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Regierungsprogramm Italien
Lega und M5S einigen sich, Unklarheiten bleiben

Anfang der kommenden Woche, so hoffen Beobachter, werden sich die Personalfragen der italienischen Regierung klären. Im Laufe der Woche könnte die neue Regierung dann möglicherweise vereidigt werden. Es wäre der Beginn eines politischen Experiments mit ungewissem Ausgang.

Von Jan-Christoph Kitzler |
    Die Fotomontage zeigt Luigi di Maio, Parteichef der Fünf-Sterne-Bewegung und Matteo Salvini, den Vorsitzenden der rechtsextremen Partei Lega.
    Die Fotomontage zeigt Luigi di Maio, Parteichef der Fünf-Sterne-Bewegung und Matteo Salvini, den Vorsitzenden der rechtsextremen Partei Lega. (AFP / Tiziana Fabi)
    Eine neue Regierung hat Italien noch nicht, noch immer sind viele Fragen offen, aber: es gibt ein Programm. Heute sollen die Mitglieder der Fünf Sterne Bewegung online darüber abstimmen – und Luigi di Maio, der Chef Partei, die keine sein will, ist so überzeugt vom neuen Koalitionsvertrag, dass sein Aufruf zur Abstimmung gleich mal mit dramatischer Musik unterlegt wurde.
    Darin spricht er von einer neuen Ära, die beginnt, von mehr als 60 Tagen Arbeit, um die Wahlversprechen Wirklichkeit werden zu lassen, und: auch dank der Aktivisten der Fünf Sterne könne man jetzt Italien verändern. Das ist Neuland für Italiens Politik: nicht nur dass mit den Fünf Sternen und der Lega zwei Parteien miteinander regieren wollen, die viele eigentlich für inkompatibel gehalten hatten. Auch dass die Vorhaben einer künftigen Koalition vertraglich festgehalten werden, gab es bisher nicht. Aber viele der Vorhaben sind teuer, und es stellt sich die Frage der Finanzierbarkeit: so sollen italienische Arbeitnehmer künftig wieder deutlich früher in Rente gehen können, wenn sie entsprechend lang Sozialbeiträge abgeführt haben. Das Steuersystem soll radikal vereinfacht werden, mit nur noch zwei Steuersätzen von 15 und 20 Prozent. Ebenso ist ein staatlich gefördertes Grundeinkommen von 780€ geplant – verbunden mit Jobangeboten für Arbeitslose.
    Absage an Sparpolitik
    In der Migrationspolitik steht das voraussichtliche Regierungsbündnis künftig für eine härtere Hand und will die Zahl der Abschiebungen deutlich erhöhen. Dabei setzt das designierte Regierungsbündnis auch auf Europa. Überhaupt sind EU- und Euro-kritischen Passagen in dem Papier in den letzten Tagen deutlich abgeschwächt worden. Von einem Euro-Referendum ist nicht mehr die Rede, Nun heißt es, man wolle die Währungsunion neu justieren, beispielsweise den Stabilitätspakt neu verhandeln und das Europaparlament stärken. Vor allem fordern beide Parteien mehr Flexibilität für Italien und erteilen der Sparpolitik eine Absage.
    Am Wochenende wollen beide Parteien für das Regierungsprogramm werben, und am Montag mit Staatspräsident Sergio Mattarella beraten. Spätestens dann stellt sich die Frage, wer die künftige Regierung anführen soll. Matteo Salvini, der Chef der Lega stellte lediglich klar: weder er noch Luigi di Maio.
    Während Italiens Medien noch über Personalfragen spekulieren, brachte sich ausgerechnet einer selbst ins Spiel, dem gerichtlich gerade erst bestätigt wurde, dass er, nach einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung, wieder für politische Ämter infrage kommt: "Ein gewisser Silvio Berlusconi, der 9 Jahre Regierungserfahrung hat, ist wieder verfügbar. Und am Ende fehlen geeignete Leute, die vertrauenswürdig sind, verständig und ausgeglichen, die das Land auch auf internationaler Bühne vertreten können."
    Dass Silvio Berlusconi Italiens neuer Regierungschef wird, gilt als ausgeschlossen. Ansonsten gibt es, Koalitionsvertrag hin oder her, noch viele Unbekannte.