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Reform
Linke: Leiharbeiter mit dem neuen Gesetz schlechter dran

In der Regel erhält ein Leiharbeiter nur 58 Prozent des Durchschnittslohns. Um den Missbrauch mit der befristeten Beschäftigungsform einzudämmen, hat die Große Koalition eine Reform der Leiharbeit auf den Weg gebracht. Aus Sicht der Linkspartei geht das Gesetz an der Mehrheit der Leiharbeiter vorbei.

Von Paul Vorreiter |
    Schichtarbeiterinnen in einer Textilfirma am Fließband.
    Die Linke fordert eine langfristige Abschaffung der Leiharbeit: Kurzfristig eine gleiche Bezahlung wie in der Stammbelegschaft, plus Flexibilitätszulage. (imago stock&people)
    Es ist wohl das arbeitsmarktpolitische Unwort schlechthin: Leiharbeit. Niemand will davon betroffen sein und doch rutschen immer mehr Menschen in diese Art der Beschäftigung ab, wie eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken nahelegt.
    Im Dezember 2016 gab es demnach gut 990.000 Menschen in Leiharbeit, gut vier Prozent mehr als im Jahr davor. Was die Antwort der Bundesregierung auch offenbart: Der Trend geht in eine Richtung, nämlich nach oben. Warum ist das so?
    "Arbeitsagenturen als Durchlauferhitzer"
    Karl Brenke, Arbeitsmarktexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin: "Die Industrie setzt besonders häufig Leiharbeiter ein und sie hat gegenwärtig ein boomendes Geschäft, insbesondere was die Exportaufträge anbelangt. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, dass faktisch die Arbeitsagenturen als Durchlauferhitzer für die Zeitarbeitsfirmen agieren, denn gerade wenig qualifizierte Arbeitslose werden von Leiharbeitsfirmen nachgefragt und von Arbeitsagenturen weitergereicht."
    Bei der Leiharbeit wird ein Beschäftigter von einem Arbeitgeber gegen Geld an eine andere Firma ausgeliehen. Unabhängig davon, wo er eingesetzt wird, wird er meist von der Zeitarbeitsfirma bezahlt. In der Regel erhält ein Leiharbeiter den Angaben zufolge nur 58 Prozent des Durchschnittslohns.
    Reform der Leiharbeit
    Um den Missbrauch mit dieser Beschäftigungsform einzudämmen, hat die Koalition aus Union und SPD eine Reform der Leiharbeit auf den Weg gebracht, die seit April dieses Jahres in Kraft ist, das heißt: Das Gesetz spielt für die aktuellen Zahlen noch keine Rolle.
    Laut Reform muss ein Leiharbeiter spätestens nach neun Monaten so bezahlt werden wie die Stammbelegschaft. Außerdem darf ein Leiharbeiter maximal 18 Monate lang an den selben Betrieb ausgeliehen werden. Danach muss er entweder die Einsatzstelle wechseln oder von dem Unternehmen, bei dem er bisher tätig war, übernommen werden. Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften können davon abweichende Regeln treffen.
    Katja Mast, SPD-Fraktionssprecherin für Arbeit und Soziales, hält das Gesetz für einen richtigen Schritt, sagte sie dem Hauptstadtstudio.
    "Zunächst haben wir jetzt schon erste positive Effekte, es gibt neue Tarifverträge in der Metall- und Elektrobranche und in der Chemieindustrie, die schon jetzt auf das neue Gesetz reagieren und bessere Regelungen für Leiharbeiterinnern und Leiharbeiter vorsehen. Insgesamt ist ja die Beschäftigtenzahl für alle sozialversicherungspflichtigen Beschäftigen gestiegen und wenn man dann die Leiharbeit ins Verhältnis setzt, ist es insgesamt ungefähr konstant."
    "An der Mehrheit der Leiharbeitnehmer geht das Gesetz vollkommen vorbei"
    Aus Sicht der Linkspartei sind Leiharbeiter mit dem neuen Gesetz schlechter dran, wie der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Klaus Ernst gegenüber unseren Programmen hervorhob.
    "Das Problem bei dem neuen Gesetz ist, dass erst nach neun Monaten gleicher Lohn bei gleicher Arbeit gilt aber nur circa 25 Prozent der Leiharbeitnehmer sind so lange im selben Betrieb im Einsatz. An denen geht das Gesetz vollkommen vorbei. Sie können dauerhaft schlechter bezahlt werden. "
    Welche weiteren Veränderungen bei der Leiharbeit vorgenommen werden, das wird sich erst nach der Bundestagswahl zeigen. Versprechen dazu gibt es jedenfalls genug.
    Die Linke fordert eine langfristige Abschaffung der Leiharbeit: Kurzfristig eine gleiche Bezahlung wie in der Stammbelegschaft, plus Flexibilitätszulage. Ähnlich sehen das die Grünen. Auch die SPD verspricht, dass Leiharbeit in Zukunft in der Regel vom ersten Tag an genauso vergütet werden soll, wie für die Stammbelegschaft. Sie will außerdem, dass die Betriebsräte mehr mitreden können. Die Union verweist in ihrem Programm darauf, dass durch die bestehende Neuregelung von Zeit-, Leiharbeit und Werkverträgen bereits wichtige Verbesserungen erzielt worden seien.