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Reform der Grundsteuer
Boden besteuern statt Spekulation fördern

Unbebaute und bebaute Grundstücke sollten steuerlich gleich behandelt werden, sagte NABU-Steuerfachmann Philipp Heuer im Dlf. Sonst fehle der Anreiz, brach liegende Flächen in den Städten zu bebauen. Stattdessen würden dann mehr Flächen außerhalb genutzt, die eigentlich der Natur vorbehalten seien.

Philipp Heuer im Gespräch mit Georg Ehring |
In Leipzig drehen sich die Baukraene, es wird an allen Ecken gebaut. Mit Lueckenschliessungen wird unter anderem Wohnraum geschaffen. Rechts im Bild die Handwerkskammer zu Leipzig, links das Cityhochhaus. Mit Stempel Denkfabrik
Die Reform der Grundsteuer führt die bestehenden Probleme fort, sagte Philipp Heuer (NABU) im Dlf (dpa / Zentralbild / Volkmar Heinz )
Georg Ehring: Am Freitag will der Bundesrat über die Reform der Grundsteuer abstimmen, ganz kurz vor Toresschluss, denn die derzeitige Regelung ist verfassungswidrig. Wenn es bis zum Anfang kommenden Jahres keine Neuregelung gibt, dann kann die Grundsteuer überhaupt nicht mehr erhoben werden. Der jetzt gefundene Entwurf soll viele Interessen unter einen Hut bringen und auch aus Umweltsicht ist es nicht egal, wie die Grundsteuer ausgestaltet ist. Am Telefon begrüße ich Philipp Heuer. Er beschäftigt sich beim Naturschutzbund mit der Grundsteuer. Guten Tag, Herr Heuer!
Philipp Heuer: Schönen guten Tag, Herr Ehring.
Ehring: Herr Heuer, ist denn der jetzt gefundene Kompromiss ein Fortschritt, wenn es etwa darum geht, den Flächenverbrauch einzudämmen?
Heuer: In unseren Augen ist es kein Fortschritt, weil er im Grunde genommen dieselben Probleme, die die bestehende Grundsteuer hat, fortführt.
Spekulation mit brach liegenden Flächen in Städten
Ehring: Das heißt? Welche Probleme sind das?
Heuer: Das zentrale Problem, das wir bei der Grundsteuer sehen, ist, dass das Gebäude mit in die Besteuerung, in die Bemessungsgrundlage einbezogen wird. Das führt dazu, dass man, wenn man nicht baut auf einer Fläche, dass das von Vorteil ist. Das bedeutet insofern, wenn ich mit einem Boden spekuliere, dass es deutlich sinnvoller ist, und wenn eine Gemeinde ein Grundstück ausweist, die Infrastruktur bereitstellt, habe ich keinen Anreiz, darauf zu bauen.
Das führt dazu, dass es attraktiver ist, mit Grundstücken in Innenstadtbereichen zu spekulieren, sie quasi liegen zu lassen und die Bodenwertsteigerung abzuwarten, dass ich dann rentabler verkaufen kann. Dadurch, dass diese Flächen nicht zur Verfügung stehen, wird insgesamt mehr Fläche im Außenbereich benötigt. Das heißt, die Innenverdichtung wird damit blockiert. Es findet kein Anreiz statt, die Innenentwicklung zu fördern. Dafür werden immer mehr Flächen benötigt auch im Außenbereich, und das sind natürlich die attraktiven Flächen, die eigentlich für Natur und für Landwirtschaft vorgesehen sind.
Bodenwertsteuer richtet sich nach der Lage
Ehring: Was kann die Grundsteuer denn in diesem Bereich leisten?
Heuer: Wenn man sich ein anderes Modell der Grundsteuer vorstellen würde, so wie die Bodenwertsteuer, die der Aufruf "Grundsteuer: Zeitgemäß!" fordert, da würde man einfach nur nach der Lage betrachten und nicht das Gebäude betrachten. Dadurch fördert man quasi da, wo wirklich attraktive Lagen sind, wo Lagen sind, die wirklich im Innenstadtbereich liegen. Dort kommt dann ein finanzieller Anreiz, dass man diese Grundstücke wirklich dafür nutzt, dass die bebaut werden. Man unterstützt die Städte dabei, die Flächen zu bebauen, die die Städte bebaut haben möchten, und dadurch werden weniger Flächen dort bebaut, wo es nicht sinnvoll ist.
Ehring: Nach dem jetzigen Modell werden dann die möglichen Einnahmen auch berücksichtigt. Ist das nicht gerechter?
Heuer: Im Grunde genommen ergeben sich die Einnahmen oder der Wert von einem Grundstück ergibt sich aus der Lage, aus den Bodenrichtwerten. Diese Bodenrichtwerte würden bei uns im Zentrum stehen. Bei der Idee der Bundesregierung jetzt wäre es so, dass auch noch die Durchschnittsmieten mit eingerechnet werden, was eigentlich einen abschwächenden Effekt hätte. Dadurch würde quasi der Wert des Grundstücks weniger mit einberechnet werden, als es normalerweise der Fall wäre.
Flächensteuer begünstigt Gutbetuchte
Ehring: Länder können von der bundesweit gefundenen Regel ja abweichen. Ist dann in manchen Ländern doch eine flächenschonendere Grundsteuer möglich und erwarten Sie das?
Heuer: Das erhoffen wir uns auch. Deswegen stehen wir dem auch positiv gegenüber. Abzuwarten ist natürlich, wie sich die Länder entscheiden. In Baden-Württemberg gibt es ja durchaus eine Bürgermeisterinitiative, die sich für die Bodenwertsteuer ausspricht. Wenn man jetzt aber den Blick auf beispielsweise Bayern richtet: Die verfolgen das Modell einer Flächensteuer, was wir für noch schädlicher für die Umwelt sehen und im Übrigen auch als verfassungswidrig ansehen.
Ehring: Warum?
Heuer: Weil es durch diese Steuer zu einer erheblichen Ungleichbehandlung der einzelnen Grundstücke kommen würde.
Ehring: Das würde heißen, alle Flächen werden über einen Kamm geschoren, oder wie soll ich das verstehen?
Heuer: Genau. Alle Flächen würden, egal ihrer Lage, je nachdem gesehen. Es würde rein das Baugrundstück, Ihre Wohnfläche würde nur noch zählen. Das heißt, ein großes Grundstück, was in einer schlechten Lage liegt, würde mehr Steuern bezahlen als ein kleines Grundstück oder ein ähnlich großes Grundstück in einer Toplage – eine Bevorteilung der Gutbetuchten zu Ungunsten der Schlechtergestellten.
Hebesatz für Windkraftanlagen guter Ansatz
Ehring: Kommunen sollen einen besonderen Hebesatz für Windkraftanlagen etwa im Wald festlegen dürfen. Wird das, wie beabsichtigt, die Windkraft fördern?
Heuer: Das kann ich nicht abschließend bewerten. Das ist eine schwierige Frage. Ich gehe davon aus, es ist ein Ansatz. Man muss natürlich betrachten, dass Windkraftanlagen mehr Wert durch den Boden schöpfen als eine normale landwirtschaftliche Fläche. Also könnte man Kommunen durchaus anraten, hier eigene Hebesätze anzusetzen. Generell sehen wir allerdings, dass Extra-Hebesätze für einzelne Bereiche erhoben werden, eher kritisch.
Was wir uns vorstellen könnten, wäre zum Beispiel, dass Windkraftanlagen auch unter die bebauten Flächen fallen. Derzeit fallen sie ja noch als landwirtschaftliche Flächen, wodurch ein deutlich geringerer Wert an Steuern eingenommen wird, weil da ja zwischen der Grundsteuer A und Grundsteuer B unterschieden wird. Wenn man jetzt aber rein mit der Bodenwert-Idee auch die Windkraftanlagen bewerten würde, wäre das eine Alternative, die wir uns auch vorstellen könnten.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.