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Reformation 500
"Ich bin Martin Luther - und stolz darauf"

Martin Luther ist Mechanikermeister in Göppingen und wirkt mit beim DLF-Projekt "Luthers Thesen - neu gelesen". Der 74-jährige Schwabe ist überzeugter Christ. In der Bibel seines Namensvetters liest er täglich. Und ein paar Tipps für die evangelische Kirche von heute hat er auch.

Martin Luther im Gespräch mit Christiane Florin |
    Der Mechanikermeister Martin Luther.
    Der Mechanikermeister Martin Luther (Tilman Ehrcke)
    Christiane Florin: Sie sind ein Nachfahre des Bruders von Martin Luther. Was bedeutet Ihnen das?
    Martin Luther: Ja, nun gut, ich bin eigentlich ein bisschen stolz, dass ich ein Lutheraner bin. Ja, sogar direkt abstamme von den Luthers damals.
    Christiane Florin: Stolz worauf?
    Luther: Dass ich, ja, einfach abstamme von dem Luthergeschlecht.
    Florin: Gibt es Familientreffen?
    Luther: Nein, nein, nein.
    Florin: Wissen Sie, warum nicht?
    Luther: Ja, gut, ich war schon eingeladen mal, nach drüben zu kommen. Aber es hat sich noch nie so richtig ergeben.
    "Im tiefsten Herzen dieselben Einstellungen"
    Florin: "Drüben" ist wo?
    Luther: In den Lutherstädten. Vor zwei Jahren war ich dort, in Wittenberg und Mansfeld und den anderen Städten, habe das mir alles mal so angeschaut - auch die Wartburg – habe mich einfach so informiert und habe viel erfahren, was ich seither noch nicht gewusst habe.
    Florin: Was verbindet Sie inhaltlich mit Martin Luther? Was halten Sie von seinem Werk? Mal ganz pauschal gefragt.
    Luther: Da ich ein überzeugter Christ bin, ein Nachfolger Jesu Christi, bin ich sogar dankbar, dass dass ich einfach den selben Glauben wie der Reformator habe.
    Florin: Sie sind evangelisch?
    Luther: Ja. Dass ich nicht einfach Martin Luther heiße, sondern wirklich auch im Grunde genommen, im tiefsten Herzen dieselben Einstellungen und Gesinnung habe, wie der Reformator. Es ist nicht immer selbstverständlich, dass man auch so gleichgesinnt ist wie der Vorfahre.
    "Jawohl, ich bin ein Gotteskind"
    Florin: Das heißt, Sie glauben an einen gnädigen Gott?
    Luther: Ja, natürlich ja, ich glaube an den gnädigen Gott, jawohl. Ich lese jeden Tag in meiner Bibel, jeden Tag. Bevor ich die Zeitung lese, lese ich schon in meiner Bibel, ja. Und hole mir da für den ganzen Tag irgendwelche Informationen – und die Kraft und die Freudigkeit. Sehen Sie, es ist ja so: Man ist dann nicht nur irgendwie Christ, sondern mit Freudigkeit ist man Christ, ja? Und das können verschiedene nicht verstehen. Aber nur, wer Jesus Christus erlebt im Alltag, der kann sagen: Jawohl, ich bin ein Gotteskind.
    Florin: Wie erleben Sie den im Alltag?
    Luther: Oftmals schon beim Autofahren. Wenn ich ab und zu vielleicht mal jemandem die Vorfahrt aus Versehen genommen habe, dann sage ich immer: Danke Jesus, dass Du mich da bewahrt hast vor einem Unfall. Das sind also kleine Dinge.
    Florin: Also Dankbarkeit.
    Luther: Ja, aus Dankbarkeit, ja.
    Florin: Und wie ist das in einer Gesellschaft, in der das nicht mehr so selbstverständlich ist?
    Luther: Man wird da ab und zu auch konfrontiert mit Glaubensfragen.
    Florin: Von anderen.
    Luther: Von andern, ja. Und dann kann ich bezeugen. Da ich schon jahrzehntelanger Bibelleser bin, kenne ich mich eigentlich ganz gut aus in der Bibel, ja. Und da kann ich schon den Menschen sagen, welches Geistes Kind ich bin, ja.
    "Nur die Lutherbibel - man geht doch nicht fremd!"
    Florin: Werden Sie oft auf den Namen Martin Luther angesprochen?
    Luther: Ach, ja, immer wieder. Wenn ich auf ein Amt gehe, zum Beispiel und dann lesen sie …
    Florin: Und wie sind die Reaktionen? Humorvoll?
    Luther: Ja, genau! Viele lachen dabei und manche glauben es gar nicht so richtig. Da ziehe ich dann meinen Personalausweis raus und zeige – hier steht es: Martin Luther.
    Florin: Sie sagten vorhin, Sie lesen in der Bibel. In welcher Bibel lesen Sie? In der Lutherbibel?
    Luther: Ja, genau, nur eigentlich in der Lutherbibel – weil man geht ja nicht fremd, irgendwie. Obwohl: Es gibt viele Übersetzungen, gute, sehr gute Übersetzungen. Aber meine Lieblingsbibel ist die Lutherübersetzung.
    Florin: Was fasziniert Sie daran besonders? Ist es die Sprache? Oder ist es das Gefühl: Ja, das hat also letztlich einer aus meiner Familie übersetzt?
    Luther: Die Sprache, ja. So, wie eigentlich das Wort Gottes geschrieben ist, ja. Und dass der Luther das so, damals schon vor 500 Jahren, so wunderbar übersetzt hat, ja? Da bin ich eigentlich erstaunt, ja. Er hat ja nur in ein paar Monaten das Neue Testament übersetzt, muss also sehr gute Kenntnisse gehabt haben im Griechischen oder Hebräischen.
    Florin: Sie haben vier Kinder...
    Luther: Ja, zwei Söhne und zwei Töchter.
    "Ich vermisse manchmal die klare Wortverkündigung"
    Florin: Aber keiner der Söhne heißt Martin?
    Luther: Nein! Der heißt Robert Martin.
    Florin: War Ihnen zu direkt, nur Martin?
    Luther: Ja.
    Florin: Was bedeutet Ihnen jetzt dieses Reformationsjubiläum, 500 Jahre Reformation? Was bekommen Sie davon mit?
    Luther: Ich bekomme da schon viel mit, das ganze Jahr schon. Überall, wo ich hinkomme, sehe ich, lese ich meinen Namen: Martin Luther. Da ist schon einiges geboten, dieses Jahr.
    Florin: Was würden Sie der Evangelischen Kirche, sozusagen dem offiziellen Festkomitee, raten? Was vermissen Sie bisher?
    Luther: Also, ich vermisse manchmal die klare Wortverkündigung. Die Wortverkündigung, wo wirklich Jesus Christus in den Vordergrund, in die Mitte gestellt wird. Das ist für mich das Wichtige. Und keine irgendwelchen Ausschweifungen, was weiß ich. Viele Theologen holen da weit aus in ihren Predigten. Aber das Zentrum, Jesus Christus, das sollte eigentlich viel mehr praktiziert werden, oder gesagt werden. Das brauchen die Leute von heute unbedingt.