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Regisseur Roman Polanski
Auf der Anklagebank

„Es ist ein Riesenfehler, wenn Polanski sagt, die #MeToo-Debatte sei völlig überflüssig“, sagte der Filmwissenschaftler Andreas Jacke im Dlf. 2018, im Zuge von #MeToo, war der umstrittene Regisseur aus der Oscar-Akademie ausgeschlossen worden. Sein neuer Film wird wieder von Protesten begleitet.

Andreas Jacke im Corsogespräch mit Juliane Reil |
Roman Polanski beim Golden Combat Boot Award im November 2019 in Lodz, Polen.
Ausgezeichnet und zugleich umstritten: Der Regisseur Roman Polanski hat seinen Fall mit der Dreyfus-Affäre Ende des 19. Jahrhunderts verglichen (imago images / Eastnews)
In dem neuen Film von Roman Polanski, "Intrige", geht es um die Dreyfus-Affäre. Ein Justizskandal, der die französische Politik und Gesellschaft Ende des 19. Jahrhunderts tief spaltete.
Auch der mittlerweile 86-Jährige Polanski polarisiert. Immer wieder, seit seiner Flucht aus den USA 1977, – damals wurde er wegen sexuellen Missbrauchs einer 13-Jährigen angeklagt - hat er es mit der Justiz tun. Von mehreren Frauen wurde er der Vergewaltigung bezichtigt. 2018 im Zuge der #MeToo-Debatte war Polanski aus der Oscar-Akademie ausgeschlossen worden.
Im vergangenen April hat Polanski beim Landgericht Los Angeles eine Klage gegen seinen Ausschluss aus der US-amerikanischen Filmakademie eingereicht. Darin sagte er, dass er Unterschiede und Parallelen zwischen seinem Fall und dem Fall von Dreyfus sehen würde. Er sei zwar schuldig - und Dreyfus sei unschuldig gewesen -, aber die Autoritäten hätten in beiden Fällen ernsthafte Fehler begangen und sich geweigert, sie zu korrigieren. Darin sieht der Filmwissenschaftler und Polanski-Kenner Andreas Jacke auch ein Motiv, dass sich Polanski diesen Stoff ausgesucht hat.
Doppeldeutigkeit fatal für das Werk
Der Regisseur würde schon seit längerer Zeit in seinen Filmen mit Doppelbödigkeiten arbeiten, sagte Jacke weiter. Deshalb könnte man den französischen Titel des Films, "J'accuse", als eine Abrechnung Polanskis deuten in Bezug auf seinen eigenen Prozess von 1977, der nicht abgeschlossen werden konnte: "Polanski ist geflohen, weil die Justiz schwere Fehler begangen hat, aber der eigentliche Fehler liegt bei Polanski und seinem Delikt."
Was die Öffentlichkeit ihm übel nehmen würde, sei Polanskis Doppelbödigkeit: Einerseits würde sich der Regisseur schuldig bekennen, erklärte Jacke, aber andererseits behaupte Polanski, dass der Zeitgeist frigider geworden sei in Zeiten von #MeToo. Das sei schade, fügte der Filmwissenschaftler hinzu, da Polanskis Werk darunter leide.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Andreas Jacke: "Roman Polanski – Traumatische Seelenlandschaften"
Psychosozial-Verlag Gießen, 2010. 297 Seiten, 29,90 Euro.