Noch immer zeigt sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann entsetzt über die neue Stufe der Gewalteskalation gegenüber Polizisten und dem Freistaat. Er sei schockiert, dass bayerische Beamte bei einer gerichtlich angeordneten, durchaus gewöhnlichen Durchsuchung derart brutal angegriffen werden: "Es ist hier schon dramatisch, wie sich eine solche Situation entwickelt."
Am Morgen hatten mehrere Beamte gemeinsam mit dem SEK-Einsatzkommando Nordbayern ein Haus im fränkischen Georgensgmünd betreten wollen, um rund 30 teils historische Waffen einzuziehen. Dem Besitzer, einem 49-jährigen Mann, der dort bei seiner Mutter wohnt und sich als Reichsbürger bezeichnet, war laut Beschluss des Landratsamtes Roth die Waffenlizenz wegen des Verdachts der fehlenden Sorgfaltspflicht entzogen worden. Seit geraumer Zeit werden Waffenbesitzer in Bayern routinemäßig auf Verlässlichkeit untersucht, so Landrat Herbert Eckstein: "Wir haben dann einen Bescheid erstellt, um einfach diese Waffenbesitzkarten und Jagdschein zu widerrufen. Das hat er natürlich nicht beantwortet. Wir haben dann beim Verwaltungsgericht in Ansbach einen Antrag auf Beschluss für eine Durchsuchung gestellt."
Täter wollte sich offensichtlich bewusst den Staatsbeamten entziehen
Zum ersten Mal wurden die Behörden im Mai auf den 49-Jährigen aufmerksam, weil er keine KFZ-Steuer bezahlen wollte. Darauf ergingen zahlreiche Schreiben bis hin zur Vollstreckung. Ein beauftragter Gerichtsvollzieher erhielt keinen Zutritt wie auch andere Mitarbeiter seiner Behörde, so Eckstein.
Während der heutigen Durchsuchung hatte der Mann durch eine geschlossene Zimmertür ohne Vorwarnung auf die Eintretenden geschossen, so der mittelfränkische Polizeipräsident Johann Rast auf der Pressekonferenz. Dabei sind vier Polizisten verletzt worden, zwei durch herumfliegende Glassplitter, zwei durch Schussverletzungen, einer von ihnen schwebte bis zum Nachmittag in Lebensgefahr. [Anm. d. Red.: Die Polizei Mittelfranken hatte zwischenzeitlich fälschlicherweise gemeldet, dass der Polizist verstorben sei. Kurz danach widerrief die Polizei die Meldung und entschuldigte sich.] Eine Kugel sei trotz Schutzweste in den Oberkörper eingedrungen, so die Ermittler. Der Täter wollte sich offensichtlich bewusst den Staatsbeamten entziehen. Als sogenannter Reichsbürger hatte er rund um sein Haus eine gelbe Markierung angebracht als Kennzeichen eines anderen Staatsgebietes: "Hier haben wir jetzt eine für uns in Bayern bislang so nicht bekannte Eskalation und das bedeutet aus meiner Sicht ganz eindeutig, dass wir von Seiten des Verfassungsschutzes jetzt alles, was an Reichsbürger, die in Bayern unterwegs sind, noch schärfer in den Blick nehmen müssen."
Herrmann will Reichsbürgern mit Waffen die Lizenzen entziehen
Man werde die sogenannte Reichsbürgerbewegung jetzt noch intensiver beobachten, kündigt Herrmann an: "Ich nehme das zum Anlass, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass offensichtlich diese Reichsbürgerbewegung nicht als eine Bewegung von ein paar Spinnern oder nur historisch ewig Gestrigen sind, abzutun ist, sondern dass es sich hier offensichtlich um Leute handelt, die sich in ihren ideologischen Überzeugungen derartig verrennen, dass sie auch zu Gewalt gegenüber dem Staat in der Lage sind."
Man müsse wissen, wer von diesen Reichsbürger, die das deutsche Rechtssystem ablehnen, sich eigene Ausweise basteln und keine Steuern zahlen, gefährlich sein könne. Man werde allen Reichsbürgern, die Waffen besitzen, die Waffenlizenzen entziehen.