Wer klare Antworten erwartet hätte, der suchte sie in dieser Debatte vergeblich. Noch nicht einmal die Regierungskoalition, die den Bericht ja im Kabinett gemeinsam verabschiedet hatte, war sich in der Bewertung einig und dies vor allem im Blick auf die Zunahme der rechtsextremen Überfälle und der im Bericht erhobenen Forderung nach einer schnellen Angleichung der Ostrenten.
Iris Gleicke, die Ostbeauftragte der Bundesregierung, wies gleich zu Beginn die Kritik zurück, dass der Bericht mit dem Verweis auf die deutliche Zunahme rechtsextremistischer Übergriffe ein falsches Bild zeichne und einem neuen "Osthass" Tür und Tor öffnen würde:
"Ich betrachte es als meine Aufgabe, die Probleme, die der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse entgegenstehen klar und deutlich zu benennen. Die Zahlen sind eindeutig. Es gibt nichts daran zu beschönigen. Sollen wir vielleicht so tun, als gäbe es diesen Befund nicht."
Abstand des Ostens zur Wirtschaftskraft Westdeutschlands
Engagiert warb Iris Gleicke dafür diese Entwicklungen ernst zu nehmen und nicht zu übergehen.
"Ich betone hier nochmals ausdrücklich. Die ganz überwältigende Mehrheit der Ostdeutschen ist nicht fremdenfeindlich oder rechtsextrem. Aber diese überwältigende Mehrheit ist leider im Moment noch eine zum Teil schweigende Mehrheit."
Diese Mehrheit sollte sich Gehör verschaffen und die Rechten in ihre Schranken weisen. Eine unbequeme Wahrheit bleibe auch der Abstand zur Wirtschaftskraft Westdeutschlands. Da gelte es die politischen Versprechen im Koalitionsvertrag einzuhalten und etwa die Angleichung der Ostrenten wie versprochen umzusetzen.
Stille Degradierung der Ostdeutschen
"Wenn Du etwas werden willst, dann musst Du in den Westen gehen. Das hat nicht jemand in den Neunzigern gesagt, sondern das habe ich letzte Woche in meinem Wahlkreis in Oschatz zu hören bekommen."
So leitete Susanna Karawanskij von den Linken ihre Generalkritik ein. Von der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse könne man 26 Jahre nach der Einheit nicht sprechen und das sei eine Bankrotterklärung der Bundesregierung. Karawanski sprach von einer stillen Degradierung der Ostdeutschen: auf dem Lohnzettel und auf dem Rentenbescheid. Deshalb müsse die Rentenangleichung steuerfinanziert erfolgen und nicht über die Beitragszahler.
SPD: Trotz aller Defizite gehe es im Osten wirtschaftlich bergauf
Union und SPD hielten die Erfolge der letzten 26 Jahre dagegen. Dass es in viele Bereichen trotz aller Defizite wirtschaftlich bergauf gehe, sagte Markt Hauptmann von der Union. Dass es die SPD gewesen sei, die den Mindestlohn in Ostdeutschland durchgesetzt habe, der über eine Million Menschen zu höheren Löhnen verholfen habe, ergänzte Stefan Zierke von der SPD.
Aber bei der Frage nach den Ursachen des Rechtsextremismus schieden sich die Geister. Die Grüne Fraktionschefin Kathrin Göring Eckart forderte keine spezifisch ostdeutschen Programme, sondern klare Konzepte etwa in der Einwanderungspolitik, um die Ängste zu nehmen:
"Das heißt eben, dass man kein Integrationsgesetz macht, was mehr ein Integrationsverhinderungsgesetz ist und was einen Stein in den Weg legt nach dem andern. Dann kriegt man nicht Einheit, dann gibt man denen auch noch Recht, die mit fremdenfeindlichen Parolen durchs Land laufen."
Die Führer der AfD kommen alle aus dem Westen
Von den CDU-Abgeordneten Eckardt Rehberg und Arnold Vaatz kamen dann aber doch bescheidene Argumente mit Blick auf die rechten Parteien AfD und NPD. Die NPD sei für die Arbeitsplätze in Mecklenburg Vorpommern keine Gefahr gewesen, sagte Eckardt Rehberg, nur würde der Bericht jetzt für falsche Schlagzeilen sorgen. Und mit Blick auf die AfD sagte der sächsische CDU Abgeordnete Arnold Vaatz:
"Wer sind den die Führer der AfD? Frau Petry kommt aus dem Westen. Herr Höcke kommt aus dem Westen. Frau von Storch kommt aus dem Westen. Herr Gauland kommt aus dem Westen. Wunderbar. Der Osten ist rechts. Meine Damen und Herren, ich glaube mehr braucht man dazu nicht zu sagen."
Wieder einmal sind die Westimporte an allen schuld. Aber eigentlich hätte sich der Beobachter vom Bundestag eine ernsthaftere Debatte gewünscht.