Neun Landesrundfunkanstalten vom NDR im Norden bis zum Bayerischen Rundfunk im Süden, dann noch das ZDF und das Deutschlandradio – das ist zu viel, findet die Mittelstands- und Wirtschaftsunion – und legt auf fünf Seiten dar, wie sie sich eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorstellt.
"Wir streben langfristig die Zusammenlegung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (…) an. Die künftige Sendeanstalt unter einem Dach bietet verschiedene nationale Programme und regionale Fenster an. Sie unterhält dafür Korrespondentenbüros und Fachredaktionen, die für alle Ausspielwege produzieren", heißt es in dem Papier, das heute veröffentlicht wurde.
Weniger Unterhaltung und Sport
Für ein Interview stand die Mittelstands-Union mit Verweis auf Termingründe nicht zur Verfügung.
Der Eine-Anstalt-Vorschlag ist der weitreichendste in dem Dokument. Aktuell gibt es in jedem einzelnen Bundesland ein eigenes Funkhaus der ARD; ZDF und Deutschlandradio haben ebenfalls eigene Landeskorrespondentinnen. Die Pläne der Mittelstandsunion sind also ziemlich weitreichend.
Zwischen den Zeilen lässt sich auch herauslesen, dass sich die Mittelständler deutlich weniger Radio- und Fernsehsender wünschen. Außerdem soll es im Öffentlich-Rechtlichen vor allem um Information, Bildung und Kultur gehen, weniger um Unterhaltung oder Sport.
Sorge um die Meinungsvielfalt
Es sind Ideen, denen die medienpolitische Sprecherin der Unions-Fraktion, Elisabeth Motschmann, zum Teil zustimmt. Insgesamt gehen ihr die Vorschläge aber zu weit. Motschmann hält die Öffentlich-Rechtlichen zwar ebenfalls für reformbedürftig. Sie befürchtet aber, dass die Mittelstands-Pläne zu weniger Meinungsvielfalt führen würden.
"Die Zusammenlegung von ZDF und ARD lehne ich ab. Ich glaube nicht, dass wir dadurch irgendetwas verbessern, sondern auch da gilt ja, dass der Wettbewerb zweier öffentlich-rechtlicher Anstalten gut ist. Eine Zusammenlegung kann ich mir zurzeit nicht vorstellen."
Widerspruch von Medienpolitikern
Der sächsische Medienminister Oliver Schenk sieht das genauso – und sein Wort hat innerhalb der CDU medienpolitisch großes Gewicht. Der Chef der Staatskanzlei in Dresden koordiniert die Medienpolitik der CDU-regierten Bundesländer – und die Länder sind es, die in Deutschland medienpolitisch das Sagen haben – nicht der Bund und erst recht nicht die Mittelstandsunion.
Schenk bezeichnet die Initiative der Vereinigung zwar als berechtigt und sieht den Appell als Weckruf, sagt aber auch: "Ich möchte nicht, dass die Menschen am Ende sagen, morgens, wenn sie sich im Büro begegnen, nur noch darüber sprechen, was sie gestern Abend über große Streamingdienste gesehen haben, dass sie sich da über House of Cards oder das Damengambit austauschen, sondern die Lausitz muss dort genauso stattfinden wie die Eifel, die Schwäbische Alb und das Voralpenland. Das ist das, was unser Land stark macht. Das sind die Unterschiede dort. Und wir sind ein föderales Land. Und das muss sich natürlich auch bei uns im Hörfunk- und im TV-Bereich widerspiegeln."
Gemeinsame föderale Entscheidung
Schenks Position lässt darauf schließen, dass die weitgehenden Forderungen der Mittelstandsunion eher nicht in die Tat umgesetzt werden. Zumal es für medienpolitische Entscheidungen sowieso die Zustimmung aller Landesregierungen braucht – also nicht allein der Unionspolitiker.
Aber ganz verpuffen dürften die Ideen trotzdem nicht, weil FDP und AfD in eine ähnliche Richtung gehen; und zuletzt die CDU-Fraktion in Sachsen-Anhalt einen höheren Rundfunkbeitrag vorerst verhindert und bereits weitgehende Reformen gefordert hat.
"Warum nur Quiz und Krimi?"
Außerdem pocht auch Schenk auf Veränderungen - und hat dafür gestern mit seinen Kollegen aus den anderen 15 Landesregierungen einen entsprechenden Beschluss gefasst.
Die Medienpolitiker wollen, dass sich ARD, ZDF und Deutschlandradio stärker von den kommerziellen Anbietern unterscheiden, dass die Anzahl der Radio- und Fernsehsender gedeckelt wird – und dass es bei Bedarf auch vertraglich festgeschriebene Programmvorgaben geben könnte.
"Warum muss jeden Abend in der Hauptsendezeit eine Quizshow oder ein Krimi oder ein Spielfilm laufen dort? Warum nicht mal auch donnerstagsabends in der Hauptsendezeit zwischen 20 und 22 Uhr etwas ins Programm bringen, was sonst eher in Randzeiten nach 23 Uhr läuft? Das wäre eine denkbare Variante. Ob man es dann am Ende genau so scharf stellen muss, in der staatsvertraglichen Regelung, das wird man sehen müssen. Aber genau um diese Frage geht es."
Beratung über Rundfunkbeitrag
Im Oktober soll den Ministerpräsidentinnen ein entsprechender Staatsvertrags-Text vorgelegt werden. Später soll es dann auch an noch deutlich heißere Eisen gehen: zum Beispiel an die Frage, wie genau die Höhe des Rundfunkbeitrags in Zukunft festlegt werden soll.
Das ist auch ein Punkt in dem Papier der Mittelstands-Union – Sie fordert darin auch einen niedrigeren Rundfunkbeitrag – und wird deshalb mit Interesse verfolgen, was die Medienpolitiker in den nächsten Monaten oder Jahren genau entscheiden.