Sogenannte Rettungsgassen-Rowdies machten zuletzt immer wieder Schlagzeilen: Erst am Dienstag war ein 36-Jähriger auf der A4 bei Köln durch die Rettungsgasse bis zur Stelle eines schweren Unfalls vorgefahren.
Die neue Straßenverkehrsordnung soll für solche Verstöße nun die Strafen verschärfen: Wer keine Rettungsgasse bildet oder dort fährt, muss mit 320 Euro Bußgeld, dazu einem Monat Fahrverbot und zwei Punkten in Flensburg rechnen.
Der Entwurf des Bundesverkehrsministeriums sieht auch härtere Strafen für unerlaubtes Parken in zweiter Reihe und auf Geh- und Radwegen vor. Das Bußgeld steigt demnach von bis zu 30 Euro auf bis zu 100 Euro. Das dreiminütige Halten auf den gestrichelten Radspur-Schutzstreifen soll künftig verboten sein. Der Mindestabstand beim Überholen von Radfahrern, Elektrorollern und Fußgängern wächst innerorts verbindlich auf anderthalb Meter. Ein neues Schild soll an Gefahrenstellen Autos das Überholen von Fahrradfahrern verbieten.
Paradigmenwechsel erkennbar?
Wird also CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer seiner Aussage, er sei auch Fahrradminister, gerecht? Ein bisschen, sagt Burkhard Stork, Geschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs, ADFC:
"Ich sehe, dass dieser Minister Impulse aufnimmt von außen, aber auch aus dem eigenen Haus, tatsächlich Dinge zu machen, die dem Radverkehr auch guttun. Ich kann aber den Paradigmenwandel, der wirklich sagt: Lass uns überall da, wo viele Menschen auf einem Fleck wohnen, mal wirklich dem Auto und dem motorisierten Individualverkehr ein bisschen Platz wegnehmen und lass uns ihn wirklich zurückschieben gegenüber Fahrradfahrern, Zu-Fuß-Gehenden und anderen Dingen – diesen Paradigmenwandel kann ich noch nicht erkennen."
Weil viele Straßen mit Fahrzeugen überfüllt sind, wird es künftig womöglich auch auf Busspuren enger: Bundesländer[*] können diese künftig für Pkws freigeben, wenn im Auto mindestens drei Personen sitzen. Das Ministerium will so Fahrgemeinschaften fördern. Auch Elektrokleinstfahrzeuge wie die E-Scooter sollen künftig die Busspur nutzen können. Andreas Knie, Mobilitätsforscher am Wissenschaftszentrum Berlin, ist nicht überzeugt.
"Die Busspuren, muss man erstmal sagen, sind jetzt schon heiß umkämpft. Sie sind oft zugeparkt. Wenn man das in Großstädten sieht, funktionieren sie eigentlich nicht wirklich. Und dort sollen tatsächlich die Autos fahren, die wirklich viele Menschen transportieren, und das sind eben diese Großgefäße wie Busse."
Flexible Regeln fördern
Mit der Straßenverkehrsordnung gibt das Verkehrsministerium den Rahmen vor, die Städte und Gemeinden können eigene Akzente setzen. Der Mobilitätsexperten Knie hält vor allem die vorgesehene Lockerung der sogenannten Erprobungsklausel für ein hilfreiches Instrument, auf lokaler Ebene unbürokratisch neue Ideen auszuprobieren.
"Früher konnte man auch in die Straßenverkehrsordnung nur eingreifen, wenn Gefahr droht. Wenn irgendwas Schlimmes ist, wenn ein Wasserschaden ist oder wenn irgendwas gerissen war. Das kann man jetzt auch leichter machen, wenn man nämlich was ausprobieren will: Wenn man mal eine neue Einbahnstraße ausprobieren will, wenn man eine neue Fußgängerzone ausprobieren will, wenn man eine neue Radstraße ausprobieren will. Das soll jetzt leichter gehen, da hoffen wir, dass das von den Kommunen auch gezogen werden kann, dann kann man tatsächlich mit dem Straßenraum neu diskutieren."
Der Entwurf für die neue Straßenverkehrsordnung steckt noch in einer frühen Phase. In der kommenden Woche geht das Papier in die Ressortabstimmung mit den anderen Ministerien, die Novelle muss dann vom Bundestag, aber auch vom Bundesrat verabschiedet werden.
[*] Anmerkung der Redaktion: An dieser Stelle wurde im Text eine Korrektur vorgenommen. Die Freigabe von Busspuren für Pkw soll den Bundesländern erlaubt werden.