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Regierungserklärung zu Flüchtlingsfrage
Merkel wirbt im Bundestag für Türkei-Deal

Trotz Bedenken und Kritik - Bundeskanzlerin Angela Merkel will das geplante Flüchtlingsabkommen mit der Türkei durchsetzen. Dafür ist sie zu weiteren Zugeständnissen an Ankara bereit. Im Bundestag warb Merkel noch einmal für die Vereinbarung: Erstmals gebe es "eine echte Chance auf eine dauerhafte und gesamteuropäische Lösung". Die Opposition spricht dagegen von einem "schmutzigen Deal".

    Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht im Bundestag zum EU-Gipfel und zur Flüchtlingskrise
    Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht im Bundestag zum EU-Gipfel und zur Flüchtlingskrise (dpa / picture-alliance / Michael Kappeler)
    Der morgen beginnende EU-Gipfel mit der Türkei kann nach den Worten der Kanzlerin "eine entscheidende Wegmarke" zur Lösung des Flüchtlingsproblems werden. In ihrer Regierungserklärung verteidigte sie ihren Kurs, gemeinsam mit allen EU-Partner vorzugehen und nationale Alleingänge zu vermeiden. Sie versuchte zugleich Ängste der CSU zu zerstreuen, dass der Türkei zu große Zugeständnisse gemacht würden. Es gehe um einen Ausgleich der Interessen, der "unseren Werten entspricht".
    Bei dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs soll eine Vereinbarung mit der Türkei über die Rücknahme von Flüchtlingen beschlossen werden. Die Türkei fordert im Gegenzug den Wegfall des Visa-Zwangs für alle türkischen Bürger ab Juni, die Ausweitung der EU-Beitrittsgespräche sowie eine Verdoppelung der Hilfen für Syrien-Flüchtlinge auf sechs Milliarden Euro.
    Lob für die Türkei
    Merkel zeigte Verständnis für die Bedingungen, die von der Regierung in Ankara gestellt werden. Dass die Türkei in der Flüchtlingskrise mehr Geld verlange, sei "völlig nachvollziehbar", so Merkel. Die Leistungen der Türkei bei der Unterstützung von inzwischen 2,7 Millionen Flüchtlingen könnten "gar nicht hoch genug gewürdigt" werden. Entscheidend sei, so Merkel, dass das Geld tatsächlich in sinnvolle Projekte fließt, zum Beispiel in Unterkünfte, Schulen und medizinische Versorgung.
    Die von Ankara verlangten Visa-Erleichterungen für türkische Staatsbürger gebe es aber nur unter Bedingungen, betonte Merkel: "Es ist noch viel zu lösen. Und wir werden sicherstellen, dass diese Bedingungen vollständig eingehalten werden.". Ein Beitritt zur Europäischen Union stehe nicht auf der Tagesordnung.
    Merkel kritisierte auch die Zerstrittenheit der EU bei der Suche nach einer solidarischen Lösung. "Es gereicht Europa nicht zur Ehre, sich als Union von 28 Mitgliedsstaaten mit 500 Millionen Bürgern bislang so schwer getan zu haben, die Lasten zu teilen." Umso wichtiger sei es, dass die EU nun dabei sei, "wenigstens schrittweise voranzukommen".
    Kritik der Opposition
    Die Opposition im Bundestag hat die angestrebte Zusammenarbeit mit der Türkei scharf kritisiert. Mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan könne es keine gemeinsame Lösung für Europa geben, sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken, Dietmar Bartsch. Merkel "hofiere" Erdogan in der Flüchtlingskrise, obwohl dieser Wissenschaftler bekämpfe, die sich für die Meinungsfreiheit einsetzten, die Pressefreiheit abschaffe und Krieg gegen die Kurden führe.
    Auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter kritisierte die angestrebte Vereinbarung. Es drohe ein "schmutziger Deal". Wenn nur noch Syrer nach Europa kommen dürften, sei das nichts anderes als eine flexible Obergrenze. Ziel müsse aber bleiben, das individuelle Recht auf Asyl zu bewahren.
    (rm/fwa)