Josef Rief ist ein Schwabe von altem Schrot und Korn. Seit 2008 vertritt der gelernte Landwirt aus dem Landkreis Biberach die CDU im Deutschen Bundestag, gehört dem Landesvorstand in Baden-Württemberg an. Und nun das: Gemeinsame Sachen machen mit den Grünen.
"Das Gefühl: Unterschiedlich. Wenn Sie mich wetten lassen, würde ich sagen: Halbe, halbe. Also ich würde nicht viel darauf wetten. Aber es könnte gelingen."
Und trotzdem stimmte Josef Rief als einer von vielen Delegierten für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit den Grünen - ein erster Schritt auf dem Weg zu einer bundesweit bislang einzigartigen Konstellation: Denn ein grün-schwarzes Regierungsbündnis unter Führung eines grünen Ministerpräsidenten gibt es derzeit nirgends. Die Debatte, die die Mitglieder des Landesvorstandes der baden-württembergischen CDU und die Vorsitzenden der Kreisverbände hinter verschlossenen Türen geführt haben, ging über eine Stunde länger als geplant. Es soll hoch hergegangen sein, wird berichtet. Guido Wolf, CDU-Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag und unterlegener Spitzenkandidat, wird dann auch nicht müde zu betonen: "...dass das für uns alle in der CDU ein Tag des harten Ringens war. Da haben heute Abend Befindlichkeiten von großer Skepsis bis hin zu großer Lust auf das, was uns bevorsteht, eine Rolle gespielt."
CDU will Tacheles reden
Vor allem, ließen die CDU-Vertreter durchblicken, verspürten sie große Lust, bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen eigene Positionen in den Richtlinien für die zukünftige Regierungsarbeit einfließen zu lassen. Landesvorsitzender Thomas Strobl sieht da eine ganze Reihe von Gemeinsamkeiten mit den Grünen, zum Beispiel die Digitalisierung auch auf dem Land, solides, sparsames Haushalten mit dem Ziel einer Nullverschuldung und Maßnahmen für den Klimaschutz. Allerdings lässt sich jetzt bereits absehen: Es gibt auch Themen, über die in den nun beschlossenen Koalitionsverhandlungen mit den Grünen ordentlich Tacheles geredet werden wird. Thomas Strobl:
"Ein zentrales Feld in der Landespolitik ist die Bildungspolitik. Und das ist ein Bereich, wo die Verhandlungen ganz, ganz sicher schwer werden, weil wir unterschiedliche Vorstellungen in diesem wichtigen und zentralen Feld haben."
Die Grünen will den Ausbau der Gemeinschaftsschulen vorantreiben; die CDU setzt dagegen auf das klassische Schulsystem. Die Grünen wollen keine neuen Straßen mehr bauen und setzen auf "Ausbau vor Neubau"; die CDU will mehr Straßenbauprojekte auf den Weg bringen. Und schließlich: Die CDU setzt sich für eine Stärkung der Polizei ein; diese Kröte zu schlucken dürfte wiederum manchem Grünen schwer fallen. Und dennoch: Für CDU-Landeschef Thomas Strobl ist es nicht ausgeschlossen: "…dass wir Brücken schlagen und zu Kompromissen kommen."
Dass solche Brücken zwischen Grünen und CDU geschlagen werden, ist für viele Baden-Württemberger ohnehin längst überfällig. Stimmen aus der Stuttgarter Innenstadt, wo sich die Meldung über die Aufnahme von Koalitionsgesprächen zwischen Grünen und CDU wie ein Lauffeuer verbreitet:
Mann: "Die Grünen mit der CDU? Ich find das witzig."
Frau: "Was ich von der Koalitionsidee halte? CDU als Juniorpartner? Nach dem Wahlergebnis ist das das einzig Mögliche. Wenn die Grünen nicht in der Regierung wären, würde das dem Wählerwillen sicher nicht entsprechen."
Frau: "Ich find's gut. Ich wollte die CDU nicht missen und die Grünen natürlich auch nicht. Also für mich passt's."
Ein langer Weg bis zum Koalitionsvertrag
Und weil jetzt auch die Grundlagen für Koalitionsverhandlungen passen, könnten die möglicherweise schon am Freitag beginnen - ergebnisoffen, wie gesten am Rande der CDU-Landesvorstandssitzung immer wieder betont wurde: Von den Koalitionsgesprächen bis zur Koalitionsvereinbarung sei es ein langer Weg. Das weiß auch Josef Rief, der Landwirt und CDU-Bundestagsabgeordnete aus dem oberschwäbischen Biberach. Und er betont: Eine Liebesbeziehung sei das Zusammengehen mit den Grünen auf gar keinen Fall.
"Es ist weder eine Verheiratung noch eine Zeugung noch sonst etwas., sondern es ist ganz einfach ein Vertrag, wo wir, wenn man sich einig wird, das Land weiter voranbringen."