Sie hat fast ein Mona-Lisa-Lächeln: Luthers Gattin Katharina von Bora. So wie Lucas Cranach die schöne Nonne sah, so zeigt sie sich auch bei der Evangelischen Kirche im Rheinland – wenn auch nur in einer Kopie. Katharina bekam drei Söhne und drei Töchter von ihrem Martin. Wenn man reinhört in die fiktiven Dialoge des Audioguides über die Reformatorinnen, dann kann man eigentlich nicht mehr daran zweifeln, wer von den beiden das Sagen hatte – Luther oder die Lutherin:
"Ich bin doch immer Euer Heiligkeit williger Diener. Das weißt du, Katharina. / Was für ein Glück ich habe, eine so kluge entlaufene Nonne gefunden zu haben, die nicht nur lateinkundig ist, sondern auch Bier brauen kann / und mir Freude schenkt mit ihrem warmen Leib, wenn der Teufel wieder seine kalten Klauen nach mir reckt"
(Martin Luther)
(Martin Luther)
"Du hast mich gefunden? Wenn ich dir nicht hätte mitteilen lassen, dass du mich heiraten darfst, dann wären wir wohl heute noch allein."
(Katharina von Bora)
(Katharina von Bora)
Kurz und knapp wird zu Katharina von Bora erläutert, dass Luthers Testament ihr zwar alle Vollmachten gab, aber nicht anerkannt wurde und sie als Witwe von 1546 an Bevormundung und Enteignung erlebte. Was schon nicht mehr in der Ausstellung zu erfahren ist: dass der sächsische Kurfürst der Lutherin am Ende durch ein Machtwort doch wesentliche Teile der Erbschaft und der Rechte sicherte.
"Reformatorinnen. Seit 1517" - die Ausstellung beschränkt sich aber nicht auf Ehefrauen. Es geht auch um Schriftstellerinnen oder Laientheologinnen. Argula von Grumbach etwa, ihre Flugblätter erreichten fast so hohe Druckauflagen wie die Schriften Luthers. Ein Paradebeispiel dafür, wie Frauen mit ihren Gedanken und Taten den Fortgang der Reformation beeinflussten.
Dass ihr Einfluss oft wenig bekannt oder im Zuge der traditionellen Geschichtsschreibung verharmlost worden ist, diesen Eindruck will die rheinische Landeskirche nun korrigieren. Porträtiert werden deshalb auch und gerade Herrscherinnen. Etwa Elisabeth von Calenberg, deren evangelische Frauenklöster bis heute fortbestehen.
"Ohne die vielen Frauen wäre die Reformation nicht weitergegangen"
Oder Sibylle von Jülich Kleve Berg, Luthers Landesherrin in Sachsen. Und auch Amalia von Neuenahr-Alpen wird erwähnt, die den Heidelberger Kurfürsten Friedrich den Frommen heiratete und den Bauauftrag für die erste reformierte Kirche Deutschlands erteilte.
Ob die Fürstinnen allein durch den Glauben oder nicht doch durch machtpolitische Erwägungen die Reformation vorantrieben, diese Frage vertiefen leider weder die Wanderausstellung noch die eigens eingerichtete Internetseite reformatorinnen.de.
Kuratorin ist Irene Diller von der Gender- und Gleichstellungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland. Sie zeigt die Frauen der Kirche so, dass klar wird, die Reformation war keine Ein-Mann-Show Martin Luthers.
"Wir denken natürlich zuerst immer an Reformatoren. An die Männer, die berühmt geworden sind. Denen man eben diese Veränderung der Kirche allein zuschreibt. Ohne die vielen Frauen, die aber sehr mutig in ganz verschiedenen Rollen für die Reformation gearbeitet und gewirkt haben, wäre diese Bewegung nicht weitergegangen."
Jüngstes Beispiel ist die erst im Jahr 2012 einhundertjährig verstorbene Ilse Härter. Sie war die erste deutsche ordinierte Pastorin - gemeinsam mit Hannelotte Reiffen.
"Ein Stück beschämend, wie wir mit Frauen im Pfarramt umgegangen sind"
Möglich wurde die erste und für lange Zeit einzige vollgültige Ordination von Frauen in Deutschland im Jahr 1943. Und zwar in der so genannten Bekennenden Kirche, die in Opposition zum NS-Regime wirkte. Für Manfred Rekowski, den Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, ist Ilse Härter das beste Beispiel für eine Reformatorin:
"Sie hat sich geweigert, nur eingesegnet zu werden, sondern sie sagte: Wenn ich die Aufgabe übernehme, dann will ich auch ordiniert werden. Das war eine Kämpfernatur. Das ist einerseits für uns als Kirche, wenn man so rückblickend guckt, ja auch ein Stück beschämend, wie wir mit Frauen im Pfarramt umgegangen sind. Ihre Arbeitskraft, zum Teil gerade in den Kriegsjahren, ist sie in Anspruch genommen worden. Aber die Gleichbehandlung wurde verweigert. Das ist eine Persönlichkeit, eine sehr beeindruckende Frau."
Präses Rekowski erinnert daran, dass es 1965 in der Evangelischen Kirche im Rheinland nur eine Pfarrerin gab und seine Landeskirche erst seit 1975 Frauen und Männer im Pastorenamt komplett gleichstellt. Was die Ausstellung nicht vergisst, ist die Situation heute: Es gibt immer mehr Reformatorinnen. Derzeit haben Frauen in der Evangelischen Kirche im Rheinland gut 37 Prozent aller Pfarrstellen inne. Die Tendenz ist klar steigend.