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Regisseur Brüggemann zu #allesdichtmachen
"Kritik muss wehtun"

Richy Müller, Meret Becker und Ulrich Tukur haben mit anderen Prominenten in ironisch-satirischen Videos die Corona-Politik der Bundesregierung kritisiert. "Die Gruppe ist dabei, den verengten Diskursraum in diesem Land aufzurütteln", sagte Regisseur und Mitinitiator Dietrich Brüggemann im Dlf.

Dietrich Brüggemann im Gespräch mit Mascha Drost |
Porträt des Regisseurs Dietrich Brüggemann.
Der Regisseur Dietrich Brüggemann ist einer der Mitinitiatoren des #allesdichtmachen (picture alliance/Geisler-Fotopress)
Richy Müller atmet in Plastiktüten, Ulrich Tukur fordert die Schließung aller Lebensmittelgeschäfte und Jan Josef Liefers bedankt sich bei den Medien, die seit einem Jahr den Alarm ganz weit oben halten. Drei von zahlreichen Videos, die Schauspielerinnen und Schauspieler unter dem #allesdichtmachen hochgeladen haben, um sich ihrem Ärger gegen die Coronamaßnahmen Luft zu machen.
Einige, wie Heike Makatsch, haben ihre Teilnahme schon wieder zurückgezogen. Dietrich Brüggemann, Regisseur, Drehbuchautor und Mitinitiator, verteidigt die Aktion und erklärt, sie sei in einer Gruppe zustande gekommen. Wer genau dazu gehört, sagte er allerdings nicht. "Diese Gruppe will mit dem verengten Diskursraum in diesem Land aufräumen, in dem wir ihn packen und schütteln."
17.10.2019 Die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guerot spricht auf einer Bühne
Guérot: "Es gibt keinen Raum mehr für legitime Kritik"
Mit der umstrittenen Aktion #allesdichtmachen hätten die beteiligten Schauspieler auf die gesellschaftlichen Gefahren der Coronapolitik aufmerksam machen wollen, sagte die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot im Dlf. Das sei legitim. Doch in der stark polarisierten Debatte gebe es dafür keinen Raum.

Menschenverachtendes Vokabular

Der kolossale Shitstorm zeige, so Brüggemann im Dlf, "dass es nötig ist. Man wird beschimpft in einem Vokabular, das zynisch und menschenverachtend ist. Wenn hier überhaupt jemand rechts ist, dann ist dieser Shitstorm faschistoid."
Kritik an den Coronamaßnahmen gebe es seit einem Jahr, sagte Brüggemann, aber "sie wird entweder gar nicht gehört oder in die Schwurbler- und rechte Ecke gestellt." Das dagegen sein sei eine Phantomdebatte.
"In einer Situation wie dieser muss Kritik wehtun. Wenn man lieb und brav ist, bringt es nichts. Was diese Aktion macht: Sie hält dem besserverdienenden, bessergestellten Medienbürgertum, der Twitterblase, die die ganze Zeit Lockdown fordert, aber völlig übersieht, was mit dem Rest der Gesellschaft passiert, den Spiegel vor."
Screenshot: Der Schauspieler Jan-Josef Liefers in einer Videobotschaft.
Reaktionen "Das hat was irrsinnig Regressives"
Die Aktion #allesdichtmachen von mehr als 50 Schauspielern sorgt nach Applaus von rechts vor allem für Entsetzen und Ratlosigkeit: Schauspielkollegen und viele andere kritisieren die ironischen Videos, deren Botschaft letztlich unklar bleibt.

Applaus aus der rechten Ecke

Dietrich Brüggemann fordert, dass man auch über Kollateralschäden reden müsse. Er habe sein ganzes Leben lang das gesagt und getan, was er für richtig halte. "Jetzt tue ich das weiterhin. Auf einmal kommt Applaus von der AfD und plötzlich sagen alle, du bist jetzt rechts. Wenn man damit nur noch den falschen Leuten in die Hände spielt, was ist das für ein Diskurs."
Die Medien, erklärt Brüggemann, würden oft vorgefertigte Meinungen liefern, Journalisten wüssten schon vorher, was richtig und falsch sei.
Die Debatte um Corona und die Maßnahmen will er erweitern. "All das muss man satirisch überhöhen, überspitzen und zum Abschuss freigeben."