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Reisewarnung für Spanien
"Das ist ein herber Rückschlag für die Tourismusbranche"

Tourismusexpertin Sabine Zimmermann rechnet angesichts steigender Corona-Fallzahlen in Spanien und der daraus resultierenden Reisewarnung mit massiven Folgen für die Tourismusbranche. Einen zweiten Lockdown werde diese wohl nicht überstehen, sagte die Linken-Politikerin im Dlf.

Sabine Zimmermann im Gespräch mit Rainer Brandes |
Sabine Zimmermann, Die Linke, während einer Sitzung des deutschen Bundestags
Sabine Zimmermann sitzt für Die Linke im Tourismusausschuss des Deutschen Bundestags (imago/Christian Spicker)
Der Anstieg der Corona-Infektionszahlen sei zunächst vor allem ein herber Rückschlag für alle, sagte die Linken-Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann. Die Tourismusbranche treffe es jedoch besonders hart, weil sie sich noch nicht von dem ersten Lockdown erholt habe. Dies gelte nicht nur für Deutschland, sondern auch für die Unternehmen sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Spanien – aber auch in anderen europäischen Ländern.
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Daher sei jetzt eine europäische Lösung zur Rettung der Branche notwendig. Bundeskanzlerin Angela Merkel müsse dies auf die Agenda der deutschen EU-Ratspräsidentschaft setzen, forderte Tourismusexpertin Zimmermann.
"Das Virus macht keinen Urlaub"
Rainer Brandes: Man nennt Mallorca ja gern auch das siebzehnte deutsche Bundesland, eben weil so viele Deutsche dort Urlaub machen. Wie hart trifft das die deutsche Tourismusbranche?
Sabine Zimmermann: Also man muss ja erst mal sagen, dass das ein herber Rückschlag ist für uns alle, dass dort die Infektionszahlen wieder ansteigen. Das zeigt aber auch ganz deutlich, dass man doch im Urlaub leichtsinniger mit dem Virus umgeht. Man hat das etwas vergessen, und das Virus wird sozusagen jetzt auch durch die Fälle im Ausland in Deutschland reingetragen. Man kann natürlich sagen, das Virus macht keinen Urlaub. Es ist einfach immer wieder präsent. Solange wir keinen Impfstoff haben, ist es natürlich notwendig, dass wir vorsichtig sind.
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Zur Bewertung würde ich sagen: Wenn man die gesundheitlichen Maßstäbe ansetzt, steht die Gesundheit und die Sicherheit der Menschen natürlich an erster Stelle. Wenn man wirtschaftliche Maßstäbe ansetzt, ist das ein herber Rückschlag für die Tourismusbranche, denn die Tourismusbranche hat sich ja noch nicht mal erholt von dem ersten Lockdown, und deswegen ist es natürlich auch schwierig für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Spanien, die in den Gaststätten, in den Hotels und in den Bars arbeiten. Es ist richtig, die Deutschen machen dort einen großen Teil der Branche aus, Sie sprachen von dem Lieblingsziel, und hier müssen wir natürlich schauen, wie wir jetzt damit umgehen.
Tourismusbranche wird zweite Schließung nicht überstehen
Brandes: Können sich die Tourismusunternehmen überhaupt so einen zweiten Schlag nach der ersten Corona-Welle und der quasi weltweiten, also dem Einstellen der weltweiten Reisetätigkeit leisten, oder drohen jetzt tatsächlich massenweise Pleiten?
Zimmermann: Na ja, die Pleiten, die haben wir ja noch vor uns beziehungsweise wir sind ja mitten drin sozusagen vom ersten Shutdown. Die Tourismusbranche ist natürlich am stärksten betroffen. Die wirtschaftlichen Zweige wie die gewerbliche Industrie und so weiter erholt sich langsam, aber in der Tourismusbranche haben wir diese starke Erholung noch nicht erlebt. Deswegen ist es natürlich für die Tourismusbranche ein herber Schlag, dass sie sozusagen den ersten noch nicht überwunden haben und sozusagen immer noch am Boden liegt. Ich gehe nicht davon aus, dass die Tourismusbranche hier eine zweite Schließung sozusagen übersteht.
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Brandes: Und dazu kommt ja, dass so eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes auch bedeutet, dass alle, die eine Reise gebucht hatten, jetzt kostenlos stornieren können. Brauchen die Unternehmen dafür jetzt neue Staatshilfen?
Zimmermann: Das ist die Frage, die natürlich besprochen werden muss. Es kann nicht sein, dass die Großen in der Reisebranche, wie Lufthansa und TUI, dass denen geholfen wird, denn TUI hat ja jetzt auch wieder den Antrag für weitere Hilfen gestellt. Hier muss man natürlich auch noch mal speziell über Lufthansa reden, dass dort natürlich nicht mit den öffentlichen Geldern dann Personalabbau bezahlt und finanziert wird. Es geht um das kleine Reisebüro um die Ecke, die nicht wissen, wie sie über die Corona-Zeit kommen sollen. Hier muss es Unterstützung weiterhin geben, aber ich bin auch überzeugt davon, dass gerade Frau Merkel, die Bundeskanzlerin, das jetzt auch in die EU-Ratspräsidentschaft mit einfließen lassen muss, auf die Agenda heben muss. Weil es ist ja nicht nur Deutschland, Spanien, Frankreich betroffen, es sind ja viele Länder in Europa betroffen, und hier muss eine europäische Lösung her.
Eigenverantwortung notwendig
Brandes: Der Reiseanbieter TUI hat zum Beispiel jetzt auch schon angeboten, Urlauber könnten ja umbuchen auf die kanarischen Inseln, denn die sind ja noch kein Risikogebiet. Ist das aus Ihrer Sicht verantwortlich, wenn Menschen, die jetzt eigentlich in anderen Teilen Spaniens waren, umbuchen auf die Kanaren und dann vielleicht dorthin das Virus einschleppen?
Zimmermann: Also ich finde, das ist auch eine gewisse persönliche Verantwortung mit dabei. Wenn jemand im Ausland Urlaub macht, muss er natürlich einen Plan B haben. Das ist das Erste. Wie komme ich zurück? Wie gehe ich mit den Zahlen um? Was erwartet mich zu Hause dann, wie mit den Tests und mit Quarantäne, was ist notwendig? Wie kann ich mich selbst schützen? Aber die TUI versucht natürlich jetzt, den Menschen dort zu helfen, die da unten sozusagen in den Risikogebieten sitzen. Da muss jeder selber entscheiden, ob er dieses Angebot dann annimmt.
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Brandes: Apropos Eigenverantwortung: Sie hatten am Anfang des Gesprächs ja auch schon darauf hingewiesen, dass diese steigenden Fallzahlen auch darauf zurückzuführen sind, dass es Partys gegeben hat, als gäbe es keine Pandemie mit hunderten Menschen, die zusammen eng getanzt haben ohne Maske, aber mit viel Alkohol. Sollten da die Behörden in Spanien, aber auch in Deutschland strafrechtlich gegen Menschen vorgehen, die so etwas zulassen?
Zimmermann: Das ist natürlich eine schwierige Frage. Zum einen, wie gesagt, ist die Eigenverantwortung da, und zum anderen, wenn ich mir jetzt Deutschland anschaue, ist es natürlich immer wieder die Frage: Wer kontrolliert das? Wer ist dann vor Ort und kann dann auch sozusagen diejenigen festnageln, die dieses initiiert haben? Ich finde, es ist unverantwortlich, wenn dort Partys gefeiert werden und das Virus so sozusagen einen freien Lauf hat. Wir müssen in diesem Jahr, solange es noch keinen Impfstoff gibt, vorsichtig sein, aufpassen. Das ist einfach auch im Interesse von einem selbst, der Familien und auch der Mitmenschen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.