"China ist tief integriert in die globalen Wertschöpfungsketten. bisher ging das alles noch mit Vorräten, die man hat. Jetzt gehen die dann irgendwann zur Neige, da muss man das, muss das wieder nachproduzieren, wieder auffüllen. Das geht auch nicht über Nacht. Wir werden in den verschiedensten Industrien dann sehen, dass Anlagen zurückgefahren werden müssen."
Was BASF-Chef Martin Brudermüller hier schon Ende Februar beschrieb, dürfte spätestens dann jedem klargemacht haben: In vielen Bereichen ist die westliche Welt abhängig geworden von China. Deutlich war das etwa zu Beginn der Pandemie, als wegen des Corona-Lockdowns in der Provinz Hubei der Nachschub an Mund-Nasen-Masken stockte, es nach einigen Wochen Lieferengpässe gab etwa bei einzelnen Antibiotika oder bestimmten Mitteln gegen Bluthochdruck. Doch China liefert inzwischen viel mehr als das: für Seltene Erden, die vor allem in der Hightech-Industrie benötigt werden, ist das Land der größte Produzent weltweit.
China ist auch vom Westen abhängig
"Es gibt schon einige Bereiche, wo wir uns gerade in jüngster Zeit sehr Gedanken gemacht haben, ob diese Abhängigkeit ökonomisch vernünftig ist", sagt Rolf Langhammer, Handelsökonom am IfW, dem Institut für Weltwirtschaft in Kiel.
Deutlich wird diese Abhängigkeit vor allem beim Mobilfunkstandard 5G: da warnte die Deutsche Telekom schon vor einiger Zeit, man werde um fünf bis zehn Jahre zurückgeworfen, wenn man nicht auf die Technologie des chinesischen Huawei-Konzerns zurückgreife. Andererseits; auch China sei bei bestimmten Komponenten abhängig von den westlichen Industrienationen, meint Horst Löchel, China-Experte der Frankfurt School of Finance and Management:
"Wenn Sie Apple nehmen: der Chip in 5G von Huawei, der ist von den Amerikanern, nicht von den Chinesen entwickelt. Und wenn die Amerikaner da zumachen, dann gibt es kein 5G mehr von den Chinesen."
Dieser Beitrag ist Teil der Reihe "Kalter Krieg um Technologie und Daten"
Teil 1: Huawei: Der Stolz der chinesischen IT-Wirtschaft
Teil 2: Mobilfunk ohne chinesische Komponenten: Schaden für die Telekom?
Teil 3: Wo haben sich Firmen aus von China abhängig gemacht?
Teil 4: Digitaler Mauerbau: Zerfällt die Welt in zwei Wirtschaftssphären?
Teil 5: Digitale Seidenstraße: Versucht China, sich wirtschaftlich abzukoppeln?
Teil 1: Huawei: Der Stolz der chinesischen IT-Wirtschaft
Teil 2: Mobilfunk ohne chinesische Komponenten: Schaden für die Telekom?
Teil 3: Wo haben sich Firmen aus von China abhängig gemacht?
Teil 4: Digitaler Mauerbau: Zerfällt die Welt in zwei Wirtschaftssphären?
Teil 5: Digitale Seidenstraße: Versucht China, sich wirtschaftlich abzukoppeln?
Die USA und China liefern sich derzeit ohnehin einen Machtkampf um die Vorherrschaft in der globalisierten Welt. Dabei hat China auch einen Trumpf in der Hand: Nach Japan hält es die meisten kurzfristigen Schatzanweisungen der amerikanischen Notenbank. Sollte es diese verkaufen, würde das die Vorherrschaft des Dollar gefährden. Die europäische Industrie wiederum ist stark direkt in China investiert, vor allem die deutsche Autoindustrie.
Massenproduktion bringt Vorteile
Der Vorteil des bevölkerungsreichsten Landes der Welt: die Massenproduktion. Die habe China etwa auch bei der Batterieherstellung für Elektroautos große Vorteile gebracht, meint Löchel. Auch bei künstlicher Intelligenz schreitet China in großen Schritten voran, doch da brauchten sich die Europäer nicht zu verstecken:
"Internet of Things oder Industrie 4.0, das ist ja nichts anderes als die Einführung künstlicher Intelligenz, eben im Maschinenbau, in der industriellen Produktion. Und da meine ich, sind nach wie vor die deutschen Unternehmen führend und lassen sich auch die Butter von den chinesischen Unternehmen nicht vom Brot nehmen."
Spätestens seit der Coronakrise beginnen die europäischen Unternehmen sich anders auszurichten, um die Abhängigkeit zumindest in einigen Bereichen zurückzufahren. Der französisch-deutsche Pharmaproduzent Sanofi bemühe sich schon seit Jahren, die europäische Pharmaproduktion zu stabilisieren, sagt Matthias Braun, Geschäftsführer Chemie und Biotechnik von Sanofi Deutschland:
"Aber man muss den erklärten Willen haben, das weiterzuführen, hier auch zu investieren und am Ende des Tages auch zu sagen: Die Zeiten von ganz billig sind damit aber eben auch vorbei. Wir halten Umweltstandards ein, die man dann eben in Asien zum Teil nicht einhält. Wir sind einer CO2-Strategie verpflichtet, die ein chinesischer Staat zumindest auf der operativen Ebene vielleicht so noch nicht sieht."
Die Abhängigkeit wird jetzt anders bewertet
Solche Bemühungen sind jedoch wichtig, um die Abhängigkeit nicht überhand nehmen zu lassen, mahnt Rolf Langhammer vom IfW in Kiel: "Vor zehn, 15 Jahren war China ein guter Freund und ein sehr, sehr absorptionsstarker und nachfragestarker Markt. Das ist ja teilweise auch heute noch so. Da hat man über diese Dinge nicht nachgedacht. Heute sind die Spannungen groß, politisch wie auch technologisch. Man spricht von China als dem systemischen Rivalen, das hat man vor wenigen Jahren nicht gedacht. Und dann wird man auch die Abhängigkeit anders bewerten."