Demenz-Kranke und Menschen mit beginnender Demenz profitieren am meisten vom neuen Begriff der Pflegebedürftigkeit. Denn bislang hing die Einstufung und damit auch die Höhe der Leistungen stark davon ab, ob jemand körperlich beeinträchtigt war, sagt Gisela Rohmann, Pflegeexpertin von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.
"Häufig haben Demenzkranke keine oder geringe körperliche Einschränkungen. Aber der Pflegalltag ist eben sehr stark durch die Demenzerkrankung bestimmt. Also, man kann jemanden nicht allein lassen, da ist die Pflegeperson sehr stark gebunden. Demenz wird stärker berücksichtigt Und das wird jetzt stärker berücksichtigt, was absolut positiv zu bewerten ist."
Vormals Pflegestufe eins mit Demenzerkrankung ist im neuen System also Pflegegrad drei, macht 545 Euro Pflegegeld statt 316 Euro bislang.
Es werden nicht mehr die Pflegeminuten addiert
Kommt ein ambulanter Pflegedienst nach Hause, gibt es dafür fast 1.300 Euro, etwa doppelt so viel wie vorher. Wer 2017 erst einen Antrag auf Pflegeleistungen stellt, macht dafür wie gehabt einen Termin mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen aus, kurz MDK. Anders als früher addieren dessen Gutachter beim Hausbesuch jetzt nicht mehr die benötigten Pflegeminuten, sondern sie nehmen vor allem unter die Lupe, wie selbständig der Pflegebedürftige im Alltag agiert. Der Gutachter lässt sich zeigen, ob jemand vom Stuhl aufstehen oder auf der Ebene gehen kann, so Brigitte Seitz vom MDK Rheinland-Pfalz.
"Oder bei kognitiv eingeschränkten Personen wird er sich Räumlichkeiten in der Wohnung zeigen lassen, um zu sehen, wie die örtliche Orientierung in der Wohnung ist, oder er wird sich Handlungsketten zeigen lassen. Zum Beispiel: Kann er sich noch die Hände waschen – um einfach zu sehen: Können solche Handlungsabfolgen noch durchgängig umgesetzt werden oder sind Impulsgaben der Pflegeperson erforderlich, dass er beim Händewaschen erst mal vergisst, das Wasser aufzudrehen, oder sich nicht die Seife nimmt und man ihm immer wieder die Impulse geben muss."
Um sich ein vollständiges Bild zu machen, legt der MDK Wert darauf, dass die Pflegenden bei der Begutachtung anwesend sind. Die Verbraucherzentrale empfiehlt, sich auf den Besuch des Medizinischen Dienstes und auf dessen Urteilskriterien vorzubereiten.
Wissen, worauf es bei der Begutachtung ankommt
Die wichtigsten für die Einstufung und damit auch die Höhe des Pflegegeldes sind Fragen der Körperpflege, Ernährung und Toilettennutzung beziehungsweise der Umgang mit Inkontinenz oder Katheter.
"Und als Zweites ist, dass therapiebedingte Belastungen jetzt auch bei der Ermittlung des Pflegegrades eine Rolle spielen, zum Beispiel Verbandswechsel oder Medikation, also wenn Medikamente gegeben werden. Oder wenn physiotherapeutische Übungen durchgeführt werden müssen. Also, da ist es schon gut, wenn man weiß, dass so was jetzt auch mitzählt, dass man da entsprechend vorbereitet ist, worauf es ankommt."
Blutzucker-Messungen, Insulingaben, Inhalation - bei pflegebedürftigen Senioren oder Kindern wird dieser Aufwand jetzt berücksichtigt. Pflegenden Familienangehörigen rät Gisela Rohmann von der Verbraucherzentrale mit Blick auf neue Untergrenze bei den Wochenstunden:
"Dass die sich das noch mal anschauen, wie viel Zeit da im alten Gutachten festgestellt wurde, denn diese Zeit ist von 14 auf 10 Stunden reduziert, und da sollte man gucken, ob man da jetzt nicht im neuen Jahre einen Anspruch auf Rentenversicherungsbeiträge als Pflegeperson hat."
Als Pflegeperson die Rente aufbessern
"Rentenrelevant wird es immer dann, wenn der Pflegegrad zwei erreicht wird und die Pflegeperson mindestens zehn Stunden an mindestens zwei Tagen in der Woche pflegerisch oder auch betreuerisch tätig wird", ergänzt Brigitte Seitz vom MDK.
Und ermutigt, den Hausbesuch des Gutachters auch zu nutzen, um sich beraten zu lassen, wie die Pflege zuhause optimiert werden kann.