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Reform der Eurozone
Konflikte wird die Zeit lösen

Ideen für die notwendige Reform der Eurozone gibt es einige - vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron, von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Entsprechend viele Konflikte gibt es. Also wird dieses Jahr wohl nur das beschlossen werden, was schon Konsens ist.

Von Peter Kapern |
    Obere Hälfte einer italienischen Ein-Euro-Münze vor schwarzem Hintergrund.
    Eine italienische Ein-Euro-Münze (picture alliance / Karl-Josef Hildenbrand)
    Eigentlich könnte man diesen Beitrag ganz kurz fassen. Ein Satz genügt, um das Problem zu umreißen und gleich noch eine Lösung zu versprechen. Ein einziger Satz der Kanzlerin:
    "Emmanuel Macron hat an der Sorbonne eine Rede gehalten, Jean-Claude Juncker hat jetzt Vorschläge gemacht, Deutschland hat auch seine Vorstellungen und ich glaube, daraus wird etwas sehr gutes Neues."
    Also: Einfach abwarten, bis es so weit ist. Im Juni soll sie ja beschlossen werden, die Reform der Eurozone. Und im März schon wollen Frankreich und Deutschland ihre Position abgestimmt haben.
    Aber die Ausgangslage ist einfach zu interessant, um nicht doch in die Details zu gehen. Denn die Vorschläge, die Immanuel Macron und Jean-Claude Juncker unterbreitet haben, sind sehr unterschiedlich, und die deutschen Vorstellungen, von denen die Bundeskanzlerin da beim EU-Gipfel im Dezember sprach, dürften in Wahrheit erst nach abgeschlossener Regierungsbildung erkennbar werden.
    Macron will europäischen Finanzminister
    Emmanuel Macron: Er will der Eurozone einen eigenen Haushalt verschaffen. Um gemeinsam Investitionen zu stemmen und Euroländer zu unterstützen, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken. Das alles soll ein Finanzminister beaufsichtigen:
    "Ein Budget kann nicht ohne starke Führung funktionieren, sondern nur mit einem gemeinsamen Minister und einer anspruchsvollen parlamentarischen Kontrolle auf europäischer Ebene."
    Also, Macron will: Einen Haushalt, einen Minister - und ein Eurozonenparlament.
    Was Jean Claude Juncker, der Kommissionspräsident will, klingt gar nicht so sehr anders. Ist es aber. Auch er will mehr Geld für Investitionen und zur Absicherung in Not geratener Mitgliedstaaten. Der Geldtopf soll aber Teil des EU-Gesamthaushalts sein und damit allen EU-Staaten zu Gute kommen, nicht nur den Euroländern. Und der Finanzminister, den Juncker vorschlägt, wäre ein Super-Kommissar, der gleichzeitig Chef der Eurogruppe sein soll. Er würde also einen Doppelhut tragen.
    Juncker will EU stärken
    "Der europäische Wirtschafts- und Finanzminister soll alle Finanzierungsinstrumente der EU koordinieren, die in Bewegung gebracht werden müssen, wenn ein Mitgliedstaat von einer Rezession oder einer Fundamentalkrise betroffen wird."
    Also, Juncker will: Eigentlich dasselbe wie Macron, nur eingefügt in die Gemeinschaftsinstitutionen, unter der Kontrolle der EU-Kommission und des Europaparlaments. Während Macron alle Neuerungen im Einflussbereich der Regierungen der Euroländer belassen will. Wie könnte dieser Gegensatz überbrückt werden? Zum einen durch die Anwendung des Grundsatzes, dass derjenige die Musik bestimmt, der auch die Kapelle bezahlt. Und da es die Mitgliedstaaten sind, vor allem die Euroländer, die das Geld zur Verfügung stellen, dürften sich die Hauptstädte im Armdrücken mit der EU-Kommission durchsetzen.
    Bleibt noch ein anderer Gegensatz zu überbrücken, der zwischen Macron und den südlichen Euroländern auf der einen Seite und Deutschland und den nördlichen Euroländern auf der anderen Seite. Letztere fürchten, ein Eurozonenhaushalt und ein Eurozonenminister würden vor allem davon ablenken, dass sich die südlichen Euroländer zunächst einmal selbst helfen müssen: mit Reformen, dem Abbau von Schulden und Altlasten. Das klingt zum Beispiel an, wenn die Bundeskanzlerin Sätze wie diesen drechselt:
    Lösungen im Laufe der Zeit
    "Dann muss man natürlich auch gucken: Geld alleine löst das Problem nicht unbedingt, sondern ich muss gucken, welche governance habe ich, was sind die best practices, wo sind die besten Resultate entstanden."
    Die Lösung für diesen Konflikt dürfte auf der Zeitschiene liegen. Zunächst einmal wird in diesem Jahr auf die Schiene gesetzt, was schon jetzt weitgehend Konsens ist. Alles andere wird als Projekt in die Zukunft verschoben:
    "Im Übrigen kann man sich ja vieles als einen Prozess darstellen. Es geht um Einstiege, es geht um Entwicklungen, man muss wissen, wo man einmal hin will."
    Bis zum Sommer dürfte also der Umbau des Rettungsschirms ESM zu einem europäischen Währungsfond verabredet werden. Und die Vollendung der Bankenunion durch einen europäischen Einlagensicherungsfond, gegen den sich Deutschland so lange gewehrt hat. Und so könnte alles Weitere, der europäische Finanzminister und der Eurozonenhaushalt auf der To-do-Liste für 2019 folgende landen.