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Reihe: "Fachkräfte auf Wanderschaft" (2)
Nachschulung für ausländische Pflegekräfte

In den Kranken- und Pflegeeinrichtungen in Deutschland herrscht Personalmangel. Ausländische Fachkräfte sollen die Lücken füllen. Doch die Berufsabschlüsse werden häufig nicht anerkannt. Voraussetzung für den Jobeinstieg ist ein sogenannter Anpassungslehrgang an einer Pflegeschule.

Von Stephanie Gebert |
Eine Altenpflegerin begleitet eine ältere Frau mit dem Rollator durch den Flur eines Pflegeheims.
Das Berufsbild "Pflege" in Deutschland unterscheidet sich deutlich von anderen Ländern - ausländische Fachkräfte müssen sich nachqualifizieren. (picture alliance / dpa / Christoph Schmidt)
"Mein Name ist Zardash Ahmad. Ich bin 32 Jahre alt und komme aus dem Irak. Ich habe studiert im Irak und bin direkt nach meinem Abschluss nach Deutschland gekommen."
Das Diplom in der Tasche und trotzdem keine Anstellung als Pfleger - so wie Zardash Ahmad geht es allen, die an diesem Morgen in einem hellen Klassenzimmer der Luise-von-Marillac-Schule im Kölner Norden sitzen. Rund 20 Frauen und Männer aus so verschiedenen Ländern wie Indien, Tunesien, den Philippinen oder Bosnien werden hier im Anpassungslehrgang für den deutschen Arbeitsmarkt fit gemacht. Das heißt: Sie haben zwar in ihren Heimatländern eine Ausbildung als Pflegekraft absolviert, die reicht aber für einen Job in Deutschland nicht aus. Darum werden sie in bis zu 360 Schulstunden nachqualifiziert und lernen neben medizinischen Fachbegriffen, Arzneimittellehre und Pflegewissenschaftlichen Standards auch das deutsche Gesundheitswesen kennen: Welche Krankenkassen gibt es? Welche Leistungen übernehmen sie? Wer entscheidet über den Pflegegrad eines Patienten?
Rollenspiel als Training für den Umgang mit Patienten
Heute steht in der Klasse von Zardash Ahmad ein Rollenspiel an. Die Aufgabe: Einem Patienten soll vor einer Untersuchung der Ablauf genau erklärt werden. In diesem Fall die Reinigung einer Wunde. Dafür liegen Gummihandschuhe auf dem Tisch, Mullbinden und Desinfektionsmittel:
"Gucken Sie mal hier, hier ist eine Wunde. Und das müssen wir nochmal öffnen und gucken, wie das aussieht." " Nein, das tut weh sicher." "Da brauchen sie keine Angst haben."
Mit viel Empathie ist die Gruppe bei der fiktiven Wundversorgung – genau beobachtet von allen anderen im Klassenzimmer. Ausbilderin Leane Gabriela:
"Da sind die auch sehr lebendig. Die lieben Rollenspiele und das expressiv sein."
Die erfahrene Pflegepädagogin hat den aktuellen Anpassungslehrgang an der Luise-von-Marillac-Schule entwickelt. Ihr ist wichtig, dass alle Teilnehmer zu Beginn die spezielle Kommunikation mit dem Patienten lernen:
"Das vermitteln wir, dass das zu unserem Auftrag gehört. Auch das Zuhören, ein helfendes Gespräch zu führen, die verschiedenen Ebenen der Gesprächsführung. Das vermitteln wir alles und das war für die alles neu."
Berufsbild unterscheidet sich von dem im Ausland
Denn die Ausbildung von Pflegepersonal ist in Nicht-EU-Ländern teilweise anders. Jonajda Vukaj etwa hat drei Jahre in Albanien Pflege studiert und war überrascht, dass sich die Aufgaben für Pflegekräfte in Deutschland durchaus von denen in ihrem Heimatland unterscheiden:
"In Deutschland die pflegerische Sache war neu für mich. Bei uns eine Krankenschwester macht keine Körperpflege. Das machen andere Leute, Verwandte und Angehörige."
Die 24-Jährige weiß es zu schätzen, was sie jetzt im Anpassungslehrgang in Köln lernt. Allerdings ist sie auch ein wenig enttäuscht, dass ihr Diplom aus Albanien nicht vollständig in Deutschland anerkannt wird.
"Das ist Zeit und Geld und eine Prüfung. Und ich will schnell arbeiten. Aber, die Gesetze sind halt anders."
Krankheitsbild Demenz in vielen Ländern tabuisiert
Jonajda Vukaj ist gemeinsam mit ihrer Mutter aus Albanien nach Deutschland gekommen. Die ist Krankenschwester und muss ebenfalls einen Lehrgang besuchen, bevor sie in Deutschland arbeiten darf. Beide werden in der Pflegeschule in Köln auch mit dem Thema Demenz konfrontiert - zentraler Unterrichtsstoff im Lehrgang, sagt Pflegepädagogin Gabriela. Denn in vielen Ländern außerhalb der EU sei das Krankheitsbild wenig bekannt:
"Ich habe einmal eine Dokumentation gezeigt. Dann war da eine Teilnehmerin aus Aserbaidschan, die hat dann 45 Minuten lang geweint. Weil: Sie haben diese Erkrankten, aber das wird halt tabuisiert. Und dann ist das hier plötzlich offenes Thema und dann kann das natürlich auch Emotionen auslösen."
Mehr Bewerber als Lehrgangsplätze
Die Pflegeschule in Köln ist überlaufen; jedes Jahr muss sie viele Bewerber für den Lehrgang abweisen. Es fehle an passendem Lehrpersonal, erzählt Schulleiterin Beate Eschbach. Zardash Ahmad aus dem Irak und die gebürtige Albanerin Jonajda Vukaj haben sich durchgesetzt. Sie werden Anfang kommenden Jahres alle für sie vorgeschriebenen Unterrichts- und Praxismodule durchlaufen haben. Dann steht ein Prüfungsgespräch an. Sollten sie das bestehen, dürfen die beiden auf dem deutschen Arbeitsmarkt durchstarten. Zardash Ahmad und Jonajda Vukaj:
"Wenn ich fertig bin, möchte ich im Uni-Klinikum arbeiten, da gibt es soviel Stationen, ich mag das. Man kann viele Informationen sammeln und viele Krankheiten kennenlernen."
"Ich habe so viele Träume. Hoffentlich erstmal kann ich Erfahrung bekommen in dem Krankenhaus, wie das alles hier funktioniert und dann vielleicht auch eine Weiterbildung."