seit dem Machtantritt von Erdogan habe es eine starke Re-Islamisierung in der türkischen Gesellschaft gegeben.
Diese Rückbesinnung auf religiös geprägte Werte sei für Erdogan von zentraler Bedeutung, insbesondere auch um die von ihm verhasste ehemalige Führungselite um die Kemalisten in Militär und Politik zu bekämpfen. "Das ist die Positionierung zu sagen, ich bin jetzt auch der neue Führer der Türkei und bin quasi der neue Atatürk."
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