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Reformation quergedacht
Die doppelte Katharina

Das Bonner Frauenmuseum zeigt in einer Sonderausstellung die weibliche Reformation. Zu sehen ist unter anderem, wie sich Künstlerinnen mit befreiten Ordensschwestern, redegewandten Gattinnen und der ewigen Eva auseinandersetzen. Ein Rundgang.

Marianne Pitzen im Gespräch mit Christiane Florin |
    Christiane Florin: Wir stehen hier vor einem Kunstwerk. Es zeigt Katharina von Bora. Die gibt es doppelt: Einmal mit Kochlöffel und einmal mit Bibel.
    Marianne Pitzen: Die Frau von Martin Luther war ja wohl beides: Sie war eine gut ausgebildete Nonne und sie mischte sich in die Debatten. Sie war die Haushälterin, sie war die Gärtnerin, sie war die Bierbrauerin, aber sie war auch Predigerin. Sie muss sich an der berühmten Tafel doch sehr deutlich gemeldet haben, zu Wort gemeldet haben, denn, wir haben ja in den Briefen oder tagebuchartigen Aufzeichnungen der Studenten von Luther, die in diesem Haus ja auch mit lebten, da haben wir so richtig entrüstete Anmerkungen, da hat sich doch die Frau Luther zu Wort gemeldet.
    Wer machte den Abwasch?
    Florin: Gehen wir einmal hinüber zu dem Tisch, der auch in die Kategorie Kunst fällt. Da am Kopf sitzt der Doktor Martinus.
    Pitzen: Ja, wer weiß. Vielleicht ist es auch sie. Das wollen wir mal nicht so festlegen. Der Tisch ist natürlich der berühmte Tisch, an dem Katharina alle versammelte und Luther die großen Reden hielt und die waren sehr berühmt, deswegen ist die Fangemeinde ja wohl ganz schön gewachsen.
    Marianne Pitzen, Leiterin des Bonner Frauenmuseums. Zu sehen ist sie in der Ausstellung "Schwestern zur Sonne zur Gleichheit" vor Bildern der Künstlerin Maria Giminez, welche die Politikerinnen Louise Schroeder (l) und Rosa Luxemburg (r) zeigen.
    Marianne Pitzen, Leiterin des Bonner Frauenmuseums. (picture alliance / dpa / Henning Kaiser)
    Florin: Wer machte den Abwasch?
    Pitzen: Sie konnte organisieren. Ich glaube, das hat sie elegant gelöst.
    Florin: Und Sie haben Künstlerinnen, ausschließlich Frauen, gebeten sich mit Katharina von Bora auseinanderzusetzen. Wie waren da die ersten Reaktionen?
    Pitzen: Ein bisschen befremdlich. Aber wir machen das immer so, dass wir den Künstlerinnen Aufgaben stellen. Wenn die Künstlerinnen sich dann mit dem Thema allmählich so auseinandersetzen, sich reinarbeiten, ihrerseits forschen, dann kommen die auch ihrerseits zu Erkenntnissen und zu, auch manchmal ganz neuen Wegen in ihrer eigenen Kunst.
    Ein Frauenleben - die Sünde schlechthin
    Florin: Befremdlich ist was daran? Dass es Religion ist?
    Pitzen: Ja, Religion ist für heute die Zeitgenossen und Genossinnen also schon ein spezielles Thema. Man kommt sich ein bisschen wie von gestern vor anscheinend. Aber es ist ja eine Unterstellung, dass jetzt die, die hier mitgemacht haben, ihrerseits besonders religiös wären. Und es ist ein interessantes Thema der Geschichte.
    Florin: Und können wir noch mal ein bisschen hier an den Bildern entlang gehen.
    Pitzen: Diese lettische Künstlerin hat eine Nonne dargestellt, die sich jetzt wirklich dem vollen Leben widmet: Erotik, mögliche Gebärfähigkeit. Und all das spielt hier in diesem Bild von der Illilia de Nere mit.
    Florin: Jetzt gucken wir noch mal auf dieses Kunstwerk hier. Ironisch wird das betrachtet, 'Die Befreiung der Nonnen'.
    Pitzen: Also es ist eine Aufarbeitung der Symbole. Also Eva, die Berühmte, die wurde ja mit der Schlange und der Sünde konfrontiert. Und das Leben als Normalfrau war ja schon die Sünde schlechthin.
    Florin: Ein Frauenleben als die Sünde schlechthin, sagt Marianne Pitzen, die Leiterin des Bonner Frauenmuseums, mit der ich durch den künstlerischen Teil der Ausstellung über Katharina von Bora gegangen bin.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
    Informationen zur Geschichte der weiblichen Reformation finden Sie auf der Website des Frauenmuseums.
    Weitere Informationen zum Thema 500 Jahre Reformation und die Rolle der Frauen.