Das arme kommunistische China und die reiche, kapitalistische Marktwirtschaft USA entwickelten seit den 1970er-Jahren eine außergewöhnliche Wirtschaftsbeziehung. Über die Jahrzehnte wurde China die Werkbank der USA. Die unausgesprochene Grundlage war: Man bemüht sich, miteinander auszukommen und ist überzeugt, das Ergebnis rechtfertige den Einsatz und nütze beiden Seiten. Das habe mal besser, mal schlechter geklappt, erläutert der amerikanische China-Experte Orville Schell vom Asia Institute. Bis Chinas jetziger Präsident Xi Jinping an die Macht kam. Er habe eine völlig andere Sicht des chinesisch-US-amerikanischen Verhältnisses.
"Nicht auf der derselben Wellenlänge"
"Wir würden nicht miteinander auskommen. Wir würden nicht gemeinsam Lösungen finden. Und wir würden schließlich nicht auf der derselben Wellenlänge sein mit dem Ziel, enger aneinander zu rücken. Nun gab es die Vorstellung, dass unsere beiden Länder weiter auseinanderrücken." Seither hat sich das Verhältnis zwischen den Regierungen konstant verschlechtert.
Es geht um Chinas Subventionen für einheimische und um erschwerte Bedingungen für ausländische Unternehmen, weitaus wichtiger aber ist Chinas Innovations- und Investitionsstärke im Technologiesektor, gekoppelt mit einer umfassenden Kontrolle durch die Kommunistische Partei Chinas. Das Programm heißt offiziell "goldener Schutzschirm" - für westliche Regierungen ist es Spionage, die über populäre chinesische Technologieprodukte funktioniert, etwa über Apps wie TikTok und WeChat oder Telefone und Netze von Huawei.
"Überfälliges" Decoupling
Donald Trumps betont hartes Auftreten gegenüber China und sein Versprechen, Arbeitsplätze zurückzuholen in die USA, haben den Konflikt weiter verschärft: Es geht um Ausfuhrverbote für US-Produkte wie Halbleiter und Einfuhrverbote, um Strafzölle für viele chinesische Technologieprodukte, um die Aufhebung der Börsenzulassung für chinesische Unternehmen - und um Gegenmaßnahmen Chinas. Elbridge Colby, Direktor des konservativen Thinktanks Marathon Initiative, hält daher ein Decoupling, ein Trennen verflochtener Wirtschaftsbereiche beider Länder, für überfällig:
"Es geht insbesondere um Sektoren, die wichtig seien für die nationale Sicherheit, um Soziale Netzwerke und Apps und vor allem Bereiche, wo China über seine Produkte Druck ausüben könne."
Decoupling bedeutet in letzter Instanz aber auch Verlagern der Werkbänke, in diesem Fall weg aus China. Das allerdings überlegen einer Umfrage zufolge nur vier Prozent US-Unternehmen, die in China aktiv sind - und wenn sie es tun, dann oft nur aus wirtschaftlichen Gründen. Eine in 40 Jahren gewachsene Produktionsinfrastruktur ist nur schwer zu ersetzen, und neue Jobs in den USA entstehen dadurch auch nicht.
Derzeit litten vor allem amerikanische Verbraucher, die betroffene Produkte kaufen, unter Strafzöllen und Exportverboten, sagt Tianlei Huang, China-Experte am Peterson Institute for International Economics. China spürt die Auswirkungen derzeit noch nicht so stark, bislang ist der Anteil des Landes an den weltweiten Lieferketten bei Computern und Tablets nur um wenige Prozent gesunken.
Viele chinesische Experten und Politiker fürchten aber, dass das US-Exportverbot etwa für Halbleiter die Computerbranche in China am Ende hart treffen wird wegen des vergleichsweise geringen KnowHows in diesem Sektor. "Wir werden ein Technologielager sehen, geführt von China, und eines geführt von den Vereinigten Staaten."
Chinas neue Strategie der Unabhängigkeit vom Ausland
Im Finanzbereich glaubt der China-Experte Huang nicht an ein Decoupling: Die Aufhebung der Zulassung chinesischer Unternehmen an den US-Börsen werde kein chinesisches Kapital aus den USA fernhalten. Gleichzeitig hat China seine Finanzmärkte geöffnet und viele US-Unternehmen sehen da ihre Chance, die Investitionen nehmen zu, oft in einem veränderten Rahmen: Mehrheitsverhältnisse in Joint Ventures oder durch die Gründung neuer Tochtergesellschaften in China. Von Asset Management über Versicherungen bis zu Finanzdienstleistungen.
Auf den Handelskrieg und das Fehlen wichtiger Komponenten für chinesische Erfolgsprodukte hat China nun mit einer neuen Wirtschaftsstrategie reagiert. Sie zielt auf Unabhängigkeit von ausländischen Märkten ab, aber nicht gegen multinationale Konzerne. Denen hat Präsident Xi persönlich günstige Geschäftsbedingungen zugesichert. Tianlei Huang vom Peterson Institute in Washington:
"China startet seine Politik der zwei Kreisläufe zur Förderung der heimischen Produktion und des heimischen Konsums. Viele multinationale Konzerne, die in China produzieren, verkaufen dort auch ihre Produkte."
Auf den Handelskrieg und das Fehlen wichtiger Komponenten für chinesische Erfolgsprodukte hat China nun mit einer neuen Wirtschaftsstrategie reagiert. Sie zielt auf Unabhängigkeit von ausländischen Märkten ab, aber nicht gegen multinationale Konzerne. Denen hat Präsident Xi persönlich günstige Geschäftsbedingungen zugesichert. Tianlei Huang vom Peterson Institute in Washington:
"China startet seine Politik der zwei Kreisläufe zur Förderung der heimischen Produktion und des heimischen Konsums. Viele multinationale Konzerne, die in China produzieren, verkaufen dort auch ihre Produkte."
Auch bei einem Biden-Sieg keine Entspannung erwartet
Decoupling und getrennte Strategien werden trotzdem nicht zu einem baldigen Abbau der Konfrontation zwischen den USA und China führen, glaubt Elbridge Colby vom konservativen Thinktank Marathon Initiative. Daran würde auch eine Regierung unter einem US-Präsidenten Biden nichts ändern:
"In Sachen China gebe es eine erstaunliche Übereinstimmung zwischen Demokraten und Republikanern, erstaunlich wegen des brutalen Wahlkampfes."
Tianlei Huang vom Peterson Institute ist überzeugt: Erst wenn die chinesische Regierung ihre Industriepolitik grundlegend ändere und wirklich energisch die Subventionen für chinesische Unternehmen herunterfahre, erst dann werde das Verhältnis zwischen den USA und China wieder besser. Aber wenn überhaupt, werde eine solche Veränderung, wie immer in China, sehr lange dauern.
"In Sachen China gebe es eine erstaunliche Übereinstimmung zwischen Demokraten und Republikanern, erstaunlich wegen des brutalen Wahlkampfes."
Tianlei Huang vom Peterson Institute ist überzeugt: Erst wenn die chinesische Regierung ihre Industriepolitik grundlegend ändere und wirklich energisch die Subventionen für chinesische Unternehmen herunterfahre, erst dann werde das Verhältnis zwischen den USA und China wieder besser. Aber wenn überhaupt, werde eine solche Veränderung, wie immer in China, sehr lange dauern.
Dieser Beitrag ist Teil 4 der Reihe "Kalter Krieg um Technologie und Daten"
Teil 1: Huawei: Der Stolz der chinesischen IT-Wirtschaft
Teil 2: Mobilfunk ohne chinesische Komponenten: Schaden für die Telekom?
Teil 3: Wo haben sich Firmen aus von China abhängig gemacht?
Teil 4: Digitaler Mauerbau: Zerfällt die Welt in zwei Wirtschaftssphären?
Teil 5: Digitale Seidenstraße: Versucht China, sich wirtschaftlich abzukoppeln?
Teil 1: Huawei: Der Stolz der chinesischen IT-Wirtschaft
Teil 2: Mobilfunk ohne chinesische Komponenten: Schaden für die Telekom?
Teil 3: Wo haben sich Firmen aus von China abhängig gemacht?
Teil 4: Digitaler Mauerbau: Zerfällt die Welt in zwei Wirtschaftssphären?
Teil 5: Digitale Seidenstraße: Versucht China, sich wirtschaftlich abzukoppeln?