Archiv

Reihe Clans: die Unternehmer-Dynastie Bata
Schuhe für die Welt aus Tschechien

Was in Deutschland die Albrechts, Oetkers oder Porsches sind, ist in Tschechien die Unternehmerfamilie Bata. Seit 1894 produziert sie Schuhe - mittlerweile in vierter Generation. Der Weltkonzern hat in der Stadt Zlin in Südmähren Spuren hinterlassen.

Von Peter Lange |
Son of Tomas Bata, Tomas Bata jr, left, and his uncle J.A. Bata pictured shortly after the death of Tomas Bata sr. in 1932 in Zlin Bata company founded by Tomas Bata and his family is one of the most well known Czech entreprises. The Bata shoe company expanded to to more then countries worldwide. Foto: CTK +++(c) dpa - Report+++ |
Tomas Bata junior (l.) mit seinem Onkel J.A.Bata nach dem Tod des Firmengründers in den frühen dreißiger Jahren (CTK)
Dieser Aufzug ist immer noch eine Attraktion. Sechs mal sechs Meter ist er groß, ein komplettes bewegliches Büro für den Chef, mit Waschbecken, Heizung und Klimaanlage.
"Wir beginnen die Bata-Geschichte hier eigentlich vom Ende her", erzählt Silvie Lecikova vom Batamuseum in Zlin. "Ende der 1930er-Jahre erreichte die Firma Bata ihren Höhepunkt und ließ ein neues Verwaltungsgebäude errichten, den Zliner Wolkenkratzer."
Gelernt bei Ford
Angefangen hat es 1894. Tomas Bata, ein junger Schuhmacher in Zlin, steht kurz vor der Pleite. Aus purer Not produziert er Schuhe aus Lederresten und Segeltuch. Und die erweisen sich als der Renner. Von da an wird expandiert.
"Der alte Bata war mit Ford vergleichbar", sagt der Historiker Zdenek Pokluda. "Er war ein großer Unternehmer, Organisator und eine wichtige Persönlichkeit des öffentlichen Lebens."
Bei Ford in den USA lernt Tomas Bata, was industrielle Effizienz bedeutet. Zurück in Zlin führt er das Fließband für die Schuhproduktion ein. Seine Arbeiter verdienen ein Drittel mehr als üblich, produzieren aber dafür auch viel mehr und billiger. Sie sind am Gewinn beteiligt, an Verlusten allerdings auch. Der Profit ist trotzdem enorm. Und Batas Schuhe können sich auch die armen Leute leisten.
"Die Hälfte der Weltbevölkerung läuft barfuß. Und nur fünf Prozent sind mit guten Schuhen ausgestattet. Da sieht man, wie wenig wir bisher erreicht haben und was für ein Stück Arbeit auf die Schuhmacher der Welt wartet."
Mit dem Militärstiefel zum Geschäftserfolg
Auch die Soldaten von Kaiser Franz-Joseph tragen im ersten Weltkrieg Stiefel von Bata, ein Riesenauftrag. Dafür werden seine Arbeiter nicht zum Militär eingezogen. In Zlin lässt er nach dem Krieg abseits vom alten Zentrum eine Fabrik nach der anderen errichten. Ein neues Stadtviertel entsteht, ein funktionalistisches Ensemble, rote Ziegel von weißen Betonbändern umrahmt, rund 60 Gebäude. Dazu Einkaufszentrum und Gemeinschaftshaus. Für die Arbeiter lässt der Chef rund 2.000 Kleinsthäuser bauen.
"Es ging nicht nur um harte Arbeit, sondern wenn man für die Firma arbeitete, gehörte man ihr. Man wohnte in Bata Häusern, kaufte Bata-Sachen ein. Alles war kontrolliert, auf Arbeit wie zu Hause, das war nicht jedermanns Sache."
Tomas Bata pflegt einen patriarchalischen Führungsstil, vermengt mit Lebensreform-Gedanken und einer Vision:
"1924 hat Bata gesagt, dass er aus seinen Angestellten Kapitalisten machen will. Seit dem Moment hat sich die ganze Linke gegen ihn verschworen."
1932 beschäftigt Bata weltweit 31.000 Mitarbeiter. Der Konzern produziert 36 Millionen Schuhe pro Jahr. Seine 2.500 Schuhgeschäfte finden sich zwischen Chicago und Singapur. Im selben Jahr stirbt Tomas Bata bei einem Flugzeugabsturz. Sein jüngerer Halbbruder Jan übernimmt die Firma in Zlin bis in die Zeit der deutschen Besatzung. 1941 emigriert er nach Brasilien und gründet dort Bata-Städte mit Schuhfabriken. Tomas Bata junior, der Sohn des Gründers, ist schon vorher nach Kanada gegangen und hat dort ebenfalls einen Schuhkonzern unter dem Familiennamen gegründet.
In der Tschechoslowakei wird das Unternehmen gleich nach dem Krieg verstaatlicht. Die Kommunisten sorgen später dafür, dass der Name Bata ganz verschwindet, wie auch der Stadtname. Bis zur Samtenen Revolution heißt Zlin Gottwaldov - nach dem Chef der Kommunisten.
"Tomas Bata junior kam im Dezember `89 zu uns. Und in Zlin gab es ein großes Treffen. 30.000 Menschen haben Bata gefeiert, symbolisch. Es gab Pläne, Versprechungen, Erwartungen der Menschen in Zlin. Sie waren glücklich, dass er wieder da war. Jetzt wird wieder alles gut. Aber nichts ist passiert".
Enttäuschte Erwartungen nach dem Ende des Kommunismus
Wenn die Familie Bata ihr Eigentum zurückhaben wollte, muss sie es vom Staat kaufen. Sie erwirbt aber nur eine Schuhfabrik, die außerhalb von Zlin liegt. Und eine Kette von Schuhläden in Tschechien, darunter den Flagship-Store am Prager Wenzelsplatz. Zlin durchlebt danach eine schwere Zeit. Bata-Schuhe werden hier nicht mehr hergestellt. Die funktionalistischen Werkhallen sind seit 2004 restauriert worden und gehören zum Unesco-Weltkulturerbe. Inzwischen haben sich hier neue Firmen und Startups niedergelassen. Für das Erbe der Batas - immer noch ein Weltkonzern - ist inzwischen Tomas Archer Bata zuständig, der Urenkel des Gründers.
"Ich denke, diese Botschaft, die Geschichte von Thomas Bata, ist immer noch wichtig. Er kam aus dem Nichts und hatte eine Vision, die alle mit einbezieht. Eine Vision, die sich nach außen richtet. Das ist großartig. Ein grandioses Erbe für das Land und ich hoffe, man kann darauf aufbauen."