Wer mehrere Bankkonten unter verschiedenen Identitäten unterhält, macht sich nicht gleich strafbar. Aber verdächtig, etwa der Geldwäsche. In Nigeria gibt es dazu keine Meldepflicht gibt – wer neue Identitäten braucht, kann also leichter kreativ werden. Der nigerianische Bankenverband fürchtete um seinen Ruf und fand die Lösung in Hamburg.
"Das heißt, da kommt'n Kunde in seine Bank, registriert sich zehn Fingern, mit Gesicht und mit Personendaten und dann wird durch die gesamten Bankkunden Nigerias durchgesucht, ob er schon mal registriert wurde unter einem anderen Namen, unter einer anderen Identität."
Erklärt Günther Moll, Geschäftsführer von Dermalog. Sein Unternehmen hat weit mehr als eine Million Konten gefunden, die nicht eindeutig zuzuordnen waren – Nigerias Banken führen insgesamt rund 25 Millionen Konten. Der Auftrag hat sich gelohnt für Dermalog – auch deshalb ist sein Rat an andere eindeutig: Geht nach Afrika!
"Weil hier sind die ungesättigsten Märkte. Hier kannst du zwar mal eine Überraschung erleben hier und da, und man muss sich auch ein bisschen umgewöhnen. Aber die Chancen sind hier ungleich höher als in anderen Teilen der Welt. Wir machen inzwischen 30 bis 40 Prozent Umsatz in Afrika, und das entwickelt sich immer besser."
Gegen diese Erfolgsgeschichte steht diese Zahl: In Nigeria unterhalten nur rund 100 deutsche Unternehmen eine Niederlassung, noch immer gibt es keine Handelskammer, die Selbstorganisation kann noch zulegen. Kein Wunder, dass auch der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft vom rohstoff- und bevölkerungsreichen Westafrika werben will, obwohl die Länder der Region in Korruptionsindizes sämtlich nicht gut dastehen:
"Meine Erfahrung ist, dass, je höher Sie in politischen Systemen Gespräche führen, desto weniger Korruption ein Thema ist", sagt Stefan Liebing, Afrika-Vereins-Vorsitzender.
"Und das ist auch das, was der Transparency International Index leider nicht berücksichtigt. Denn dort wird die Wahrnehmung von Korruption in der Bevölkerung abgefragt. Das heißt, wenn Nigeria dort eine schlechte Bewertung hat, heißt das, dass die Menschen hier auf der Straße zu einem großen Prozentsatz sagen, sie glauben, dass ihre Regierung korrupt ist."
Gauck: "Menschen in ganz Afrika brauchen einen Perspektive"
Problematischer sei die Konkurrenz aus Asien, subventionierter chinesischer Staatsunternehmen. Liebing meint deshalb, bei Geschäften in Afrika sollten sich Unternehmer und öffentliche Hand das Risiko teilen.
"Es geht darum, dass der deutsche Mittelständler hier in Konkurrenz steht zu einem chinesischen Staatskonzern. Und er wird nur eine Chance haben, wenn er einen Teil der Unwägbarkeiten mit der Bundesregierung teilen kann. Und zwar nur dort, wo es um Projekte geht, die hilfreich sind, die Entwicklung hier voranzutreiben."
Gelingender Handel, bessere Arbeit, überhaupt Arbeit zu haben - sie waren auch Thema der Rede Joachim Gaucks heute Mittag vor der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS:
"Die Menschen in ganz Afrika brauchen eine Perspektive, auch die kommenden Generationen. Nur so können wir verhindern, dass immer mehr Hoffnungslose sich den Terroristen anschließen. Und nur so kann es uns gelingen, das große Potenzial, das in Ihren jungen Gesellschaften steckt, Afrika selbst zugutekommen zu lassen."
Bislang sind die Flüchtlingszahlen aus Nigeria niedrig. Aber: Das Land ist das bevölkerungsreichste des Kontinents – und Perspektivlosigkeit in den ausufernden Slums von Lagos mit Händen zu greifen.