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Reformpläne für den Fahrdienstmarkt
Taxifahrer gegen Uber und Co

In ihrem Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung vereinbart, das Personenbeförderungsgesetz mit Blick auf neue digitale Mobilitätsangebote zu modernisieren. Jetzt hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer die entsprechenden Pläne vorgestellt und prompt den Zorn der Taxibranche auf sich gezogen.

Von Daniela Siebert |
Eine Teilnehmerin hält bei einer Kundgebung von Taxifahrern am Bundesverkehrsministerium ein Taxi-Dachschild in die Höhe.
Die Taxifahrer in Berlin machten vor dem Bundesverkehrsministerium ihrem Unmut Luft (picture alliance/Christoph Soeder/dpa)
Berlin-Mitte letzte Woche, ein Platz direkt neben dem Bundesverkehrsministerium. Hunderte Taxifahrer haben sich hier versammelt, um gegen die Pläne der Regierung zu demonstrieren. "Uber raus" skandieren sie immer wieder, gemeint ist der Fahrdienstvermittler, der in Berlin, Düsseldorf, München und Frankfurt aktiv ist. Etliche Demonstranten halten mit grimmigem Blick Plakate in die Höhe.
"Unsere Taxis, unsere Jobs, Deine Mobilität. Scheuers Eckpunkte müssen weg."
"Vollkommen bescheuert und ohne große Not, macht das BMVI das Taxigewerbe tot."
Die Gegner sind für die Taxifahrer klar definiert
Von der überdachten Bühne aus, über Lautsprecher verstärkt, schimpfen die Interessenvertreter der Taxibranche, unter ihnen Michael Müller, Präsident des Deutschen Taxi- und Mietwagen-Verbandes.
"Wenn viele denken, durch die Öffnung und Liberalisierung würde mehr Wettbewerb entstehen, dann ist das Unfug. Wettbewerb entsteht in keinster Weise, Uber tritt nicht an, um einen Wettbewerb mit vielen einzugehen, sondern um den Markt zu monopolisieren."
Die Gegner sind für die versammelten Taxifahrer klar definiert: Der Fahrdienstvermittler Uber, dessen Aktivitäten in der Vergangenheit von deutschen Gerichten schon deutlich beschnitten wurden. Und der Bundesverkehrsminister.
Der tut an diesem Tag etwas, womit niemand hier gerechnet hat: Andreas Scheuer kommt direkt zu den Demonstranten, geht auf die Bühne und versucht, sein Vorhaben zu erklären.
"Das Personenbeförderungsgesetz ist klar geregelt, dass wir es anpassen und novellieren müssen. Da sind wir uns einig. Es gibt …"
Noch öfter wird die Rede des Ministers an diesem Tag von aggressiven Zwischenrufen der Taxifahrer unterbrochen. Deren Interessenvertreter haben allergrößte Mühe, für Ruhe zu sorgen, damit Scheuer überhaupt zu Wort kommt.
Die Branche fühlt sich in ihrer Existenz bedroht
Dass diese Pläne die deutschen Taxifahrer empören, hat einen einfachen Grund. Sie sehen sich in ihrer Existenz bedroht. Thomas Grätz, Geschäftsführer des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbandes.
"Es ist ganz einfach so, dass die sehr sinnvolle Trennung von Taxi und Mietwagen aufgehoben würde, der Mietwagen aber könnte all die Situationen nutzen, in denen er Vorteile hat, damit wäre das Ende, das Taxigewerbe wäre nicht mehr wettbewerbsfähig."
Dass das Eckpunktepapier auch vorsieht, bestimmte Bereiche allein für den Taximarkt zu reservieren, beruhigt niemanden aus seinen Reihen. Das könne gar nicht kontrolliert werden so Thomas Grätz.
Und nun: Perspektiv-Wechsel. In einem Mietwagen der Firma Rocvin. Am Steuer der Fahrer: Volkan.
Volkan, wie Dutzende andere Fahrer täglich, fährt für das Berliner Mietwagenunternehmen Kunden durch die Stadt, die ihre Fahrt über eine Handy-App bei Uber bestellen. Volkan hat sein Diensthandy am Armaturenbrett fest gemacht und meldet sich über dessen Display bei Uber als fahrbereit an.
Hauptsächlich Touristen würden über diese App-Fahrten buchen berichtet Volkan, Menschen, die Uber auch schon aus anderen Ländern kennen.
Thomas Mohnke ist der Geschäftsführer von Rocvin. Er hält die angedachte Neuregelung des Personenbeförderungsgesetzes für überfällig.
"Ich glaube, grundsätzlich ist es dringend notwendig, dass das Personenbeförderungsgesetz modernisiert wird, das ist in den Grundzügen aus dem Jahr 1961 und zu der damaligen Zeit gab es weder Mobiltelefone noch andere technologische Einrichtungen. Mietwagenunternehmen in der ganzen Bundesrepublik sind der Auffassung, dass sich etwas tun muss!"
Knackpunkt: der Wegfall der Rückkehrpflicht
So schreibt uns beispielsweise auch Uber, man begrüße, dass Bewegung in den Reformprozess komme. Und Konkurrent "CleverShuttle" wertet die Eckpunkte als "Entwicklung in die richtige Richtung", wünscht sich aber noch eindeutigere Formulierungen für die künftigen Regeln.
Zu den angedachten Veränderungen, die die Gemüter am meisten erhitzen, gehört der Wegfall der Rückkehrpflicht der Mietwagen nach jedem Auftrag zum Stützpunkt. Thomas Mohnkes Firmensitz liegt mitten in Berlin, neben der Ruine des Anhalter Bahnhofs.
"Heute ist es eben in zweierlei Hinsicht ärgerlich: einerseits wirtschaftlich und vor allen Dingen auch unter ökologischen Gesichtspunkten. Das ist unternehmerisch selbstverständlich nicht unbedeutend, ob ein Fahrzeug leer zum Betriebssitz zurückfahren muss oder nicht, das erschwert die ganze Disposition. Heute möchten wir nicht mehr dazu beitragen, dass in Städten Fahrverbote entstehen oder etwas ähnliches, weil wir leer zum Betriebssitz zurückfahren müssen."
Allerdings übernehmen die Fahrer auch oft jetzt schon neue Aufträge, während sie noch auf dem Rückweg sind, so dass die Rückkehr zum Stützpunkt schon jetzt nicht immer strikt eingehalten wird. Für Taxi-Lobbyist Thomas Grätz trotzdem die wichtigste Schranke, die nicht fallen darf:
"Die Rückkehrpflicht verhindert, dass ein Mietwagen sich Taxi-ähnlich geriert, also praktisch in den Innenstädten kreist auf der Suche nach Kundschaft."
Das Eckpunktepapier sieht auch vor, dass Mietwagenunternehmen in Zukunft nicht nur das komplette Fahrzeug anbieten dürfen, sondern auch einzelne Sitzplätze darin, so dass ganz neue Passagier- und Preis-Variationen möglich werden.
Thomas Mohnke: "Das Taxigewerbe darf ja die Einzelsitzplatzvermietung bereits vornehmen, seit vielen vielen Jahren. Für die Mietwagen war es bisher verboten. Es ist für uns sicherlich eine zusätzliche Einnahmequelle, die aber insbesondere auch dazu beiträgt, dass Verkehr vermieden wird."
Thomas Grätz hält das dagegen für eine Bedrohung des Taxigewerbes, die vielfältige neue Geschäftsmodelle ermögliche.
In der Bevölkerung stoßen die Liberalisierungspläne der Bundesregierung für den Mobilitätsmarkt noch auf ein zwiespältiges Echo.