Im Oktober 1993 erschien auf Island Records ein Album mit besonders deftigem Indie-Charme: "4 Track Demos" von PJ Harvey bestand zum guten Teil aus Rohversionen der Stücke vom zweiten Album "Rid Of Me", das ein halbes Jahr vorher erschienen war.
Mithilfe einer Vierspur-Maschine musizierte PJ Harvey ganz allein in ihrer Wohnung und sang sich selbst die Background Stimme. Produzent Steve Albini fand das großartig. Und auch als Künstlerin war PJ Harvey mittlerweile allein, zuerst stand ihr Name für ein Trio, für das sie die Songs schrieb.
Verzerrte Gitarren, Low-Fi Klangexperimente
PJ Harvey (1993) "Ich schreibe die Songs in der Band und ich weiß, dass ich noch weiter Songs schreiben und Musik machen werde, für einige Zeit, aber ich kann nicht garantieren, dass Rob und Steve das wollen."
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Sie wisse ja nicht, ob ihre Bandkollegen auch weitermachen wollten, meinte PJ Harvey im MTV Interview 1993. Tatsächlich trennten sich die Wege bald darauf. Es blieb das Genie in seiner Reinform, das wurde mit den "4 Track Demos" zelebriert. Mehr und weniger verzerrte Gitarren, Cello, Orgel und Drumsticks, alles spielt PJ Harvey. Mitunter ist sie in Low-Fi-Klangexperimente gekippt, die aber auch mitreißend sind. Nur entspannt klingt es nie.
Keine Romantik ohne Schmerz
Die dunkle und doch fragile Stimme wechselt die Register ebenso effektiv wie die elektrische Gitarre, die den Song unablässig antreibt. So kann PJ Harvey ganz allein ein großes Publikum in ihren Bann ziehen, zumal ihre Lyrics dem Sound an Spannung in nichts nachstehen. Wenn sie von Hingabe singt, dann ist das immer passive aggressive. Es gibt keine Romantik ohne Schmerz, aber da steckt auch Kraft dahinter.
Das prägnante "Hardly Wait" erschien nur in der Demo-Version. Kein Zeitgeist stört die rohe Klarheit der einfachen Aufnahmen, der Sound ist immer frisch. In der reduzierten Form der "4 Track Demos" steckt bereits alles, was PJ Harvey zur großen Künstlerin macht. Auch wenn sie noch, wie sie in "Hardly Wait" singt, "im gläsernen Sarg wartet".
Die "4 Track Demos" hat sich Paul Lohberger im Frühling 1995 gekauft, die CD im Herbst verliehen und nie wieder bekommen. Und auch wenn der Klangkörper weg war, der Klang ist geblieben. Das Folgealbum "To Bring You My Love" brachte PJ Harvey den großen Durchbruch und ist vor 25 Jahren erschienen. Große Namen wie "Flood" hatten der Produktion den Feinschliff verpasst, doch sie orientierten sich am Feeling der "4 Track Demos".