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Reihe "Up, up to the Moon" (4): Blue Origin - Jeff Bezos Weltraum-Traum
Amazon im All

Jeff Bezos hat mit Amazon den größten Lieferservice der Welt erschaffen. Nun will er der größte Transporteur von Menschen und Waren auf den Mond werden. Möglich machen soll das Blue Origin, das Raketenprojekt des reichsten Menschen der Welt.

Von Heike Wipperfürth |
Amazon-Gründer Jeff Bezos steht auf ener Bühne und präsentiert hinter ihm eine in hellem lila angestrahlte Mondlandefähre.
Amazon-Gründer Jeff Bezos präsentiert seine Mondlandefähre (Rachel Silvermann)
Die erste Zündung des nagelneuen Raketentriebwerks von Blue Origin im Nasa Raumfahrtzentrum in Huntsville, Alabama, nur 35 Sekunden lang. Aber: "Die Daten stimmen, und die Hardware befindet sich in einem tadellosen Zustand", twitterte Jeff Bezos, reichster Mann der Welt und Gründer des privaten US-Raumfahrtunternehmens mit 2.000 Mitarbeitern. Der 55jährige mit dem Glatzkopf finanziert Blue Origin pro Jahr mit einer Milliarde Dollar aus dem Verkauf seiner Amazon Aktien – und hat allen Grund, stolz zu sein: Erst vor zwei Monaten stellte er vor einem handverlesenen Kreis eingeladener Gäste das Modell einer Mondlandefähre vor.
Landen, Laden, Tanken auf dem Mond
Sie soll von dem neuen Triebwerk auf den Erdtrabanten befördert werden – beladen mit bis zu vier Fahrzeugen, Geräten für wissenschaftliche Untersuchungen - und eines Tages auch Menschen.
"Sie ist sehr groß, wird sanft und präzise landen und bis zu 3,6 Tonnen auf den Mond transportieren", sagte Jeff Bezos. Es ist ihm nicht wichtig, dass zukünftige Astronauten neben der US-Fahne posieren. Er will Ressourcen wie Wasser erforschen, die notwendig sind, um eine bemannte Bodenstation und Tankstellen für Raumschiffe auf dem Mond zu eröffnen.
"Unser neues Triebwerk benützt jetzt schon Flüssigwasserstoff. Bei Apollo war das anders. Aber wir benutzen es, weil es unser Ziel ist, Wasserstoff aus dem Wasser auf dem Mond zu gewinnen. Dann können Raumschiffe auf dem Mond aufgetankt und weiter benutzt werden."
Der Milliardär sieht die Chance, auf dem Mond einen Lieferservice aufzubauen. Denn er glaubt, dass die Zeit der Menschheit auf der Erde durch eine kommende Energiekrise begrenzt ist – und sie nur durch den Aufbau von menschlichen Kolonien im Sonnensystem gerettet werden kann.
"Billionen von Menschen können im Sonnensystem leben", sagt Bezos. "Wir hätten dann tausende von Mozarts und tausende von Einsteins. Das wäre ja eine unglaubliche Zivilisation,"meint Bezos.
Wie aber soll diese Zivilisation im Sonnensystem entstehen, wenn die Startkosten für Raketen immer noch viel zu hoch sind?
Wiederverwendbarer Shuttle für die Zukunft im All
Für Bezos heißt die Antwort: Blue Glenn. Das ist eine Blue-Origin-Rakete, die noch in der Entwicklung ist und teilweise wieder verwendbar sein soll– und die Mondlandefähre wiederholt zu niedrigeren Kosten ins All tragen könnte. Was aber Blue Origin vor ganz neue Aufgaben stellt, warnt Mitchell Walker, Professor für Raumfahrttechnik am Georgia Tech Institute of Technology in Atlanta.
"Die größte Herausforderung ist, so schnell wie möglich herauszufinden, ob es sicher ist, die Rakete wieder zu benutzen. Klar, bei der Landung hat sie funktioniert. Aber hat sie zu 70, 80 oder 100 Prozent funktioniert? Man muss sich die wesentlichen Leistungsparameter anschauen können, um zu erkennen, ob sie wieder starten und die Mission noch einmal durchführen kann. Das ist eine technologische Herausforderung."
Eine kleinere Blue-Origin-Rakete hat bereits mehrere Testflüge erfolgreich absolviert – und soll noch in diesem Jahr Menschen ins All und zurück bringen. Aber auch die Schwierigkeiten bei der Navigation einer Mondlandefähre sind nicht zu unterschätzen. Das zeigte sich im April, als eine israelische Raumsonde bei ihrer geplanten Landung auf dem Boden des Mondes zerschellte. Der Raumfahrtexperte Claudio Bruno von der Universität von Connecticut:
"Die Mondlandefähre ist ein schwieriges Gerät. Mondlandungen sind Übungen im Raketenlenken. Man versteht das Gelände nicht, bis man nah dran ist und es gibt immer noch Unklarheiten, wenn man gelandet ist. Es ist so, als ob ein Flugzeug auf dem Weg von Hamburg nach New York vom Mond aus gesteuert wird."
Wissenschaftler zweifeln
Vom Konzept, menschliche Kolonien im Sonnensystem zu eröffnen, ist Bruno nicht gerade begeistert.
"Man würde riesige Mengen Energie für diese Kolonien benötigen und müsste Atomkrafterzeuger von der Erde ins Weltall transportieren."
Dass Bezos bei eventuellen Rückschlägen klein bei gibt, glaubt der Raumfahrtexperte allerdings nicht.
"Er wird nicht aufhören. Und er wird keine Kompromisse machen, bis er sein Ziel erreicht hat. Er hat mir gesagt, dass er noch dreißig Jahre hat, um seinen Traum zu verwirklichen – und das wird er tun."
Während 8.000 Amazon Mitarbeiter ihren Chef kürzlich in einem Brief vor Energieverschwendung in dem Unternehmen warnten, konzentriert sich Bezos lieber auf neue Geschäfte im Weltall – auch wenn sie nicht direkt zum Mond führen. So soll die Blue-Glenn-Rakete demnächst hunderte von Satelliten ins Weltall bringen. Unter den Kunden befindet sich auch OneWeb, das die ganze Erde mit schnellem Internet aus dem Weltall versorgen will.
Über 3.000 Satelliten von Amazon sollen folgen, um Menschen in Wüsten und anderen abgelegenen Orten mit Internetverbindung zu versorgen, damit sie ihre Bestellungen abgeben können. Ob Amazons Satelliten von Blue Origin ins All befördert werden, ist noch nicht klar. Klar ist, dass Jeff Bezos den Lieferservice auf der Erde dominiert. Und vielleicht auch bald im All.