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Regierungswechsel Spanien
Viele Forderungen an Pedro Sánchez

Beim Misstrauensvotum im spanischen Parlament gegen den bisherigen Regierungschef Mariano Rajoy setze sich der Sozialist Pedro Sánchez dank der Unterstützung von 180 Abgeordneten aus acht Parteien durch. Und nun steht er vor der schwierigen Aufgabe, als Ministerpräsident seine Unterstützer zufriedenstellen zu müssen.

Von Hans-Günter Kellner | 02.06.2018
    Der Führer der spanischen Sozialisten, (PSOE), Pedro Sanchez, stellt sich nach dem Sieg im Misstrauensvotum gegen Ministerpräsident Mariano Rajoy im spanischen Parlament den Fotografen.
    Der Führer der spanischen Sozialisten, (PSOE), Pedro Sanchez, nach dem Misstrauensvotum gegen Ministerpräsident Mariano Rajoy (imago / Emilio Naranjo)
    Ungewohnte Eile in der spanischen Politik: Kann sich eine Amtsübergabe nach Parlamentswahlen über Wochen hinziehen, soll Spaniens König Felipe VI. Pedro Sánchez noch an diesem Wochenende zum neuen spanischen Ministerpräsidenten vereidigen. Nach dem ersten erfolgreichen Misstrauen in der jüngeren Geschichte des Landes darf kein Machtvakuum entstehen.
    Beeilen sollte sich Pedro Sánchez auch mit seiner Kabinettsliste. Denn so lange er die nicht vorlegt, ist er zwar Regierungschef, die Minister von Mariano Rajoy bleiben aber im Amt. Wer seiner Regierung angehören wird, ob es nur Sozialisten sein werden und welche konkrete Politik er machen möchte, sagte Sánchez aber auch nach seiner Wahl im Parlament nicht:
    "Ich bin mir der Verantwortung bewusst. Ich kann nur sagen, dass ich an alle Herausforderungen für unser Land mit Demut herangehen werde. Wir Sozialisten wollen Spanien erneuern, wie wir es immer getan haben, wir werden das im Konsens machen und mit Demut, mit Fleiß und Engagement."
    Koalitionsangebote und Forderungen
    Weder aus der Fraktion noch aus der Partei dringen Nachrichten über die Zusammensetzung des Kabinetts heraus. Dafür machte Podemos-Chef Pablo Iglesias sofort nach der Wahl ein Koalitionsangebot:
    "Wir erwarten, dass Pedro Sánchez bedenkt, wie die Spanier 2016 gewählt haben. Das Parteiensystem mit zwei großen Volksparteien gibt es nicht mehr. Hoffentlich ist Sánchez so verantwortungsvoll, dass er ein Kabinett zusammenstellt, das auch andere Kräfte integriert und somit 156 Abgeordnete im Parlament hinter sich vereint und nicht nur 84.
    Aber auch eine solche Koalitionsregierung hätte im spanischen Parlament noch keine Mehrheit der Stimmen hinter sich. So wird Sánchez wohl mit wechselnden Mehrheiten regieren müssen. Im Parlament hatte er eine sozialere Politik angekündigt. Pepe Alvarez, Generalsekretär der Gewerkschaft UGT, forderte am Abend im spanischen Rundfunk schon eine Rücknahme der Arbeitsmarktreform der Konservativen:
    "Dieses Prekariat mit den kurz befristeten Arbeitsverträgen, mit der von Unternehmern diktierten Teilzeit ist gleichzeitig der Grund für die vielen Betriebsunfälle, für die mangelnden Einnahmen in der Rentenversicherung, für die immer größere Ungleichheit in unserem Land. Zugleich muss die Rentenreform von 2013 zurückgenommen werden, wir bräuchten ein Gesetz gegen die Einkommensunterschiede bei Männern und Frauen. Pedro Sánchez muss seine Wahl auch gegenüber der Straße rechtfertigen."
    Katalanen wollen Zugeständnisse
    Einen ganz anderen Forderungskatalog haben die katalanischen Separatisten an den Sozialistenchef. Medienberichten zufolge haben sich dort die gemäßigten Kräfte durchgesetzt, als sie für den Regierungswechsel gestimmt haben. Nun erwartet der katalanische Regierungschef Quim Torra von Sánchez:
    "Wir hoffen, die Sozialisten sind bereit, sich zu bewegen, Risiken einzugehen. Pedro Sánchez muss erkennen, dass diese schwerwiegende Situation, die Katalonien erlebt, keinen Tag weiter andauern kann. Katalonien und Spanien brauchen den Dialog. Wir werden auch unser Ziel nicht aufgeben, dass Carles Puigdemont wieder Präsident Kataloniens werden muss, nachdem er illegal von dieser Zwangsverwaltung aus dem Amt entfernt wurde."
    So zeigen sich schon vor der Vereidigung von Pedro Sánchez die Probleme, mit denen er sich künftig konfrontiert sieht: Seine Unterstützer im Misstrauensvotum fordern jetzt den Peis für ihre Stimmen.