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Reihe Isolationsfutter
Ich bin dann mal Berg

Kaum ein Medium eignet sich so sehr zur Weltflucht, wie Computerspiele. Und vermutlich haben wir uns selten so sehr nach anderen Welten gesehnt, wie zu Corona-Zeiten. Deswegen: Alltag aus, Computerspiel rein, hier kommt der ultimative Eskapismus-Guide.

Von Christian Schiffer |
In einer herbstlichen Landschaft wehen Blätter und Blüten vor einem wolkenverhanden Himmel
In "Flower" für die PS 4 spielt man einen ungewöhnlichen Charakter: den Wind. (Thatgamecompany)
In "Flower" sind wir der Wind, der über eine wunderschöne Wiese saust und die Blüten bestäubt. Die Blumen gehen dann auf, die Grashalme verneigen sich anmutig vor uns, dazu klimpert beruhigende Piano-Musik. Kein Zweifel: Flower ist ein regelrechtes Zen-Game, eine beruhigende, interaktive Kopfmassage. Irgendwie Yoga, aber ohne Yoga. Wir sind der Wind, wir bestäuben Blumen, wir ruhen in uns. Corona? Ganz weit weg.
Vom Kurztrip bis zur Odyssee
Computerspiele entführen uns in andere Welten und in diesen Welten können wir Dinge tun, die im Real Life unmöglich sind: Gott spielen, Monster zu Matschepatsche ballern oder sogar 1860 München in die Champions League führen. Die im Medium angelegte Möglichkeit zur Weltflucht schlägt sich auch in der Art nieder, wie über Computerspiele gesprochen und geschrieben wird. Manche Rezensionen erinnern an Reiseberichte und ein wichtiges Kriterium für die Qualität eines Computerspiels ist sehr oft auch die Länge der Spielzeit vom Kurztrip mit Begrüßungs Mai-Thai bis zur Odyssee mit Unendlichkeitsfetisch.
Digitale Freiheit riechen in "The Mountain"
Was aber sind denn nun die Top-Reisedestinationen des Mediums Computerspiel? Wie schon bei Flower, ist es die Natur. In Zeiten von Corona brauchen wir Stille, Kontemplation, wir wollen uns einseifen mit wohligen Gefühlen, die digitale Sonne auf unserer Haut spüren und die digitale Freiheit durch den Monitor riechen. Und vielleicht wollen wir, anders als sonst, in Computerspielen, die uns ja eigentlich zur Interaktion zwingen, auch einfach mal gar nichts tun.
In "The Mountain" zum Beispiel spielen wir einen, nunja, Berg. Und dürfen dann das tun, was Berge eben so tun: Rumstehen und sich Wind und Wetter aussetzen. Wir sind der Berg, wir stehen rum, wir ruhen in uns. Corona? Ganz weit weg.
"Walden, a game" - jagen, fischen, Holzhütte bauen
Aber okay, seien wir ehrlich: Wind sein, Berg spielen, als Einsiedler hausen, das ist ja alles ganz nett.
Aber Weltflucht ist am Ende doch keine Lösung. Was wir brauchen, sind Spiele die uns zeigen, wie gut wir es haben, auch hier, auch in der realexistierenden Corona-Welt. Vorhang auf für Bioshock.
Flucht zurück
Der Ego-Shooter spielt vor dem Hintergrund eines gescheiterten Gesellschaftsexperiments. Genauer: Ein Experiment, das auf der hardcore-libertären Ideologie von US-amerikanischen Autorin Ayn Rand basierte. Nun irren in der Unterwasserstadt Rapture verwirrte und verängstigte Bewohner herum, manche von ihnen grässlich mutiert.
Wer Bioshock spielt, der kann nur zur Überzeugung gelangen: Im realexistierenden, nicht-virtuellen Zuhause ist es im Vergleich dazu doch ganz schön – Corona hin, Corona her.
Hier gibt es alle Beiträge aus unserer Reihe Isolationsfutter - Pop-Tipps für die Quarantäne.