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Regulierung von Tech-Firmen
"Signal ans Silicon Valley"

Dass Vertreter von Facebook, Google und Twitter vor dem US-Kongress aussagen müssen, sei ein Signal ans Silicon Valley, findet der Digitalredakteur Simon Hurtz von der Süddeutschen Zeitung. Im Dlf sagte er, die mächtigen Tech-Firmen wie Facebook und Google könnten nicht mehr sicher vor stärkerer Regulierung sein.

Simon Hurtz im Gespräch mit Sebastian Wellendorf |
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    Firmen im Silicon Valley wie Google müssen sich wohl auf mehr Regulierung einstellen (picture alliance / dpa / Ole Spata)
    Wellendorf: Seit gestern müssen sich die Anwälte von Facebook, Google und Twitter vor dem US-Kongress verantworten. Es geht wieder um die politische Einflussnahme Russlands auf den US-Wahlkampf, die es offenbar in weit höhrem Maße als bisher bekannt gab. Allein bei Facebook hat eine mutmaßliche Sankt Petersburger Trollfabrik in den letzten zwei Jahren rund 126 Millionen Nutzer erreicht, das wäre jeder zweite Wahlberechtigte. Stichwort Liebesgrüße aus Moskau. Simon Hurtz ist Redakteur im Digital-Ressort der Süddeutschen Zeitung. Ich hab ihn vor der Sendung gefragt, welches Signal von dieser Anhörung der Anwälte ausgeht.
    Hurtz: Damit sendet die Politik vor allem ein Signal ans Silicon Valley, nämlich dass sogar die mächtigen Tech-Firmen mittlerweile nicht mehr sicher sein können. Das Stichwort in den USA heißt in dem Fall vor allem: Transparenz. Also man möchte, dass die großen Firmen mehr Informationen rausrücken, wer welche politischen Anzeigen geschaltet hat, welchen Einfluss Falschmeldungen - also das Schlagwort Fake News - im US-Wahlkampf wirklich hatten und auf welchen Grundlagen personalisierte Werbung eigentlich abläuft.
    Wellendorf: Wieso jetzt dieser Schritt? Ist tatsächlich die Dimension der russischen Einflussnahme in den Netzwerken der Grund für das härtere Vorgehen? Donald Trump und die Republikaner können ja hier nicht die treibende Kraft sein.
    Hurtz: Das trägt sicher dazu bei, also tatsächlich sind Demokraten in dem Fall in den USA eher die treibende Kraft hinter dieser Gefahr der Regulierung - aus Sicht von Facebook gesprochen. Es waren ja auch zwei demokratische Senatoren, die kürzlich einen Gesetzentwurf vorgelegt haben, der die Unternehmen zu mehr Transparenz verpflichten würde in Bezug auf politische Anzeigen. Und grundsätzlich glaub ich, dass viele Politiker langsam merken, dass Digitalthemen eben nicht nur irgendwas in diesem Internet sind, sondern sehr reale Auswirkungen in der "echten Welt" haben.
    "Auf keinen Fall an autoritären Regimen orientieren"
    Wellendorf: Aber jetzt noch mal konkret, wie diese Regulierung aussehen könnte. Sie haben gerade den Gesetzesentwurf angesprochen. In Deutschland gibt es ja seit dem 1. Oktober das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Die Regierung von Vietnam hat sogar einen speziell eingerichteten Kanal durchgesetzt, auf dem die Regierung Beiträge melden kann, die ihr dann nicht gefallen und die Facebook dann versprochen hat zu löschen. Wie könnte ein Gesetzesentwurf in den USA aussehen, der das Netz reguliert?
    Hurtz: Ich glaube, dass die USA sich da auf keinen Fall an autoritären Regimen orientieren sollten, wie das zum Teil in Vietnam der Fall ist oder gerade in China. Es ist ja weltweit so, dass eher die undemokratischen Staaten Facebook und Google da besonders hart in die Verantwortung nehmen und diese Konzerne durchaus auch bereit sind, da Zugeständnisse zu machen, um auf diese zum Teil riesigen Märkte zu kommen. Ich glaube, das sollte nicht das Vorbild sein. Aber mehr Transparenz ist sicher ein Punkt, also dass gerade Facebook Informationen der Politik oder Juristen, Gerichten zur Verfügung stellen muss, welche Anzeigen sie zulassen, wie viele Leute davon erreicht werden. Und eine Debatte, die eben vor allem in Deutschland präsent ist, also dieses Stichwort Hate Speech, was in den USA ja weniger aktuell ist, weil da die Meinungsfreiheit ein noch viel höheres Gut ist. Ich glaube, darüber muss man sich schon auch Gedanken machen, ob es sinnvoll ist, dass Tech-Konzerne allein entscheiden, quasi wo Zensur anfängt und wo Meinungsfreiheit aufhört oder ob es nicht besser ist, wenn da der Staat oder doch zumindest externe unabhängige Organisationen und vor allem Gerichte ein Wörtchen mitzureden haben.
    Wellendorf: Bislang ist das alles Theorie. Wie realistisch ist das aus Ihrer Sicht, dass tatsächlich nicht nur ein Gesetzesentwurf, sondern tatsächlich ein Gesetz zustande kommt?
    Hurtz: Ich kann das in Bezug auf die USA sehr schlecht einschätzen. Da kenne ich mich mit der aktuellen US-Politik zu wenig aus. Ich glaube grundsätzlich, dass man weltweit schon eine Entwicklung sieht, die den Tech-Firmen bedrohlich werden könnte oder die sie zumindest als gefährlich empfinden müssen. Dass Politiker, Staaten und Behörden ja eben auf der ganzen Welt plötzlich sagen, da entsteht gerade etwas, das wir stärker regulieren müssen oder überhaupt regulieren müssen. Bislang im vergangenen Jahrzehnt gab es solche Versuche aus der Politik ja eher nur sehr selten, und wirklich kompetente Netzpolitiker waren die Ausnahme. Und ich glaube, es gab immer dort Datenschützer, die ein bisschen gequengelt haben, aber Facebook hat die tendenziell eher nicht ernst genommen. Und mittlerweile fängt in Brüssel ein Teil der Regulierung an. Google musste kürzlich erst zweieinhalb Milliarden wegen seiner Shopping-Suche zahlen. Das sind dann auch Beträge, die auch diese großen Firmen durchaus schmerzen könnten. Und wenn da weltweit viele Staaten zusammen anfangen, zu sagen, so, wir, die Politik will jetzt langsam mal etwas mehr Kontrolle über den digitalen Raum bekommen - ich will nicht sagen, sie sollte ihn komplett kontrollieren - aber quasi so Spielregeln für den digitalen Raum schaffen, dann könnte das die großen Tech-Firmen in ihrer kompletten Handlungsfreiheit, die sie bisher hatten, durchaus treffen.
    Wellendorf: Simon Hurtz ist fürs Digitale bei der Süddeutschen Zeitung zuständig, mit ihm hab ich über die Hintergründe der Anhörung von Facebook, Google und Twitter vor dem US-Kongress gesprochen. Danke, Herr Hurtz.
    Hurtz: Gerne.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.