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Reform der Straßenverwaltung
Holpriger Start der Autobahn GmbH

In der Föderalismusreform 2017 wurde beschlossen, dass die Zuständigkeit für Planung, Sanierung und Betrieb der Autobahnen von den Ländern auf den Bund übertragen wird. Seit 1. Januar gibt es dafür nun eine Bundesgesellschaft - doch an vielen Stellen hakt es noch. Die Kosten sind explodiert.

Von Nadine Lindner |
Die Scheinwerfer vorbeifahrender Fahrzeuge ziehen am Morgen auf der Autobahn 4 Lichtspuren
Seit dem 1. Januar kümmert sich eine Bundes-GmbH um die Autobahnen (picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Robert Michael )
Draußen auf den Autobahnen hat sich in der Praxis erst einmal gar nichts geändert. Die wichtigsten Weichenstellungen für die Hauptverkehrsadern passieren hinter den Kulissen, mit dem ersten Arbeitstag der Autobahn GmbH. Es geht um die Planung neuer Strecken, Sanierung und Betrieb, also beispielsweise Winterdienst. Seit dem Jahreswechsel liegt das zentralisiert in einer Bundes-GmbH, vorher waren die Länder zuständig. Verkehrsminister Andreas Scheuer verteidigt kurz vor dem Start sein Konzept im ZDF:
"Ich setze einen Reformauftrag um. Um das Autobahnnetz noch besser zu gestalten und die Verwaltung noch effizienter."

Autobahn GmbH ist Ergebnis der Föderalismusreform von 2017

Scheuer hat das Thema – wie schon die gescheiterte PKW-Maut – von seinem Vorgänger und CSU-Parteifreund Alexander Dobrindt geerbt. Die Autobahn GmbH ist das Ergebnis der Förderalismusreform von 2017.
"Ich appelliere daran, dass sie dieser neuen Reform, der größten Verwaltungsreform in der Geschichte der Autobahn, eine Chance geben."
Die 13.000 Autobahnkilometer gehören eigentlich dem Bund, er gibt auch das Geld. Aber der Betrieb, die Sanierung und der Bau neuer Strecken lag in der Verantwortung der Länder. Und die haben das mit unterschiedlichem Tempo und Ehrgeiz betrieben. Mit der Reform soll mehr Tempo in die jahrelangen Planungsverfahren kommen.
In der Theorie ist das ein sinnvoller Ansatz, findet der FPD-Verkehrspolitiker Oliver Luksic, denn die Autobahnen müssten in Zukunft noch mehr leisten als heute, die Stichworte sind Elektro-Mobilität oder autonomes Fahren, dafür brauche es neue Infrastruktur: "Gerade in solchen Themen, Innovation und Verkehrsmanagement, ist es absolut notwendig, dass alles aus einer Hand kommt. Das kann nicht von 21 Auftragsverwaltungen der Länder kommen."

Umsetzung ist auf vielen Ebenen holprig

Trotz des vorsichtigen Lobes: Für den Liberalen Luksic ist die Umsetzung durch das Verkehrsministerium gut gedacht, aber schlecht gemacht. Schon seit Monaten gibt es heftige Kritik. Und die entzündet sich an gleich mehreren Punkten. Der Personalübergang ist holprig, noch sind erst gut 10.000 der 13.000 geplanten Mitarbeiter da, nicht alle wollen aus den Landesverwaltungen zur GmbH wechseln. Auch die vielen verschiedenen IT-Systeme aus den Länder sind noch nicht miteinander kompatibel.
Andreas Scheuer CSU, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur
Andreas Scheuer (CSU) ist der zuständige Minister für die Autobahn GmbH (imago-images /Rüdiger Wölk)
Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Rainer Holznagel, beklagt zudem im Gespräch mit dem Deutschlandfunk-Hauptstadtstudio eine Kostenexplosion beim Aufbau der GmbH. Statt ursprünglich gut 40 Millionen Euro fallen jetzt über 300 Millionen Euro an: "Man hat von Anfang an die Größenordnungen nicht richtig kalkuliert, aus meiner Sicht."
Ein Problem, das Verkehrsminister Scheuer im ZDF unumwunden einräumt: "Also die Reform ist komplexer wie in der letzten Wahlperiode eingeschätzt."
Für den grünen Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler zeigen sich hier grundsätzliche Probleme: "Die Kostenexplosionen bei der Autobahn GmbH sind enorm. Und das liegt auch daran, dass das Bundesverkehrsministerium und der dafür verantwortliche Minister Andreas Scheuer das hat einfach laufen lassen."
Ärger gab es auch bei der Frage, ob in Managementpositionen überhöhte Gehälter versprochen wurden. Das Verkehrsministerium war so besorgt, dass es selbst externe Prüfer hinzuzog. Der Bericht ist fertig, wird aber nicht veröffentlicht. Kindler beklagt hier mangelnde Transparenz.

In den kommenden Jahren könnte es Finanzprobleme geben

Auch in den kommenden Jahren könnte es Finanzprobleme geben. Für dieses Jahr sind knapp 1,8 Milliarden Euro im Bundeshaushalt eingeplant. Schon jetzt ist klar, dass das nicht reicht. In den nächsten Jahren könnte die Lücke mittelfristig auf 2,7 Milliarden Euro anwachsen. Die Folgen beschreibt der liberale Verkehrspolitiker Luksic.
"Es gibt im Haushalt einen Passus, dass steigende Verwaltungskosten durch den Etat für Sanierung und Investition abgedeckt werden können. Deswegen teile ich die Sorge der Bauindustrie, dass wir in den nächsten Jahren eine riesige Finanzierungslücke haben."
Die Autobahn GmbH – ein verkehrspolitisches Mammutprojekt mit Anlaufschwierigkeiten.