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Regierungserklärung
"Migration als Schicksalsfrage der EU"

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat kurz vor dem EU-Gipfel in einer Regierungserklärung eingeräumt, dass eine gesamteuropäische Lösung zwar noch nicht erreicht sei - man aber weiterhin verhandele. Innenminister Horst Seehofer war nicht mit anwesend.

Von Klaus Remme | 28.06.2018
    Bundeskanzlerin Merkel spricht im Deutschen Bundestag in Berlin.
    Bundeskanzlerin Merkel spricht im Deutschen Bundestag in Berlin (dpa/picture-alliance/Markus Schreiber)
    Die Migration, eine Schicksalsfrage für Europa, so sagte die Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklärung. Horst Seehofer, ihr Innenminister, hörte allenfalls aus der Ferne zu. Andere wichtige Termine.
    Ihre Entscheidung, im September 2015 die Grenzen zu öffnen, sei keine unilaterale Maßnahme gewesen, verteidigte sich Angela Merkel. Aus dem Unionslager applaudierten nur Abgeordnete der CDU:
    "Der ungarische Ministerpräsident hat den österreichischen Bundeskanzler gebeten, zu helfen, Werner Faymann hat mich angerufen und wir haben gesagt, in einer Ausnahmesituation werden wir helfen, das haben wir getan und das halte ich im Rückblick auch nach wie vor für richtig."
    Als erster Redner der Opposition antwortete Alexander Gauland von der AfD. Merkel sei nicht mehr in der Lage, ihre Werteordnung durchzusetzen, so sein Befund und weiter:
    "Wenn die Frau Bundeskanzlerin von einer europäischen Lösung des Flüchtlingsproblems träumt, dann weiß sie natürlich, dass ihr Traum keinen Niederschlag im Handeln Italiens, Frankreichs oder Dänemarks und erst recht nicht Polens oder Ungarns findet."
    Grüne und Linke empört über Unions-Streit
    Die SPD zeigte sich betont pro-europäisch. Die Partei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles warnte vor den Rechtspopulisten und einer "Deutschland zuerst" Politik:
    "Deutschland profitiert wie kein anderes Land von der Existenz der Europäischen Union und deswegen sage ich: Europäische Zusammenarbeit ist nichts Großherziges, sondern etwas Großartiges für unser Land."
    In den Reihen der Linkspartei und der Grünen dominierte Empörung über den Streit im Regierungslager, insbesondere in der Union. Sahra Wagenknecht, Linksfraktion, formulierte es so:
    "Was sie hier abliefern ist eine Zumutung für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land und es ist blamabel gegenüber unseren europäischen Partnern."
    Katrin Göring-Eckhardt von Grünen beklagte in Richtung CSU:
    "Ihre Achse ist inzwischen die Achse der Nationalisten, der Abschotter, der Hazardeure, die Gräben schaufeln und immer weiter vertiefen. Es geht ihnen gegen den Zusammenhalt in diesem Land und das ist das Hochgefährliche, das sie hier gerade betreiben."
    Linder (FDP): "Alles Theater"
    Für die angesprochene CSU reagierte Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Er habe mehr erwartet als grüne Belehrungsrhetorik und zitierte grüne Positionen in der Migrationspolitik:
    "Keine Ausweisung der sicheren Herkunftsstaaten, eine Untergrenze für Flüchtlinge, was meinen sie mit Untergrenze, fünf Millionen, zehn Millionen, wieviel von den 70 Millionen wollen sie denn aufnehmen. Das, was sie fordern, ist der Wegweiser in den Kontrollverlust."
    Aber auch Christian Lindner von der FDP sparte nicht mit Kritik an der CSU:
    "Es wird davon gesprochen, es gebe ein Ende des geordneten Multilateralismus und man weiß nicht, ob das bei Herrn Söder eine Beschreibung oder eine Forderung ist. Die CSU hat Frau Merkel in Europa erpressbar gemacht."
    Alles Theater, so bilanzierte Lindner, die CSU werde am Ende klein beigeben.