Die gewaltigen Turbinen, die man hier rauschen hört, gehören zu einem Staudamm, der als Wasserkraftwerk dient. Der entsprechende Stausee misst viele Quadratkilometer. Eine Fläche, die Javier Farfan gern nutzen würde, und zwar für einen bestimmten Zweck.
"Will man ein Solarkraftwerk irgendwo auf einem Feld installieren, muss man für das Land zahlen und außerdem einen Netzanschluss schaffen. Würde man dagegen die Solarzellen auf einem Stausee schwimmen lassen, würde die Fläche im Prinzip nichts kosten, und die Stromleitungen wären sowieso schon da."
Kombination von Solarstrom und Wasserkraft
Photovoltaik-Anlagen, die auf Pontons montiert auf dem Wasser schwimmen, gibt es bereits seit ein paar Jahren, sagt der Mexikaner, der in Finnland forscht, an der Technischen Universität Lahti. Unter anderem finden sie sich in manchen Gegenden Asiens, wo der Platz knapp ist und man deshalb aufs Wasser ausweicht. Neu hingegen ist die Idee, schwimmende Solaranlagen mit Wasserkraftwerken zu einer Einheit zu verbinden. Das hätte gleich mehrere Vorteile, meint Farfan.
"Durch das Wasser werden die Solarzellen gekühlt, dadurch steigt ihr Wirkungsgrad, sie sind effizienter. Außerdem reflektiert das Wasser das Sonnenlicht, was nochmals die Effizienz steigert. Und da die Solarmodule das Wasser abschatten, kann weniger Wasser aus dem Stausee verdunsten."
Höherer Wirkungsgrad, geringe Verdunstung
Gerade in warmen Regionen ist das ein Problem – hier geht durch Verdunstung ein signifikanter Teil des aufgestauten Wassers verloren. Und wie groß ist das Potenzial? Wieviel Strom ließe sich weltweit gewinnen, würde man Stauseen systematisch mit schwimmenden Solarmodulen bestücken? Das hat Javier Farfan vor einiger Zeit in einer Studie abgeschätzt.
"Würde man 25 Prozent der Fläche aller Stauseen mit schwimmenden Photovoltaik-Modulen ausrüsten, ließen sich pro Jahr mehr als 6000 Terrawattstunden Strom erzeugen."
Eine beeindruckende Zahl – und mehr als das Doppelte des Ertrages, den die Wasserkraft alleine global liefert. Sicher ein optimistischer Wert, und der Weg dahin wäre ziemlich weit. Aber zumindest soll die Kombination Solar und Wasserkraft demnächst erprobt werden, und zwar bei einem Staudamm nahe Barcelona.
Experten halten die Idee für vielversprechend
Bei anderen Fachleuten jedenfalls stößt die Idee durchaus auf offene Ohren. "Schwimmende Photovoltaik auf Stauseen passt aus meiner Sicht sehr gut", meint Harry Wirth vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg. Allerdings sieht er noch manche Herausforderungen.
"Die Module, die da schwimmen, sehen eine dauerhaft hohe Luftfeuchte. Das heißt, dass die Komponenten, aus denen sie bestehen, mit dieser hohen Luftfeuchtigkeit fertigwerden müssen. Wegen der hohen Feuchtigkeit kann es auch auf den Modulen ein erhöhtes Algenwachstum geben."
Probleme, für die es schon erste Lösungen auf dem Markt gibt, sagt Wirth. Dennoch: Für deutsche Stauseen dürfte das Konzept nur bedingt taugen. Denn viele von ihnen dienen der Erholung. Sie werden von Touristen, Wassersportlern und Anglern geschätzt, die ihre Reviere wohl eher ungern mit Schwimmpontons voller Solarzellen teilen wollten. Für Deutschland hat Harry Wirth deshalb eine andere Lösung im Sinn.
"Gedacht wird vor allem an frühere Braunkohle-Tagebaue, die geflutet werden. Aber auch Kies- und Sand-Tagebau, wo wir auch das erste Pilotprojekt schon gesehen haben."
Auch hier ist das Potenzial beträchtlich: Mit einer installierten Leistung von 50 Gigawatt könnten die auf Tagebau-Seen schwimmenden Solarzellen künftig immerhin soviel Strom liefern wie fünf Großkraftwerke.