Allein in Deutschland können rund 1,4 Millionen Türken mit "Evet" (Ja) oder "Hayir" (Nein) stimmen. Zwei Wochen lang (bis zum 9. April) können sie ihre Stimmzettel an 13 Wahlorten abgeben. Dann werden die Wahlurnen in die Türkei gebracht und erst dort geöffnet.
Der Vorlauf zur Abstimmung hatte bereits hohe Wellen geschlagen und zu einem ausgiebigen Streit zwischen der Türkei, Deutschland und den Niederlanden geführt - weil türkischen Ministern Wahlkampfauftritte verboten wurden.
Laut Umfragen wird es knapp
In der Türkei findet das Referendum am 16. April statt. Mindestens 51 Prozent müssten für die Verfassungsänderung stimmen, damit das Vorhaben umgesetzt werden kann. Laut den letzten Umfragen in der Türkei könnte es knapp werden. Nach Ansicht von Gökay Sofuoğlu, dem Bundesvorsitzenden der Türkischen Gemeinde, wird das Ergebnis der Abstimmung von der Beteiligung in Deutschland abhängen.
Das Erdogan-Lager habe das Potential in Deutschland ausgeschöpft, sagte Sofuoğlu im Deutschlandfunk. Alle, die sich jetzt entscheiden, doch zur Wahl zu gehen, würden wohl gegen die geplante Reform stimmen.
Genauso wie die AKP versucht auch die türkische Opposition, Wähler in Deutschland an die Urnen zu bringen. Die pro-kurdische HDP wirbt für ein "Nein" beim Referendum - auch aus ihrer Sicht wäre ein Boykott der Wahl ein Blankoscheck für Erdogan.
Umstrittenes Präsidialsystem
Staatschef Erdogan plant ein Präsidialsystem, das ihm deutlich mehr Macht verleihen würde. Das Amt des Ministerpräsidenten würde durch die Verfassungsänderung abgeschafft, künftig wäre der Präsident Staats- und Regierungschef. Die wichtigsten Änderungen können Sie hier nachlesen.
Die Regierungspartei AKP preist die Reform als Fortschritt, europäische Verfassungsexperten befürchten, dass die Türkei einen Kurs einschlagen könnte, der das Land wegführt von der Demokratie.
Die Experten der Venedig-Kommission haben zwar keine prinzipiellen Einwände gegen ein Präsidialsystem; aus ihrer Sicht mangelt es in der türkischen Variante aber an einer Gewaltenteilung, die davor schützen würde, dass das Präsidialsystem zu einem autoritären Regime mutieren kann. In ihren Augen werden Justiz und Parlament eher geschwächt statt wie von der AKP behauptet gestärkt. Etwa, weil der Präsident eigenmächtig Vizepräsidenten, Minister und alle hohen Staatsbeamten benennen und Dekrete erlassen kann, ohne dass die Abgeordneten ein Mitspracherecht hätten. In ihrem Bericht befürchtet die Kommission einen "gefährlichen Rückschritt in der verfassungsmäßigen demokratischen Tradition der Türkei".