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Reisende Pflanzen (1/2)
Über die Kolonialgeschichte unserer Gärten und Balkone

Von Geranien überquellende Balkone, Gärten voller Dahlien, Astern und Sonnenblumen. Für viele Menschen ist das der Inbegriff heimischer Hortikultur. Dabei stammen unsere populärsten Zierpflanzen aus weit entfernten Gegenden der Welt. Die Kolonialgeschichte ist eine des Pflanzentransfers.

Von Sabine Rohlf |
Bunte Dahlien in einem hellgrünen Pflanzkübel
Dahlien sind aus unseren Gärten, Parks und Pflanzenkübeln nicht wegzudenken, doch sie stammen ursprünglich aus Mexiko (PantherMedia / Ingrid Perlstrom)
Die meisten der gängigen und geliebten Garten- und Balkonpflanzen haben Forschungsreisende, Kolonialbeamte, Botaniker und regelrechte Pflanzenjäger nach Europa gebracht. Hier versah man sie mit lateinischen Namen, integrierte sie in die Linnésche Taxonomie, studierte, züchtete, vermarktete sie und schickte sie oft auf weitere Reisen. Reisende Pflanzen erzählen Geschichten von Migration und gewaltsamer Aneignung, von unterschiedlichen Perspektiven und Wissenssystemen, von enormen Gewinnen und Verlusten, von Schönheit, Neugier, Abenteuerlust und vom Diebstahl genetischer Ressourcen. Sabine Rohlf folgt ihren historischen und gegenwärtigen Routen und fragt, was es ändert – oder ändern könnte, wenn wir die kolonialen Hintergründe „unserer“ Lieblingsblumen besser kennenlernen.
Produktion: BR 2021
(Teil 2 am 06.06.2022)
Sabine Rohlf arbeitet als freie Autorin in Berlin, schreibt unter anderem für die Berliner Zeitung, Zeit online, Missy Magazine, BR2. Ihre aktuellen Arbeitsschwerpunkte sind feministische/queere Theorie und andere Genderfragen, Gegenwartsliteratur und Pflanzen, wobei sie letztere auch als politisches und kulturelles Thema begreift. Sie gärtnert selbst in einem Berliner Schrebergarten.